... Wie Gespenster in der Nacht
Und wenn es sich irgendwie verhindern lässt, werde ich ihn auch nie kennenlernen.“
„Einen einzigen Lieblingsplatz am See habe ich eigentlich nicht, aber das hier ist einer von meinen Lieblingsplätzen.“
In einer abgeschiedenen kleinen Bucht warf Andrew geschickt den Anker. Das Boot neigte sich ein wenig zur Seite, richtete sich aus und schwankte dann träge auf den sanften Wellen auf und ab.
Fiona stellte sich zu ihm. „Einer von wie vielen?“
„Hunderte.“ Er überlegte und verbesserte sich. „Nein, höchstens zwei.“
„Es ist alles so unermesslich schön.“
Er lehnte an der Reling, die Arme vor der Brust verschränkt. Im Mondlicht glänzte ihr Haar wie reifer Weizen, und ihre Augen leuchteten wie ein kostspieliger alter Whisky. „Ich bin froh, dass sie das Land hier nicht bebauen konnten. Das Ufer ist zu steil, das Land zu uneben und schroff.“
„Jemand, der wirklich dazu entschlossen ist, findet einen Weg.“
„Bis jetzt hat noch niemand genügend Entschlossenheit gezeigt. Vielleicht wird das aber irgendwann so kommen.“
„Dass so viel Schönheit immer noch vollkommen unberührt ist, grenzt an ein Wunder. Es ist fast so, als hätte man vergessen, Druidheachd auf der Landkarte einzuzeichnen.“
„Druidheachd ist in vieler Hinsicht vergessen worden. Bis jetzt waren wir einfach zu unwichtig und klein, zu weit abgelegen von den ausgetretenen Pfaden, als dass man sich um uns gekümmert hätte.“
„Bis jetzt?“
Er hatte nicht vor, sie unnötig zu belasten. Noch nicht und ganz bestimmt nicht jetzt. „Selbst Druidheachd kann den Fortschritt nicht auf ewig aufhalten. Der Tag wird sicherlich kommen, wo auch wir unseren McDonald’s mitten im Dorf haben.“
„Na ja, vielleicht stammte dieser McDonald ja von hier. Ist doch möglich, oder? Fergus Mac Donald aus Druidheachd, ein armer Immigrant auf den kalten nassen Straßen von New York, nichts anderes in seinen leeren Taschen als das Hackfleischsandwich-Rezept seiner alten Granny.“
„Aye. Natürlich, du hast recht! Wir sollten ihm ein Denkmal setzen.“
„Ich kann es schon genau vor mir sehen.“ Fiona grinste. „Goldene Bögen, die sich in der Mitte überlappen.“
Lachend griff er nach ihrer Hand. „Ich habe nichts gegen den Fortschritt. Ich mag es nur nicht, wenn der Fortschritt zerstört, was mir lieb und teuer ist.“
Ihre Hand fühlte sich so kalt an in seiner. Verlegen schaute sie zur Seite, als er ihre Finger unter den Saum seiner Jacke steckte. „Raubt uns nicht jeder Fortschritt etwas von dem, was früher war? Bevor es den Fernseher gab, haben die Leute einander besucht und miteinander geredet. Heute bleiben sie in ihren Wohnzimmern sitzen und kommunizieren mit der ganzen Welt, doch das Ganze bleibt völlig einseitig. Etwas ist verloren gegangen, während zeitgleich etwas dazugewonnen wurde.“
Er zog ihre Hand an seine Hüfte und fühlte jede einzelne Fingerspitze. „Mir gefällt die altmodische Art besser. Ich besitze nicht einmal einen Fernseher. Mal ganz davon abgesehen, dass der Empfang hier am See miserabel ist, befürchte ich auch, dass ich tatsächlich fernsehen würde, wenn ich einen Apparat hätte.“
„Dafür sind die Geräte ja auch gedacht.“ Sie drehte sich näher zu ihm. „Was tust du dann stattdessen?“
„Du frierst!“ Er schüttelte den Kopf. „Ich hätte dir doch eine Jacke holen sollen.“ Er zog sie an sich. „Komm her.“
Sie kam, mit nur der Andeutung von Widerstand. Er legte den Arm um sie und zog sie an seine Seite. „Gleich wird dir wärmer.“
„Sag mir, was du tust statt fernzusehen.“
Es verwunderte ihn, wie sehr sie auf eine Antwort beharrte. Zum Teil wollte sie sicher das Gespräch normal weiterführen, auch wenn sie sich jetzt eng an ihn schmiegte. Aber sie schien ehrlich an seinem Leben interessiert zu sein – als wollte sie sich vorstellen können, wie er es lebte. Ihr eigenes Leben war so eingeschränkt gewesen, jeder Schritt war ihr vorgeschrieben worden. Wie oft hatte sie sich wohl das Leben der anderen angesehen und genau studiert, um den eigenen Horizont zu erweitern?
Als er antwortete, gestand er natürlich nicht ein, dass er in den letzten Wochen sehr viel Zeit damit zugebracht hatte, an sie zu denken. „Ich wandere und klettere. Ich spiele Golf, auch wenn ich es nicht als wirkliche Leidenschaft bezeichnen würde. Ich übe regelmäßig, obwohl keiner, der mich spielen hört, mir das abnehmen wird.“
„Du spielst … was?“
„Dudelsack. Hat Duncan
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