... Wie Gespenster in der Nacht
erwiderte Fiona. „Das Ganze hier ist doch ein Riesenzirkus.“
„Sollen wir Andrew zum Abendessen einladen, wenn er zurück ist? Ich freue mich immer, ihn zu sehen.“
„Das ist nicht nötig.“ Fiona suchte nach einem Vorwand und fand keinen.
„Hast du etwa das Gefühl, wir wollten euch verkuppeln? Ist das das Problem?“
Darauf konnte Fiona etwas erwidern. „Andrew ist sehr nett, aber ich will nicht, dass er sich verpflichtet fühlt, mehr aus unserer Freundschaft zu machen.“
Mara legte ihre Hand auf Fionas Schulter. „Ja, er ist wirklich sehr nett. Und grundehrlich. Und stur, wie nur Schotten stur sein können. Fast so stur wie Duncan, wenn ich es recht bedenke. Sollte Andrew auch nur glauben, dass man ihn zu etwas zwingen will, würde er sich mit aller Macht sträuben – wie mein Preishammel am Schertag.“
Fiona steckte die Kappe auf ihren Stift und schaute zu ihrer Schwägerin hoch. „Es liegt nicht an Andrew, es liegt an mir.“
Mara wartete, dass sie noch etwas sagen würde, doch es war Fiona unmöglich.
„Bist du für heute Morgen dann fertig? Oder soll ich dich allein lassen, damit du weiterarbeiten kannst?“
„Nein, ich bin fertig. Es klappt sowieso nicht so, wie ich mir das vorstelle. Ich glaube, ich brauche eine Pause.“
„Worum geht es in dem neuen Buch? Oder bringt es Unglück, es vorher zu verraten?“
„Stardust verliebt sich.“
„So, tut sie das, ja?“
Fiona verzog das Gesicht. „Bisher habe ich keine einzige Zeichnung fertig bekommen, die mir wirklich gefällt. Ein Wasserdrache pro Seite ist schon schwierig genug, aber zwei verkomplizieren die Sache ungemein.“
„Wie wahr“, kam es trocken von Mara.
Fiona stand auf und reckte sich. Fast den ganzen Vormittag hatte sie an ihrem Zeichentisch gesessen. Seit der unglückseligen Nacht in Glasgow verbrachte sie jeden Tag oft Stunden hier. Sie hatte darauf gehofft, die Arbeit würde die Erinnerung an jene Begegnung mit Andrew auslöschen, doch sie hatte sich geirrt. „Wie sehen deine Pläne für heute aus?“
„Ich werde mit dem Aufräumen des Speichers anfangen. Vielleicht hast du ja Lust, mir zu helfen? Billie hat mich auf die Idee gebracht. Der Speicher da oben ist so etwas wie eine Miniaturausgabe von Fearnshader: Andenken und Antiquitäten aus mehreren Jahrhunderten. Ich möchte es gern sortieren, bevor alles zu Staub zerfällt – schließlich ist es eure Familiengeschichte, Duncans und deine. Und Aprils. Und die meiner Kinder.“
„Willst du mir damit etwas Spezielles sagen?“
Mara lachte hell auf. „Damit will ich wohl sagen, dass wir es auf jeden Fall versuchen. So wie Billie und Iain auch.“
In Fionas Freude über diese Nachricht mischte sich ein Wermutstropfen, wie so vieles in diesen Tagen einen bitteren Nachgeschmack hatte. Sie hatte nie gewagt, von eigenen Kindern zu träumen, doch nun schien ihr diese Tatasche unsäglich trauriger. „Da bin ich ja froh, dass ich diese Sache mit dem Tante-Sein schon mal üben konnte“, meinte sie.
„Ich würde behaupten, das hast du auf jeden Fall perfektioniert. April betet dich an.“
Auf dem Weg zum Speicher hinauf plauderten sie gelöst weiter. Fiona konnte sich nicht daran erinnern, je hier oben gewesen zu sein. Es war definitiv kein Ort, an dem man Kinder spielen ließ. Selbst mit der elektrischen Glühbirne war es düster, und Spinnweben hingen an Kisten und über alten Möbeln wie unheimliche Schleier.
„Hier könnte leicht ein Feuer ausbrechen“, sagte Fiona. „Ich bin froh, dass wir aufräumen.“
„Es ist ein schmutziges Chaos. Und es wird ganz bestimmt länger als nur ein oder zwei Tage dauern, fürchte ich.“
„Also, ich hab Zeit, wenn du Zeit hast.“
Sie begannen mit der Inspektion, sortierten Stapel und begutachteten Mobiliar. „Falls wir uns bei etwas nicht sicher sind, fragen wir Billie. Sie weiß, was sich zu behalten lohnt und was nicht“, meinte Mara.
Fiona bemühte sich um mehr Begeisterung. Ein Projekt wie dieses hier war genau richtig, um ihr seelisches Gleichgewicht wiederzufinden. „Ich glaube, wir sollten die besseren Möbel nach unten bringen. Da ist doch dieser Raum neben der Küche, in dem nur ein paar Regale an der Wand stehen. Dort können wir sie uns gründlicher ansehen und dann entscheiden, was wir damit anfangen wollen.“
„Einverstanden! Also sortieren wir erst einmal aus, was nach unten gebracht werden soll.“
Sie entschieden sich schließlich für zwei runde Tische, einen vollständigen Satz Stühle,
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