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... Wie Gespenster in der Nacht

... Wie Gespenster in der Nacht

Titel: ... Wie Gespenster in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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verfolgen.“
    „Was denn für ein Ziel?“
    Er stützte die Hände auf die Knie, beugte sich vor und richtete sich dann auf. Er ging sicheren Schrittes um das Ruder herum, so als wären sie an Land statt auf einem wankenden Schiff.
    Er starrte auf etwas weit da draußen in der Ferne. Fiona stand auf und ging zu ihm, Poppy auf den Fersen. Sie fragte sich, ob er vielleicht sein Darling gesehen hatte. Sie sprach erst, als sie neben ihm stand. Hier vorn am Bug hielt nichts den Wind auf, kalte Gischt spritzte auf ihre Wangen. Fiona erschauerte vor Kälte. Sie wünschte, sie hätte seinem Angebot zugestimmt und sich eine Jacke von ihm geben lassen. „Siehst du da etwas?“
    „Aye. Da drüben bei den Cottages von Kaye Gerston. Sieht aus, als würden sie den Pier abreißen. Seltsam, dass sie das noch so spät am Abend machen … Tagsüber haben dort noch keine Arbeiten stattgefunden.“
    „Vielleicht hat Mrs. Gerston Leute angeheuert, die nur abends arbeiten können.“
    „Vielleicht. Oder vielleicht will Kaye auch nicht, dass andere erfahren, was sie vorhat.“ Andrew drehte sich zu Fiona. „Vielleicht hat sie auch gar nichts damit zu tun.“ Er ging an ihr vorbei zurück zum Ruder, und sie folgte ihm, schaute zu, wie er die Hände auf das Ruder legte. „Ich verspreche dir, wir fahren noch zur Bucht. Aber später. Ich würde mir das gern erst ansehen, wenn es dir nichts ausmacht.“
    Sie war enttäuscht, dass die Erinnerungen an seine Kindheit damit wohl beendet waren, aber er hatte ihr ja bereits viel zum Nachdenken gegeben. „Nein. Ich liebe Rätsel“, entgegnete sie.
    Der Loch Ceo war klein im Vergleich zum Loch Ness oder dem Loch Lomond, dennoch war der See lang und breit genug, dass man das gegenüberliegende Ufer nicht sehen konnte, gleich an welchem Punkt man stand. Als sie näher kamen, erkannte auch Fiona, was Andrew so neugierig gemacht hatte. Drei schmale Bootsstege liefen ins Wasser – zumindest hatte es heute Vormittag noch drei Bootsstege gegeben. Zwei von ihnen sahen jetzt aus wie die Gräten eines filettierten Fischs. Nur die Pfähle und die Verbindungsbalken standen noch, und auch die wurden bereits abmontiert.
    Andrew lenkte das Boot an den Pier, auf dem ein einzelner Mann arbeitete. „Bist du das, Harry Dutton?“
    Ein blonder Mann, der auf den Knien auf dem Pier hockte und Bretter ablöste, sah, ohne überrascht zu sein, von seiner Arbeit auf. Fiona nahm an, dass er sie schon von Weitem hatte kommen sehen. „N’Abend, Andrew.“
    „Sieht aus, als seist du bald fertig damit.“
    „Dafür werde ich ja auch bezahlt.“
    „Kaye legt also Geld für neue Stege an?“
    „Kaye bestimmt nicht. Ihr gehört das Land hier ja gar nicht mehr.“
    „Tatsächlich?“
    „Verkauft hat sie’s.“
    „Davon hab ich noch gar nichts gehört.“
    Harry stand auf. Erst jetzt sah Fiona, dass er ein wahrer Hüne war. „Das alles hier wird abgerissen.“ Er deutete hinter sich. „Die Cottages … Kommt alles weg.“
    „Und wieso?“
    Harry zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich, um Platz zu machen für was anderes, würde ich mal vermuten.“
    „Weißt du auch, was hier hinkommen soll?“
    „Könnte ich nicht behaupten.“
    „Ist Kaye noch hier, oder ist sie schon weg?“
    „Oh, die ist noch hier. Auch sicher noch für eine ganze Weile. Sie hat ja ein ganzes Leben an Erinnerungen zu packen.“
    „Aye.“ Andrew stand lässig da, die Hände in die Hosentaschen geschoben. Verharrte in der Pose eines Mannes, der Pfeife rauchte – messerscharfe Aufmerksamkeit wurde kaschiert von anscheinend endloser Geduld. Dabei wusste Fiona, dass ihm nicht die kleinste Kleinigkeit entging. Nicht die anderen Männer, die zu weit weg waren, um mit ihnen zu reden, nicht die in der Dunkelheit liegenden Cottages, die dem Untergang geweiht waren, und auch nicht das helle Licht, das aus dem Fenster einer nahe beim Wasser errichtenden Bauhütte strahlte.
    Endlich bewegte er sich. Es war nur die Verlagerung seines Gewichts von den Fußballen auf die Fersen. Fiona musste feststellen, dass sie die ganze Zeit über den Atem angehalten hatte.
    „Weißt du vielleicht, wer der neue Eigentümer ist, Harry?“, fragte er.
    „Es sind zwei. Aus London. Das ist alles, was ich weiß.“
    „Zwei, sagst du?“
    „Einen hab ich gesehen. Nicht gerade groß, dick, mit Glatze. Hab seinen Namen vorher nie gehört.“
    „Martin Carlton-Jones.“
    „Du kennst ihn?“
    Fiona verfolgte mit, wie Andrews Miene hart und grimmig wurde. „Nein.

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