... Wie Gespenster in der Nacht
schon gesagt?“
Sie lächelte verschmitzt, und für einen Moment lang sah sie wieder jung und gesund aus wie immer. Er begriff auch, warum, als sie antwortete. „Nein, kein einziges Wort habe ich ihnen gesagt. Sie bleiben über Nacht in Fort William und gehen davon aus, dass ich ihnen morgen früh die unterschriebenen Papiere übergebe. Ihnen die Neuigkeiten mitzuteilen wird deine Aufgabe sein, Andrew.“
Fiona saß im Speisesaal des Hotels am Fenster und schaute auf die Wiese hinaus, auf der die Vorbereitungen für die jährliche Johnsmas Fair vonstatten gingen. Sie hatte eigentlich mit Mara zu Abend essen wollen, doch am Nachmittag musste die für eine der Angestellten in ihrem Laden einspringen. Duncan war geschäftlich nach Inverness gefahren und würde über Nacht wegbleiben, und April schlief heute bei einer Freundin. Fiona hatte zugesichert, zu übernehmen, falls Probleme auftauchen sollten, doch glücklicherweise lief der Hotelbetrieb bisher wie am Schnürchen.
Fiona hatte viel Zeit in ihrem Leben allein verbracht und auch eine gewisse Vorliebe für das Alleinsein entwickelt. Jetzt jedoch, nachdem sie nunmehr seit sechs Wochen in Schottland war, saß sie nur ungern allein hier. Sie hatte feststellen müssen, dass sie ihrem Wesen nach eigentlich eher ein Mensch war, der sich in der Gesellschaft jener, die ihr am Herzen lagen, viel wohler fühlte.
Und am wohlsten fühlte sie sich, wenn sie mit Andrew zusammen war.
„Miss Sinclair, einer der Gäste ist unzufrieden mit seinem Zimmer. Er möchte mit Ihnen reden.“
Fiona war so in ihre Überlegungen vertieft gewesen, dass sie Nancy nicht hatte kommen hören. Nancy war eine liebenswürdige, hübsche junge Frau. Sie kümmerte sich um den Empfang mit der gleichen Sorgfalt und Hingabe, mit der sie sich auch um ihre beiden kleinen Kinder kümmerte. Sie war ebenso erfahren im Umgang mit schwierigen Hotelgästen und hatte nur sehr selten Unterstützung nötig.
„Wo liegt das Problem?“, fragte Fiona.
„Das Hämmern.“ Nancy zeigte zum Fenster hinaus auf die Weide. „Er sagt, er kann bei dem Krach nicht arbeiten. Er schreibt einen Artikel für irgendeine Zeitung. Es ist der Journalist, der das Seeungeheuer gesehen hat, Sie wissen schon.“
„Können Sie ihm nicht ein Zimmer auf der anderen Seite geben?“
„Es gibt keine freien Zimmer mehr. Wir sind ja schon jetzt bis unters Dach überbelegt.“
Fiona nickte langsam und wappnete sich für das Gespräch. Sie, die einst zu schüchtern gewesen war, um ein Gespräch auch nur anzufangen. „Ich rede mit ihm.“
„Darauf hatte ich gehofft.“ Die Männerstimme ertönte hinter Fionas Rücken, sie drehte sich um. „Ich bin der betreffende Gast.“ Er stellte sich vor. „David Gow, früher aus London. Sie hören sich an, als seien Sie Amerikanerin.“
„Also wirklich, Mr. Gow“, entfuhr es Nancy. „Ich habe Sie doch gebeten, in der Lobby auf Miss Sinclair zu warten.“
„Fiona Sinclair.“ Fiona reichte dem Mann die Hand. „Ist schon in Ordnung“, sagte sie, an Nancy gewandt. Sie machte Anstalten, aufzustehen, doch David winkte ab.
„Bleiben Sie bitte sitzen. Ich wollte Ihr Essen nicht unterbrechen, sondern mich vielmehr zu Ihnen gesellen.“ Er lächelte ein so strahlendes Lächeln, dass er damit eine Batterie hätte aufladen können.
Sie fand ihn sofort sympathisch. „Wie ungewöhnlich, Mr. Gow“, versuchte sie sich an ihrer besten Imitation des britischen Upper-Class-Akzents und zog eine Augenbraue ein wenig in die Höhe.
„Ich fürchte, ich bin generell recht unkonventionell. Meine Familie verzweifelt ebenfalls daran.“
Sie deutete auf den Stuhl ihr gegenüber am Tisch. „Wenn ich Ihnen einen Stuhl anbiete, versprechen Sie dann, Ihre Beschwerde wegen des Lärms zurückzuziehen?“
„Sehr gut möglich.“ Er setzte sich und zog den Stuhl eng an den Tisch. Nancy murmelte einen unverständlichen Kommentar unter angehaltenem Atem und zog sich zurück.
„Wissen Sie, das mit der Beschwerde war nur ein Vorwand, um Sie treffen zu können.“ Das verschwörerische Blinzeln wurde von einem weiteren strahlenden Lächeln begleitet. „Obwohl … Nun, da ich Sie getroffen habe, frage ich mich, ob wir uns nicht schon vorher begegnet sind. Ihr Name kommt mir so bekannt vor. Aber an Ihr Gesicht würde ich mich bestimmt erinnern.“
„Nein, wir kennen uns nicht“, versicherte sie ihm.
„Ich habe Sie hier öfter gesehen und ein paar Erkundigungen eingezogen.“
„Also haben wir einen
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