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Wie funktioniert die Welt?

Wie funktioniert die Welt?

Titel: Wie funktioniert die Welt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brockman , Herausgegeben von John Brockman
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hymnischen Worten anpries. Es sei ein revolutionäres Datenkompressionsprogramm und so leistungsfähig, dass es jede digitale Datei um 95  Prozent oder mehr zusammenpressen könne, ohne dass ein einziges Datenbit verlorenging. Ob meine Zeitschrift nicht die Gelegenheit ergreifen wolle, der Welt von dem Computerprogramm zu berichten, mit dem eine Festplatte zwanzigmal so viel Information aufnehmen könne wie bisher?
    Nein, meine Zeitschrift wollte nicht.
    Einen solchen Kompressionsalgorithmus kann es nicht geben; er wäre, was Algorithmen angeht, die Entsprechung zu einem Perpetuum mobile. Die Software war ein Betrug. Der Grund: das Taubenprinzip.
    Das Taubenprinzip ist eine einfache Frage des Zählens. Es besagt: Wenn du es schaffst,
n
Tauben in weniger als
n
Kisten zu stecken, muss in mindestens einer Kiste mehr als eine Taube sitzen. Das liegt zwar sofort auf der Hand, ist aber ein leistungsfähiges Hilfsmittel. Stellen wir uns einmal vor, die Kompressionssoftware würde wirklich so funktionieren, wie die Werbung versprach, und jede Datei würde um den Faktor 20 schrumpfen, ohne dass im Vergleich zum Original etwas verlorenginge. Jede einzelne, 2000 Bit lange Datei würde auf nur 100  Bit zusammengepresst, und dann, wenn man den Algorithmus umgekehrt ablaufen lässt, würde sie sich unbeschädigt wieder auf die ursprüngliche Größe erweitern.
    Bei der Kompression von Dateien gerät man mit dem Taubenprinzip in Konflikt. Es gibt nämlich viel mehr 2000 -Bit-Tauben ( 2 2000 , um genau zu sein) als 100 -Bit-Schachteln ( 2 100 ). Wenn ein Algorithmus Erstere in Letztere stopft, muss zumindest eine Kiste mehrere Tauben enthalten. Nun nehmen wir diese Kiste – die Datei von 100  Bit –, kehren den Algorithmus um und erweitern sie wieder auf die ursprüngliche Form von 2000 Bit. Das geht nicht! Der Grund: Es gibt mehrere Dateien von 2000 Bit, die alle in derselben 100 -Bit-Datei zusammengepresst wären, und der Algorithmus kann nicht wissen, welche davon das eigentliche Original ist – er kann die Kompression nicht umkehren.
    Das Taubenprinzip setzt der Leistungsfähigkeit von Kompressionsalgorithmen eine prinzipielle Grenze. Solche Algorithmen können Dateien – manchmal dramatisch – komprimieren, aber das gilt nicht für alle Dateien – jedenfalls nicht, wenn man auf originalgetreuer Wiederherstellung besteht.
    Überlegungen wie diese, die mit Zahlen zu tun haben, eröffneten ganz neue Forschungsgebiete. Der deutsche Mathematiker Georg Cantor konnte mit einer Art umgekehrtem Taubenprinzip nachweisen, dass man unmöglich alle reellen Zahlen in den Kisten unterbringen kann, die mit den ganzen Zahlen markiert sind – und das, obwohl es unendlich viele ganze Zahlen gibt. Daraus ergibt sich die fast undenkbare Folgerung, dass es unterschiedliche Ebenen der Unendlichkeit gibt. Die Unendlichkeit der ganzen Zahlen ist winzig klein im Vergleich zur Unendlichkeit der reellen Zahlen, und die wiederum ist winzig klein im Verhältnis zu einer weiteren Unendlichkeit und einer anderen, die dieser übergeordnet ist – eine Unendlichkeit von Unendlichkeiten, die alle unerforscht waren, bis wir gelernt hatten, sie zu zählen.
    Noch eigenartigere Folgerungen ergeben sich, wenn man das Taubenprinzip auf den Weltraum anwendet. Ein physikalisches Prinzip, die holographische Grenze, besagt: In jedem endlichen Volumen des Raumes gibt es nur eine endliche Zahl möglicher Konfigurationen von Materie und Energie. Wenn das Universum unendlich ist, wie die Kosmologen gern glauben, gibt es eine unendliche Zahl von Volumina mit der Größe des sichtbaren Universums – riesige Blasen von der Größe eines Kosmos, die Materie und Energie enthalten. Und wenn der Raum mehr oder weniger homogen ist, hat die Blase, in der wir leben, nichts Besonderes. Zusammengenommen führen diese Annahmen zu einer verblüffenden Schlussfolgerung. Wenn unendlich viele Blasen von der Größe eines Universums existieren, in denen jeweils nur endlich viele Konfigurationen von Materie und Energie möglich sind, gibt es irgendwo da draußen nicht nur eine genaue Kopie unseres Universums – und unserer Erde –, sondern die unbegrenzte Version des Taubenprinzips besagt, dass es sogar eine unendliche Zahl von Kopien jedes (genau genommen, »fast jedes«, wofür es eine genaue mathematische Definition gibt) möglichen Universums gibt. Es existieren also nicht nur unendlich viele Kopien unserer selbst auf unendlich vielen anderen Erden, sondern ebenso

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