Wie ich Brad Pitt entführte
Karte mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut gemacht. Und jetzt parkte sie – wie mit dem Reporterfritzen vereinbart – vor dem schicken Apartmenthaus, dessen oberste zwei Etagen die kleine Schlampe beherbergten, und hielt Ausschau nach Max und dem vermissten Tom Schneider. Morgen früh wollte der Reporter sie ablösen. Hoffentlich konnten sie mit vereinten Kräften Herr über diese verfahrene Situation werden. Denn auf Max konnte und wollte sie jetzt keine Rücksicht mehr nehmen. Mitgefangen, mitgehangen. Wenn er sich mit kriminellem Pack einließ, dann musste er auch die Konsequenzen tragen.
War ja klar, dass die Leenders in so einer Luxusherberge haust, dachte Nicole verächtlich. Wenn Papi Millionär ist! Und selbst keinen müden Euro verdienen! Sie liebte solche Frauen: Während sie selbst für Frauenquote und absolute Gleichberechtigung kämpfte, machten es sich diese Luxusweibchen wie die sprichwörtliche Made im Speck in einer von Männern regierten Welt bequem. Hoffentlich würde man ihr etwas anhängen können, damit der Leendersche Goldkäfig doch mal ordentlich durchgerüttelt wurde.
Nicole sah auf die Uhr. Schon zwanzig nach acht. Sie nahm noch einen kleinen Schluck von dem brühend heißen McDonald’s-Kaffee, den sie sich vorsichtshalber vorhin noch besorgt hatte. Es würde bestimmt eine lange Nacht werden. Doch im gleichen Moment sah sie, wie Max’ Auto schräg gegenüber des bewachten Hauseingangs einparkte.
Also hatte der Reporter doch recht gehabt. Max konnte einfach nicht seine Finger von ihr lassen. Auch wenn Blitzi sich nicht über Max’ Motive im Klaren zu sein schien, hatte er vorausgesagt, dass Max heute noch einmal bei der Schlampe vorbeischauen würde. »Entweder will er ihr im Alleingang auf die Spur kommen, oder er will sie tatsächlich nur vögeln. Aber in jedem Fall wird so einem Nachmittagsdate noch ein gemeinsamer Abend folgen«, hatte er selbstbewusst behauptet.
Nicole hatte ihn zuvor selbstverständlich auch über das äußerst fragwürdige Schauspiel der beiden in der Sporthalle unterrichtet. Sie brauchte jetzt einfach jede Unterstützung, die sie bekommen konnte.
Durch ihren Feldstecher beobachtete sie den Hauseingang. Und richtig, im selben Moment trat eine ausgehfeine Victoria Leenders durch die Tür und auf die Straße. Suchend blickte sie sich um, erspähte Max’ Wagen und machte sich auf den Weg zu ihm.
Und dann passierte alles unglaublich schnell: Obwohl die Leenders schon fast die Straße überquert hatte, fuhr Max urplötzlich auf und davon. Was hatte das zu bedeuten? Hatte er Nicole bemerkt und wollte nicht entdeckt werden?
Ohne lange nachzudenken, entschied sich Nicole, ihm zu folgen. Sie startete den Motor, sah kurz in den Seitenspiegel, um zu kontrollieren, dass die Fahrbahn frei war … und dann traf sie fast der Schlag!
Nein, das konnte doch einfach nicht wahr sein! Ausgerechnet jetzt sah sie das leibhaftige, fleischgewordene Phantombild des Frank Hagedorn an sich vorbeirauschen? Lebte er? Oder war es eine optische Täuschung? Sie war sich absolut nicht sicher. Aber sie wollte es herausfinden. Mit quietschenden Reifen lenkte sie ihren Polo auf die Straße und jagte dem potenziellen Hagedorn in seinem dunklen Fahrzeug hinterher, das glücklicherweise die gleiche Richtung wie Max einschlug. Wie gut, dass sie eben noch eine Karte der Gegend studiert hatte. So wusste sie, dass die Straße, auf der sie gerade fuhren, »Unter Goldschmied« hieß und nach einer weiteren Querstraße und einer Ampel in die Pipinstraße einmündete. Sie schickte ein stilles Gebet gen Himmel, dass genau diese Ampel zurzeit rot war.
Und richtig. Max’ und Hagedorns Wagen standen direkt hintereinander und warteten mit laufendem Motor. Nicole erreichte die beiden in dem Augenblick, als die Ampel wieder auf Grün umschaltete. Max und Hagedorn bogen beide nach rechts ab und fuhren in Richtung Neumarkt. Nicole folgte ihnen in gebührendem Abstand. Doch anstatt geradeaus zum Neumarkt zu fahren, hielten sich die Fahrzeuge links und schwenkten – da die Ampel gerade grün war – auf die Nord-Süd-Fahrt ein, wo an diesem Sonntagabend relativ wenig Verkehr herrschte.
Max nahm Fahrt auf, während der vermeintliche Hagedorn sich an das vorgeschriebene Tempolimit hielt. Es wurde schwieriger, die beiden gleichzeitig im Auge zu behalten. Für wen sollte sie sich im Zweifelsfall entscheiden, falls sich die Wege der beiden nun trennen sollten? Nicole überlegte. Vielleicht jagte sie ja
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