Wie funktioniert die Welt?
Vorfahrenrollen für Ihre beiden Eltern. Die zweite enthält vier Vorfahrenrollen für Ihre Großeltern, die dritte acht Rollen für Ihre Urgroßeltern. Auf jeder Ebene, die wir weiter in die Vergangenheit vordringen, verdoppelt sich die Zahl der Vorfahrenrollen, die ausgefüllt werden müssen; aus einer solchen Berechnung geht hervor, dass Sie, wenn Sie sich um 40 Generationen in die Vergangenheit begeben, mehr als 1 Billion Vorfahrenrollen ausfüllen müssen.
An dieser Stelle kommt das Taubenprinzip ins Spiel. Die letzten 40 Generationen Ihres Stammbaumes haben innerhalb der letzten 4000 Jahre gelebt, und wir waren davon ausgegangen, dass während dieser Zeit höchstens 1 Billion Menschen existiert haben. Die Zahl der Vorfahrenrollen (über 1 Billion) ist also größer als die Zahl der Menschen, die diese Rollen ausfüllen konnten (höchstens 1 Billion). Damit sind wir an dem entscheidenden Punkt: Mindestens zwei Rollen in Ihrem Stammbaum müssen von derselben Person ausgefüllt worden sein. Diese Person bezeichnen wir als A.
Nachdem wir nun A identifiziert haben, sind wir eigentlich fertig. Ausgehend von den beiden Rollen, die A unter Ihren Vorfahren ausgefüllt hat, wandern wir im Stammbaum auf Sie zu. Die beiden Wege von A zur Gegenwart müssen sich erstmals bei einer anderen Vorfahrenrolle treffen, die im Baum weiter unten liegt und von einer Person B ausgefüllt wird. Da die beiden Wege sich bei B zum ersten Mal treffen, muss einer über Bs Mutter und der andere über Bs Vater verlaufen. Mit anderen Worten: A ist ein Vorfahr von Bs Mutter und auch ein Vorfahr von Bs Vater, und genau zu dieser Schlussfolgerung wollten wir gelangen.
Wenn man einmal das ganze Bild betrachtet und sich klarmacht, wie die Argumentation funktioniert, kann man einige Dinge richtig einschätzen. Erstens hat die Tatsache mehr mit einfachen mathematischen Strukturen zu tun als mit Menschen. Wir betrachten einen riesigen Stammbaum – Ihren – und schreiben ihn 4000 Jahre weit in die Vergangenheit fort. Er ist so groß, dass er nicht passt, das heißt, manche Menschen müssen darin mehrere Positionen besetzen.
Zweitens hat die Argumentation einen nichtkonstruktiven Aspekt, wie die Mathematiker es gern nennen. Sie liefert kein Rezept dafür, A und B in Ihrem Stammbaum zu finden; sie überzeugt uns zwar, dass es diese Personen geben muss, aber das war auch schon fast alles.
Und schließlich stelle ich sie mir gern als typische Episode im Leben des Taubenprinzips und all der anderen leisen, machtvollen Aussagen vor, von denen es in der mathematischen Landschaft wimmelt – eine Vielzahl unterschiedlichster kleiner Tatsachen, die offensichtlich oftmals genau zur richtigen Zeit ans Licht kommen und dann ohne erkennbare Anstrengung eine ansonsten verfahrene Situation bereinigen.
Marti Hearst
Warum Programme Fehler haben
Informatiker, School of Information der University of California in Berkeley; Autor von Search User Interfaces
Von der Frühzeit der Computerprogrammierung bis heute sind wir mit der unglückseligen Realität konfrontiert, dass man in dem ganzen Fachgebiet nicht weiß, wie man fehlerfreie Programme entwerfen kann.
Warum können wir das Schreiben von Computerprogrammen nicht so domestizieren, dass es an die Erfolge anderer Bereiche der Technik heranreicht? Ein Denker, der sich vielleicht lyrischer als jeder andere mit dieser Frage beschäftigt hat, ist Frederick Brooks, Autor des Buches
Vom Mythos des Mann-Monats
. (Wenn man daran denkt, dass dieses Werk mit dem unglückseligen Titel 1975 zum ersten Mal erschien, kann man die sexistische Sprache, die es verunstaltet, vielleicht einfacher übergehen; die Aussagen, die Brooks vor 37 Jahren formulierte, treffen fast alle auch heute noch zu; eine Ausnahme ist allerdings die Annahme, alle Programmierer seien männlich.)
Über die Freuden des Programmieren schreibt Brooks:
Der Programmierer, wie auch der Dichter, arbeitet kaum im Bereich des stofflich Fassbaren. Aus dem Nichts baut er sich Luftschlösser, ist kreativ aus dem Einsatz seiner Vorstellungskraft heraus. Wenige Medien gewähren dem kreativen Menschen ein solches Maß an Flexibilität, sind so leicht zu be- und überarbeiten, erlauben so willig die Realisierung großer konzeptueller Strukturen … Allerdings ist das zum Programmm gewordene Gedankengebäude, anders als die Worte des Dichters, wirklich, in dem Sinne, dass sich etwas bewegt und arbeitet. Es werden sichtbare Ausgaben erzeugt, die
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