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Wie funktioniert die Welt?

Wie funktioniert die Welt?

Titel: Wie funktioniert die Welt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brockman , Herausgegeben von John Brockman
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hindurchdringen müsste, was unmöglich ist, da wir angenommen haben, dass beide Körper undurchdringlich sind. Offensichtlich muss die Wechselwirkung also unmittelbar vor dem Zusammenprall der beiden Körper stattfinden, und bei dieser Wechselwirkung kann es sich nur um eine Abstoßung handeln, denn sie findet ihren Ausdruck in der Verlangsamung des eigenen Körpers und der Beschleunigung des anderen.
    Darüber hinaus gilt diese Argumentation für beliebige Geschwindigkeiten; man kann also bei den Teilchen (nämlich Atomen), die bis dahin als undurchdringlich galten, nicht mehr von festgelegten Abmessungen sprechen. Vielmehr sollte man ein Atom als punktförmige Kraftquelle betrachten, deren Kraft von ihm ausgeht, weil es auf eine komplizierte, von der Entfernung abhängige Weise tätig wird.
    Wenn Körper weit voneinander entfernt sind, wirken sie nach Boscovichs Vorstellung aufeinander durch eine Kraft, die der Gravitationskraft entspricht und umgekehrt proportional zum Quadrat der Entfernung ist. Mit abnehmender Entfernung jedoch muss man dieses Gesetz abwandeln, weil die Kraft entsprechend den zuvor erläuterten Überlegungen ihr Vorzeichen ändert und zu einer Abstoßung wird. Boscovich zeichnete sogar phantasievoll nach, wie die Kraft sich mit der Entfernung ändern und mehrmals das Vorzeichen wechseln sollte, was auf Potentialminima und stabile Bindungen zwischen den Teilchen oder Atomen hinweisen würde.
    Mit dieser Idee zeichnete Boscovich nicht nur ein neues Bild für Wechselwirkungen an Stelle der aristotelisch-kartesianischen Theorie, die sich auf unmittelbaren Kontakt gründete, sondern er nahm auch unsere heutigen Kenntnisse über die Struktur der Materie und insbesondere der Festkörper vorweg.

Gregory S. Paul
Vögel sind die direkten Nachfahren der Dinosaurier
    Selbstständiger Forscher; Autor von The Princeton Field Guide to Dinosaurs
    Das schönste Beispiel für eine elegante wissenschaftliche Idee aus meinem Fachgebiet ist der Gedanke, dass die Dinosaurier »tachyenergetisch« waren: Sie waren gleichwarme Tiere mit der hohen inneren Energieproduktion und der Fähigkeit zu starker aerober Anstrengung, die für Vögel und Säugetiere typisch sind und lange Phasen starker körperlicher Aktivität ermöglichen. Die Vorstellung von den Hochenergie-Dinosauriern ist zwar von der Hypothese, dass Vögel unmittelbar von den Dinosauriern abstammen – dass sie also fliegende Dinosaurier sind, wie es sich bei Fledermäusen um fliegende Säugetiere handelt – nicht abhängig, beide vermischen sich aber.
    Wie plausibel der Gedanke von den gleichwarmen Dinosauriern ist, kann man nicht oft genug betonen; im Vergleich zu dem, was man von Mitte des 19 . Jahrhunderts bis in die 1960 er Jahre glaubte, bedeutete er eine Umwälzung für große Teile unserer Erkenntnisse über die Evolution und 230  Millionen Jahre der Erdgeschichte. Zuvor hatte man allgemein angenommen, die Dinosaurier seien eine Evolutionssackgasse – eine Ansammlung wechselwarmer Reptilien, die nur zu kurzen Phasen starker körperlicher Aktivität in der Lage waren; schon das Gehen mit acht Stundenkilometern erfordert eine Atemkapazität, die über die Fähigkeiten von Reptilien hinausgeht; wenn sie große Strecken zurücklegen sollen, müssen sie mit einem bis zwei Stundenkilometern dahintrotten. Die Vögel galten als eigenständige, gefiederte Gruppe, bei der sich zum Antrieb des Fluges eine hohe Energieeffizienz entwickelt hat. Diese Hypothese war zwar nicht von sich aus unlogisch, sie unterschied sich aber von der Evolution der Fledermäuse, deren hohe aerobe Kapazität bereits bei ihren pelzigen Vorfahren vorhanden war.
    Von den »warmblütigen« Dinosauriern erfuhr ich erstmals in meinem letzten Highschool-Jahr aus einem Ankündigungstext im
Smithsonian Magazine
, der im Sommer 1972 auf einen Artikel von Robert Bakker in der Fachzeitschrift
Nature
verwies. Als ich ihn gelesen hatte, machte es »Klick«. Ich hatte mir die Dinosaurier immer in Übereinstimmung mit der allgemeinen Ansicht als Reptilien vorgestellt, aber das Bild passte nicht: Dinosaurier sind ganz offensichtlich nicht wie Krokodile und Eidechsen gebaut, sondern wie Vögel und Säugetiere. Ungefähr zur gleichen Zeit präsentierte John Ostrom, der ebenfalls an der Entdeckung der Endothermie von Dinosauriern mitgewirkt hatte, seine Belege, dass Vögel die fliegende Form der Theropoden sind – ein Konzept, das so naheliegend war, dass es eigentlich schon im 19

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