Wie funktioniert die Welt?
die Beschriftung wieder da ist.
Nicht besonders seltsam, werden Sie sagen. Das liegt aber nur daran, dass Sie die wahre Rotationssymmetrie des Raumes noch nicht nachgewiesen haben. Zu diesem Zweck sind phantasievollere Bewegungen notwendig. Halten Sie den Ball mit einer hohlen Hand, wobei die Handfläche nach oben weist. Jetzt wollen Sie die Kugel mit der Hand, die sie festhält, drehen. Das ist ein wenig schwieriger, aber wenn Michael Jordan es kann, können Sie es auch.
Im Einzelnen geht das folgendermaßen:
Sie halten die Handfläche nach oben und drehen den Ball in Richtung Ihres Körpers. Bei 90 Grad, einem Viertel einer vollständigen Drehung, steckt der Ball bequem unter Ihrem Arm.
Nun setzen Sie die Drehung in der gleichen Richtung mit nach oben weisender Handfläche fort. Bei 180 Grad, einer halben Drehung, befindet sich Ihr Arm hinter dem Körper und hält den Ball immer noch mit der Handfläche fest.
Wenn Sie die Drehung nun bis zu 270 Grad oder einer dreiviertel Umdrehung fortsetzen, wobei sie die Handfläche immer noch nach oben weist, steht Ihr Arm seltsam seitlich ab, und der Ball balanciert unsicher obenauf.
Wenn es so weit ist, haben Sie vielleicht den Eindruck, dass es unmöglich ist, die Umdrehung mit den letzten 90 Grad zu vollenden. Wenn Sie es aber versuchen, werden Sie feststellen, dass Sie den Ball mit nach oben weisender Handfläche weiter drehen können, wenn Sie den Oberarm heben und den Ellenbogen so abwinkeln, dass der Unterarm gerade nach vorn weist. Dabei hat sich der Ball jetzt um 360 Grad gedreht – eine vollständige Umdrehung. Wenn Sie alles richtig gemacht haben, müsste Ihr Arm sich jetzt aber in einer schmerzhaften, seltsamen Position verdreht haben.
Um die Schmerzen zu lindern, drehen Sie den Ball nochmals um 90 Grad – eineinviertel Umdrehungen; die Handfläche weist immer noch nach oben. Jetzt sollte der Ball über Ihrem Kopf schweben, und die schmerzhafte Anspannung in der Schulter sollte ein wenig nachgelassen haben.
Zuletzt machen Sie es wie ein Kellner, der ein Tablett mit dem Hauptgericht präsentiert: Setzen Sie die Bewegung mit den letzten drei Vierteln einer Umdrehung fort, bis der Ball und Ihr Arm (welche Erleichterung!) sich wieder in ihrer ursprünglichen Position befinden.
Wenn es Ihnen gelungen ist, diese Schritte richtig und ohne körperliche Schäden zu vollziehen, werden Sie feststellen, dass der Ball im Raum einen Weg in Form einer verdrehten 8 oder eines Unendlichkeitszeichens (∞) beschrieben hat, wobei er sich nicht einmal, sondern zweimal um sich selbst gedreht hat. Die wahre Symmetrie des Raumes ist also nicht die Drehung um 360 Grad, sondern die um 720 Grad.
Es mag so scheinen, als sei die ganze Übung nicht mehr als eine phantasievolle, schmerzhafte Bewegung mit einem Basketball, aber aus der Tatsache, dass die wahre Symmetrie des Raumes nicht die einfache, sondern die doppelte Rotation darstellt, ergeben sich weitreichende Folgen für das Wesen der physikalischen Welt auf der Ebene des Allerkleinsten. Sie besagt, dass »Kugeln«, beispielsweise Elektronen, die durch flexible, verformbare »Fäden«, beispielsweise Magnetfeldlinien, mit weit entfernten Punkten verbunden sind, sich zweimal um sich selbst drehen müssen, um wieder ihre ursprüngliche Konfiguration anzunehmen. Forscht man noch weiter, so lässt die doppelte Rotation der Kugelsymmetrie darauf schließen, dass man zwei Elektronen, die beide in der gleichen Richtung rotieren, sich nicht zur gleichen Zeit am gleichen Ort aufhalten können. Dieses Ausschlussprinzip bildet seinerseits die Grundlage für die Stabilität der Materie. Wäre die wahre Symmetrie des Raumes eine einfache Rotationssymmetrie, müssten alle Atome unseres Körpers in einem winzigen Sekundenbruchteil ins Nichts zusammenbrechen. Glücklicherweise besteht die wahre Symmetrie des Raumes aber aus einer zweifachen Rotation, und unsere Atome sind stabil – eine Tatsache, die Sie trösten sollte, wenn Sie Ihre Schulter mit Eis kühlen.
Charles Seife
Noch einmal das Taubenprinzip
Professor für Journalismus, New York University; früherer Science -Autor, Autor von Proofiness: The Dark Arts of Mathematical Deception
Manchmal kann man selbst aus dem einfachen Akt des Zählens etwas Tiefgreifendes lernen. Als ich in den 1990 er Jahren als Korrespondent für das Magazin
New Scientist
arbeitete, bekam ich eine E-Mail von einem Pressesprecher, der ein außergewöhnliches Softwareprodukt mit
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