Wie funktioniert die Welt?
regelmäßigen räumlichen Abständen aufgenommen werden und zusammen ein Bild ergeben. Es gilt auch für digitale Audioaufnahmen. Kurz gesagt, erweitert sich damit die Erklärung für ununterbrochene Bewegungen in unterbrochenen Bildern auf die Erklärung der gesamten modernen Medienwelt und sagt uns, warum diese überhaupt möglich ist. Aber das würde eine längere Erklärung erfordern.
Albert-Lázló Barabási
Hätten Sie gern Blauschimmelkäse dazu?
Fachmann für komplexe Netzwerke; Distinguished Professor und Direktor des Center for Complex Network Research der Northeastern University; Autor von Busts: The Hidden Patterns Behind Everything We Do
Ungefähr 100 Jahre würde es dauern, die 100 000 Rezepte auszuprobieren, die auf Epicurious gespeichert sind, dem größten Rezept-Internetportal der Vereinigten Staaten. An dieser Zahl fasziniert mich nicht, wie groß sie ist, sondern wie winzig klein. Eigentlich hat ein typisches Gericht in der Regel ungefähr acht Zutaten. Die rund 300 Zutaten, die heute regelmäßig zum Kochen verwendet werden, machen also rund eine Trillion verschiedene Gerichte möglich. Nimmt man dazu noch Tiefkühlung, Braten, Pürieren, Zentrifugieren oder sonstige Zubereitungsarten hinzu, so erkennt man, warum das Kochen eine Wachstumsbranche ist. Sie nutzt derzeit nur einen winzigen Bruchteil ihrer Ressourcen – weniger als ein Billionstel der Gerichte, die durch die kulinarische Kombinatorik möglich werden.
Sie mögen nicht gern Grünes Ei mit Speck? Oder warum lassen Sie diese riesige
terra incognita
unerforscht? Fehlt uns einfach die Zeit, uns durch die grenzenlosen Schätze zu schmecken, oder liegt es daran, dass die meisten Kombinationen widerwärtig sind? Gibt es vielleicht bestimmte Regeln, die erklären, warum wir manche Zutatenkombinationen mögen und andere nicht? Die Antwort lautet offensichtlich ja, und damit bin ich bei meiner derzeit schmackhaftesten Erklärung.
Wenn wir nach Belegen suchen, um damit irgendwelche »Gesetze« zu unterstützen (oder zu widerlegen), die möglicherweise über unser kulinarisches Erleben bestimmen, müssen wir daran denken, dass die Geschmacksempfindung von vielen Faktoren beeinflusst wird, von der Farbe bis zur Konsistenz und von der Temperatur bis zu Geräuschen. Über die Genießbarkeit jedoch bestimmt vorwiegend das Aroma, das heißt eine Gruppe von Sinnesempfindungen, zu denen Gerüche, Geschmack, Frische und Gestank gehören. Das alles ist aber vorwiegend Chemie. Gerüche sind Moleküle, die an Geruchsrezeptoren andocken, Geschmack besteht aus Chemikalien, die unsere Geschmacksknospen anregen, Frische oder Fäulnis werden durch chemische Reizstoffe in Mund und Rachen angezeigt. Wenn wir also verstehen wollen, warum wir manche Zutatenkombinationen mögen und andere nicht, müssen wir uns das chemische Profil unserer Rezepte ansehen.
Aber wie kann Chemie uns sagen, welche Zutaten gut zusammenpassen? Nun, dazu können wir zwei gegensätzliche Hypothesen formulieren. Erstens passen manche Zutaten vielleicht nach unserer Einschätzung gut zusammen, weil ihre Inhaltsstoffe (das heißt ihre Aromen) sich gegenseitig ergänzen – was dem einen fehlt, liefert das andere. Die Alternative ist das genaue Gegenteil: Geschmack ähnelt Farben, die in der Mode zusammenpassen – wir kombinieren am liebsten Zutaten, die bereits manche Geschmacksträger gemeinsam haben, und bringen sie untereinander in eine chemische Harmonie. Bevor Sie nun weiterlesen, möchte ich Sie auffordern, eine Sekunde innezuhalten und zu überlegen, welche der beiden Hypothesen Sie plausibler finden.
Mir erscheint die erste sinnvoller: Ich streue Salz nicht deshalb auf mein Omelett, weil in dem chemischen Bouquet der Eier auch die einzige Verbindung im Kochsalz, das Natriumchlorid, enthalten wäre, sondern gerade weil es fehlt. Vor allem in jüngster Zeit setzen aber Küchenchefs und Molekulargastronomen auf die zweite Hypothese, und sie haben ihr sogar einen Namen gegeben:
Foodpairing
. Die Folgen haben wir bereits auf dem Tisch. Manche modernen Restaurants servieren weiße Schokolade mit Kaviar, weil beide Trimethylamin und andere Geschmacksstoffe gemeinsam haben, oder Schokolade und Blauschimmelkäse, weil diesen mindestens 73 Geschmacksträger gemeinsam sind. Die Belege für das
Foodpairing
sind aber bestenfalls Einzelfallberichte, und die lassen einen Wissenschaftler wie mich fragen: Ist das Ganze mehr als ein Mythos?
Wem also soll ich vertrauen: meiner
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