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Wie funktioniert die Welt?

Wie funktioniert die Welt?

Titel: Wie funktioniert die Welt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brockman , Herausgegeben von John Brockman
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Mitgefühl und von genauer Aufmerksamkeit bis zu autistischen Zügen.
    Das fötale Testosteron zu untersuchen ist schwierig – die heikle Homöostase im Uterus zu stören ist das Letzte, was ein Wissenschaftler riskieren will. In den letzten Jahren wurde ein Ersatz für das fötale Testosteron vorgeschlagen: das Längenverhältnis zwischen Zeige- und Ringfinger, auch 2 D: 4 D-Verhältnis genannt. Es ist in der Bevölkerung bei Männern kleiner als bei Frauen; und es wird nach heutiger Kenntnis im Mutterleib angelegt und bleibt während des gesamten Lebens stabil. Wissenschaftler brauchen sich also keine phantasievollen Methoden mehr auszudenken, um den Testosteronspiegel direkt im Mutterleib zu messen. Sie nehmen einfach die Fotokopie einer mit der Handfläche nach unten aufgenommenen Hand und können zu jedem Lebenszeitpunkt indirekt den Testosteronspiegel im Mutterleib ermitteln.
    Ich stand der 2 D: 4 D-Messung lange Zeit sehr skeptisch gegenüber, einfach weil es mir wenig sinnvoll erschien, dass die Längenverhältnisse von Zeige- und Ringfinger irgendetwas mit dem Hormonspiegel in der Zeit vor der Geburt zu tun haben sollen. Kürzlich jedoch konnten Zheng und Cohn in den
Proceedings of the National Academy of Sciences
berichten, dass die Dichte der Testosteron- und Östrogenrezeptoren sogar bei Mäusen im zweiten und vierten Finger unterschiedlich ist; damit haben wir eine schöne Erklärung dafür, warum das Längenverhältnis der Finger von diesen Hormonen unmittelbar beeinflusst wird. [38] Das gleiche Hormon, das unser Gehirn männlich macht, ist auch in den Fingerspitzen am Werk.

Alvy Ray Smith
Warum laufen die laufenden Bilder?
    Mitbegründer, Pixar; Pionier der digitalen Bildgestaltung
    Filme sind nichts Ununterbrochenes. Zwischen den Einzelbildern ist Leere. Die Kamera nimmt von jeder Sekunde des Zeitstromes nur 24  Schnappschüsse auf und wirft alles weg, was dazwischen geschieht – und doch nehmen wir es wahr. Wir sehen stehende Bilder, nehmen aber Bewegung wahr. Wie ist das zu erklären? Die gleiche Frage können wir bei digitalen Filmen, Videos und Videospielen stellen, eigentlich also bei allen modernen digitalen Medien; die Antwort ist also ziemlich wichtig und eine meiner Lieblingserklärungen.
    Die gute alte »Nachbildwirkung« kann die Erklärung nicht sein. Es gibt sie zwar, aber sie erklärt nur, warum wir die Leere zwischen den Einzelbildern nicht sehen. Wenn ein Schauspieler oder eine animierte Figur sich zwischen den Einzelbildern bewegt, sollten wir sie – wegen der Nachbildwirkung – in beiden Positionen wahrnehmen: zwei Humphrey Bogarts, zwei Buzz Lightyears. Unsere Netzhaut sieht tatsächlich beide, wobei der eine verblasst und der andere hinzukommt – jedes einzelne Bild wird lange genug projiziert, dass dies gesichert ist. Vom Umgang unseres Gehirns mit der Information von der Netzhaut hängt es ab, ob wir zwei Bogarts in verschiedenen Positionen wahrnehmen oder einen Bogart, der sich bewegt.
    Von sich aus nimmt das Gehirn die Bewegung einer Kante wahr, allerdings nur dann, wenn die Kante sich zwischen dem ersten und dem zweiten Einzelbild nicht zu weit und zu schnell bewegt. Wie die Nachbildwirkung, so ist auch dies ein echter Effekt, der als
scheinbare Bewegung
bezeichnet wird. Er ist interessant, aber er ist nicht die Erklärung, die mir so gut gefällt. Auf dem Phänomen der scheinbaren Bewegung beruht der klassische Zeichentrickfilm – die Variante, bei der unmittelbar auf den Film gezeichnet wurde. Die alten Trickfilmer wussten intuitiv, wie man die aufeinanderfolgenden Einzelbilder einer Bewegung innerhalb der Grenzen des »nicht zu weit, nicht zu schnell« hielt. Wenn sie über diese Grenzen hinausgehen mussten, halfen sie uns mit Tricks, die Bewegung wahrzunehmen – beispielsweise mit tatsächlichen Bremsspuren oder einer Staubwolke, die den schnellen Abgang von Wile E. Coyote kennzeichnet, wenn er unerwartet von einer Hochebene fällt, weil er gerade hinter dem wirklich hinterlistigen Road Runner her ist.
    Geht man ohne solche Tricks über die Grenzen der scheinbaren Bewegung hinaus, erhält man hässliche Ergebnisse. Manch einer hat vielleicht schon gesehen, wie eine Stop-Motion-Animation der alten Schule – beispielsweise mit den Schwertkämpfer-Skeletten in dem Klassiker
Jason und die Argonauten
von Ray Harryhausen – durch eine unangenehme, zuckende Bewegung der Figuren beeinträchtigt wird. Man sieht doppelt – mehrere Kanten eines Skeletts zur

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