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... Wie Gespenster in der Nacht

... Wie Gespenster in der Nacht

Titel: ... Wie Gespenster in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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die wohl einst ein Esszimmer geschmückt haben mussten, und ein kleines Sofa, bezogen mit grünem Samt, der jedoch inzwischen völlig verschlissen war. Zudem war da noch eine niedrige Kommode aus Fichtenholz, in dem Fiona ihre Zeichenutensilien verstauen wollte.
    „Das ist doch schon ein guter Anfang.“ Mara war zufrieden. Außer dem Zweisitzer hatten sie alle Möbelstücke bis an den Treppenabsatz getragen. Beide Frauen waren atemlos von der Anstrengung. Mara ließ sich auf das kleine Sofa fallen. „Jedes Stück hat seine eigene Geschichte. Hier oben stehen so viele Geschichten.“
    Fiona sah von dem Buch auf, das sie von einem der vielen Stapel genommen hatte, um darin zu blättern. Ein Kochbuch, herausgegeben um die Jahrhundertwende, mit Benimmratschlägen für junge Damen der Gesellschaft gespickt. Die Widmung hatte ihr verraten, dass das Buch ein Geburtstagsgeschenk für eine ihrer Ahninnen gewesen war, eine junge Lady namens Glenda. „Geschichten?“
    „Aye. Hunderte. Kannst du sie fühlen, Fiona?“
    Sie konnte sich gut vorstellen, dass sie eine dieser Geschichten in der Hand hielt. „Ja, irgendwie schon. Wenn ich je wieder nach Inspiration suche, komme ich einfach hier rauf und lasse meiner Fantasie Flügel wachsen.“
    „Dieses Buch da …“ Mara deutete mit dem Kopf zu dem Buch in Fionas Händen. „Es gehörte einer jungen Frau, die die gleiche Haarfarbe hatte wie du. Sie hat nicht lange genug gelebt, um ihr Haar grau werden zu sehen.“ Mara zuckte bedrückt mit den Schultern, als Fiona sie nur stumm anstarrte. „Tut mir leid.“
    „Tut es dir leid, dass sie jung gestorben ist? Oder dass du es mir gesagt hast?“ Als Mara nicht antwortete, nickte Fiona verstehend. „Es tut dir leid, dass du es weißt.“ Langsam gewöhnte sie sich an Maras übersinnliche Gabe. Und ihr wurde auch immer klarer, wie schwer es sein musste, Dinge zu sehen, die andere nicht sehen konnten.
    „Es ist gerade so, als lebte ich in einer Welt ohne Wände. Die Zeit scheint für mich keine Grenzen zu besitzen.“ In Maras Stimme lag kein Selbstmitleid.
    „Kannst du alles so deutlich sehen wie Glendas Tod?“
    „Nein, und dafür bin ich dankbar. Ich weiß nur, dass sie jung gestorben ist, aber weder, wie noch warum. Die Vergangenheit sehe ich nie so klar wie die Zukunft. Ich kann nur den einen oder anderen Blick in die Vergangenheit erhaschen. Dieses Sofa hier, zum Beispiel.“ Verträumt lächelnd strich sie über den alten Samt. „Hier hat ein Liebespaar gesessen und Pläne geschmiedet, zusammen wegzulaufen. Wann, kann ich nicht sagen. Aber sie haben es geschafft und ihren Plan ausgeführt. Ich denke, dass sie lange und sehr glücklich verheiratet waren.“
    „Diese Geschichte gefällt mir besser.“
    Mara stand auf und begann umherzuwandern. Der Speicher war riesig, sie hatten heute kaum die oberste Schicht angekratzt. „Hier befindet sich auch etwas von dir, Fiona.“
    „Etwas von mir?“ Fiona ging zu ihr.
    „Aye.“
    „Was genau meinst du?“
    Mara drehte sich zu ihr um. „Meistens bin ich aufgewühlt, weil ich zu viel sehe. Doch manchmal bin ich auch frustriert, weil ich nicht mehr sehen kann.“
    „Da ist also etwas von mir hier oben, aber du weißt nicht, was?“
    „Ich fürchte, ja.“
    „Vielleicht lagern hier oben ein paar Andenken oder Spielzeug aus meiner Kindheit.“
    „Vielleicht.“ Doch dann schüttelte Mara den Kopf. „Nein, das ist es nicht. Obwohl … es könnte natürlich stimmen. Aber ich fühle hier etwas …“ Wieder schüttelte sie den Kopf. „Ach, wenn ich dir nicht so nahestehen würde, wenn ich dich nicht so gern hätte …“
    Ein warmes Schimmern breitete sich in Fiona aus. „Zuneigung ist mir viel lieber als eine deutliche Vision.“
    Mara lächelte herzlich. „Ja, mir auch.“
    Schließlich standen sie in einer Ecke des Dachbodens, in der Kartons hochgestapelt waren. Sie schienen neuer zu sein als die anderen Sachen hier oben. Fiona zupfte am Klebeband des obersten Kartons, bis es ihr gelang, den Deckel aufzuklappen. „Sieh dir das nur an!“ Sie zog eine Pfeife aus dem Karton hervor und gab sie an Mara weiter. Eine genauere Inspektion des Kartons brachte eine ganze Sammlung von Pfeifen zutage, alle sorgfältig eingewickelt in weichen Filz.
    „Manche von ihnen scheinen recht alt zu sein“, überlegte Mara laut, „wenn auch nicht alle. Aber ich bin kein Experte.“
    „Mein Vater besaß eine Pfeifensammlung. Ich erinnere mich, dass Duncan mir davon erzählt hat, als er

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