Wie funktioniert die Welt?
Intuition oder den Molekulargastronomen? Und wie soll man testen, ob zwei Zutaten wirklich zusammenpassen? Unser erster Instinkt bestand darin, alle Zutaten paarweise unter kontrollierten Bedingungen zu verkosten. Aber 300 Zutaten ergeben ungefähr 44 850 Paare; wir sind also gezwungen, nach klügeren Methoden zur Beantwortung der Frage zu suchen. Nachdem wir die letzten zehn Jahre mit der Erforschung der Gesetze verbracht habe, die über Netzwerke bestimmen – von sozialen Netzwerken bis zum komplizierten Netzwerk der Gene, die über unsere Zellen bestimmen –, entschlossen sich meine Kollegen und ich, uns auf die Netzwerkwissenschaft zu verlassen. Wir stellten die Geschmackskomponenten von über 300 Zutaten zusammen und organisierten sie zu einem Netzwerk, in dem zwei Zutaten verbunden waren, wenn sie gemeinsame Geschmacksträger enthielten. Dann nutzten wir die kollektive Intelligenz, die sich in den vorhandenen Rezepten verkörpert, und prüften, was zu wem passt. Wenn zwei Zutaten nahezu nie kombiniert werden wie beispielsweise Knoblauch und Vanille, muss es dafür einen Grund geben; wer eine solche Kombination ausprobiert hat, fand sie wahrscheinlich entweder wenig anregend oder regelrecht abstoßend. Werden zwei Zutaten dagegen häufiger kombiniert, als wir auf Grund ihrer jeweiligen Beliebtheit erwartet hätten, betrachteten wir dies als Zeichen, dass sie gut zusammen schmecken. In diese Kategorie gehören Tomaten und Knoblauch, die in zwölf Prozent aller Rezepte kombiniert wurden. [39]
Die Wahrheit hört sich am Ende sehr nach Dr. Seuss an: Manche Kombinationen mögen wir hier, aber dort nicht. Das heißt, in der nordamerikanischen und westeuropäischen Küche besteht eine starke Neigung zur Kombination von Zutaten, die gemeinsame Inhaltsstoffe enthalten. Wer
hier
ist, serviert Parmesan mit Papaya und Erdbeeren mit Bier. Das sollte man aber
dort
nicht probieren: Die ostasiatische Küche lebt davon, dass sie Zutaten mit gemeinsamen Geschmacksträgern vermeidet. Wer also in Asien bestehen will, für den ist Yin/Yang das Leitprinzip: Suche Harmonie durch Verbindung von Gegensätzen. Mögen Sie Sojasoße mit Honig? Probieren Sie es, vielleicht schmeckt es Ihnen.
Stuart Pimm
Die Gesetze von Mutter Natur
Doris Duke Professor für Naturschutzökologie, Nicholas School of the Environment, Duke University; Autor von A Scientist Audits the Earth
In einem Brief aus Sarawak hielt Alfred Russel Wallace das wichtigste Gesetz des Lebendigen in knappen Worten fest:
Der Beginn des Daseins jeder Spezies fällt räumlich wie zeitlich mit einer zuvor vorhandenen, eng verwandten Spezies zusammen.
Mit umsichtiger Redaktion hätte Wallace seinen 1855 erschienenen Artikel über die »Gesetze der Evolution« auch an die heutigen Umfangsbeschränkungen von
PNAS
oder
Nature
anpassen können. Wir finden keine im Devon, Jura und Eozän verteilten Trilobiten ohne etwas dazwischen. Der Artikel fordert eine Erklärung für die allgemeinen Gesetzmäßigkeiten von Paläontologie und Biogeographie, aber die Wissenschaftlergemeinde lag im Tiefschlaf und nahm es kaum wahr. Wenige Jahre später war Wallace angesichts dieser fehlenden Aufmerksamkeit gezwungen, seine tiefgreifende, elegante, schöne Erklärung an Darwin zu schicken und ihn um moralische Unterstützung zu bitten. Darwin war natürlich zu der gleichen Erklärung gelangt.
Welche anderen Gesetze hat Mutter Natur uns noch für die biologische Vielfalt gegeben?
Die durchschnittlichen geographischen Verbreitungsgebiete einer Artengruppe sind viel größer als der Medianwert der Verbreitungsgebiete.
In der Neuen Welt liegt der Durchschnitt für die geographischen Verbreitungsgebiete von 1684 Säugetierarten bei 1 , 8 Millionen Quadratkilometern, aber die Hälfte dieser Arten hat Verbreitungsgebiete, die kleiner als 250 000 Quadratkilometer sind – ein Verhältnis von 7 zu 1 . Für die drei wichtigsten Vogelgruppen der Region beträgt das Verhältnis 5 zu 1 und 8 zu 1 , für Amphibien 40 zu 1 . Es gibt viele Arten mit kleinem und wenige mit großem Verbreitungsgebiet.
In den Tropen gibt es mehr Arten als in gemäßigten Klimazonen.
Dieses Gesetz bemerkten schon die ersten Entdecker, die in die Tropen kamen. Rembrandt zeichnete Anfang des 17 . Jahrhunderts Paradiesvögel und die Gehäuse von Meeresschnecken. Wallace reiste zuerst ins Amazonasgebiet, weil er sich mit dem Sammeln neuer Arten seinen Lebensunterhalt verdiente.
Arten mit kleinem
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