... Wie Gespenster in der Nacht

Titel: ... Wie Gespenster in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards

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nachhakende Journalist, auch die kleinsten Details über die Erscheinung öfter gehört, als ihm lieb war.
    „Genau hier war’s“, meinte Jamie Gordon. Er war ein recht ansehnlicher junger Bursche, wenn auch vielleicht nicht unbedingt der Hellste, aber auf jeden Fall aufgeschlossen und enthusiastisch. „Ein Wesen, so grauenerregend und schrecklich, dass Sie sich bestimmt in die Hosen gemacht hätten. Ich glaube, das Ungeheuer wusste gar nicht, dass wir da waren. Sie hatte ja auch keinen Grund, anzunehmen, dass irgendjemand bei dem heftigen Gewitter noch draußen auf dem Loch ist.“
    „Sie?“, fragte David verdutzt.
    „Aye, sie.“
    „Die geschlechtsspezifischen Attribute sind also zu erkennen?“
    Jamie blickte den Reporter mit völlig leerem Blick an. „Ich meine, du hast die Beweise gesehen, dass sie weiblich ist?“
    „Beweise? Ach, Sie meinen, Brüste und so?“
    David wahrte tapfer Fassung. „Genau.“
    „Nein, so was nicht. Aber sie ist eine Lady. Andrew MacDougall nennt sie nur sein Darling.“
    „Andrew MacDougall?“
    „Aye. Die MacDougalls haben schon immer am Seeufer gelebt. Andrews Dad hat sie auch einmal gesehen. In der Nacht, als Andrew und die anderen Mitternachtsmänner auf die Welt gekommen sind. Haben Sie die Geschichte etwa noch nicht gehört?“
    „Mitternachtsmänner?“
    „Aye. Sagen Sie, haben Sie nicht behauptet, Sie seien Reporter?“ Jamie fragte sich ernsthaft, wie gut dieser Mann in seinem Beruf sein konnte.
    „Erzähl mir von diesen Mitternachtsmännern.“
    Und das tat Jamie dann auch. Mit Begeisterung. David machte sich Notizen im Kopf. Die Geschichte war ganz interessant, aber nicht das, was er suchte. „Beschreib mir das Ungeheuer noch einmal, Jamie. Du sagtest, sie hat goldene Augen?“
    „Aye, wie die Farbe von altem Whisky. Ich habe mit dem Trinken aufgehört, aber irgendjemand kann es Ihnen bestimmt zeigen. Falls Sie den guten Single Malt in England überhaupt kriegen.“ Jamie blinzelte verschwörerisch. „Und ihr Hals ist so lang wie das, was der Schotte unter dem Kilt hat. Beine, meine ich damit natürlich.“ Wieder blinzelte er verschmitzt.
    David gab dem Jungen still einen Punkt für seinen Witz. „Du hast erzählt, du hättest Angst gehabt. Weil du nicht damit gerechnet hast, das Wesen zu sehen? Oder hat es … sie euch bedroht?“
    „Bedrohen? Unser Seeungeheuer? Niemals!“
    „Also ist sie harmlos?“
    „Och, sie ist noch viel mehr als das. Sie ist schüchtern wie eine Jungfrau. Sie hat sich wahrscheinlich mehr erschreckt, uns zu sehen, als wir. Sie ist sofort wieder abgetaucht. So schnell verschwunden, dass, hätte Peter sie nicht auch gesehen, ich mich wahrscheinlich gefragt hätte, ob ich noch ganz bei Trost bin.“
    Die Abenddämmerung brach herein. Das kleine Boot schaukelte sanft auf den von der untergehenden Sonne vergoldeten Wellen. Bald wurde es Zeit, an Land zurückzukehren. David hatte ein Zimmer in dem malerischen Hotel im Dorfzentrum für sich reserviert. Eine Nacht wollte er bleiben, doch schon jetzt spürte er, wie die Frustration in ihm anwuchs.
    Bis jetzt hatte er nichts gehört oder gesehen, was als explosive Story herhalten könnte. An dieser Geschichte gab es nicht mehr als das, was er bisher erfahren hatte. Und er selbst hatte auch nichts weiter herausgefunden. Als er mit Jamie zusammen rausfuhr, waren gut ein Dutzend Boote über den See gekreuzt. David nahm an, dass in den letzten Wochen viele Passagiere dieser Boote Reporter gewesen waren. Wenn das Monster in nächster Zeit nicht wieder gesehen wurde, dann würde die Zahl der Boote auf dem See schnell schrumpfen, die Story würde es vielleicht noch ein paar Ausgaben lang auf die hintersten Seiten der wöchentlichen Dorfzeitung schaffen. Und er würde sich nach einer anderen Möglichkeit umsehen müssen, wie er an das Rückfahrtticket zu seinem Stadthaus in Kensington kam.
    Es sei denn natürlich, das Monster wurde noch einmal gesichtet.
    „Würdest du sagen, das Wesen kommt nur bei Gewitter an die Oberfläche?“, fragte David.
    „Nein, das nicht. Sie kommt nach oben, wenn sie glaubt, dass keiner sie sehen wird.“
    „Ist das immer so gewesen?“
    „Andrew MacDougall kann Ihnen das sagen. Er weiß alles über sie. Er kennt jede Geschichte, die es über sie gibt.“
    David sah über das Wasser hinaus. Der See war groß. Von der Stelle hier nahe der Mitte, wo sie mit dem Boot lagen, konnte man die Umrisse am Ufer nur verschwommen erkennen. Und wenn es bald dunkel wurde,