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Wie ich Brad Pitt entführte

Wie ich Brad Pitt entführte

Titel: Wie ich Brad Pitt entführte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Grünig
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an.«
    Ich bringe keinen Bissen runter. Schweigend sehe ich Tom beim Essen zu. Seine Manieren lassen etwas zu wünschen übrig: Genussvoll wischt er den Teller mit seinem Zeigefinger sauber, leckt ihn ab und lässt sich dann entspannt nach hinten fallen.
    »Schau mich doch nicht so verschreckt an, Puppe, es wird schon alles gut!« Er gießt sich noch etwas Kaffee nach, und ich probier’s noch einmal, inbrünstig flehend. »Aber jetzt … gehst du?«
    Er mustert mich von schräg unten, seine linke Augenbraue wandert langsam in die Höhe: der berühmte Paul-Kellermann-Blick.
    »Hör mal, Kleines. Das wäre doch jetzt echt Karo Sieben! Alles läuft doch wie am Schnürchen! Du hast mich, und ich …« Er grinst unverschämt. »Und ich … hab die Publicity meines Lebens.« Er klopft zufrieden auf sein Handy. »Rat mal, was mir mein Agent vorhin auf dem Dach geflüstert hat?« Tom wartet meine Antwort gar nicht ab. »Ich werde bald auf allen Titelseiten sein, Baby! Der Aufmacher des ›Boulevards‹! Der alte Tom haut sie alle in die Pfanne!«
    Sprachlos lasse ich seinen Freudentaumel über mich ergehen und räume unsere leeren Teller in die Spülmaschine. Tom scheint mein Schweigen als Empathie zu missdeuten und bollert gleich weiter.
    »Weißt du, wie mich das ankotzt? Diese beschissene Rolle als Jammerlappen der Nation! Der Typ zu sein, der in der 97. Folge immer noch seiner doofen Alten nachheult, anstatt endlich mal eine von den knackigen Kolleginnen flachzulegen.«
    Entgeistert starre ich diesen mir völlig fremden Mann an. Meine Gefühle für ihn tendieren urplötzlich gegen null. Doch Tom scheint seine charakterliche Demontage noch immer nicht für beendet zu halten.
    »Weißt du, wie Horst, mein Regisseur, mich nennt? ›Eye Candy‹ für die bügelnde Hausfrau! Angehimmelt von fetten Teenies und ’n paar liebestollen Großmüttern. Mensch, von so einem Image kannst du glatt impotent werden!«
    Plötzlich springt er auf, steigt auf seinen Stuhl und breitet bedeutungsvoll die Arme aus. »Wozu ist der Mensch auf der Welt?«, deklamiert er. »Um zu sterben! Und was heißt das? Rumhängen und Warten.«
    Sein gutturales Lachen macht mir etwas Angst.
    »Na, weißt du, von dem das ist?«, fragt er mich und blickt erwartungsvoll in meine Richtung.
    Aber ich zucke nur mit den Schultern, denn ich habe keine Ahnung, was gerade in ihm vorgeht.
    »Charles Bukowski! Mensch! So viel Bildung muss doch einfach sein!« Voller Begeisterung stampft er mit seinem Fuß fest auf dem Stuhl auf. Beide, Stuhl und Mann, schwanken bedenklich. Aber Tom lässt sich nicht beirren. »Das ist ein richtiger Kerl! So einer lässt sich nicht auf halbe Sachen ein.« Er breitet erneut die Arme aus. »Die Sonne ist eine zerbröselte Möse!«
    Fassungslos stehe ich in der Mitte meiner Küche, und es dämmert mir allmählich, dass ich jetzt tun muss, was jeder vernünftige Mensch in so einer Situation tun würde: mich den Rest des Tages ohne Sinn und Verstand betrinken!

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    24.
     
     
     
    K önnen Sie sich vorstellen, wie sauer ich war! Da steigt der Typ am Ende des Abends einfach zu einer anderen ins Auto!«
    »Tja, dumm gelaufen«, erwiderte Blitzi ungerührt. »Warum bist du ihm denn nicht hinterhergefahren und hast ihn zur Rede gestellt?«
    Der Lolita-Verschnitt namens Püppi schaute ihn voller Entrüstung an. »Also das … das ist unter meiner Würde.« Dann schien ihr auf einmal aufzugehen, dass Blitzi tatsächlich von der Presse war. Vertraulich lehnte sie sich zu ihm herunter: »Sie können übrigens gerne du zu mir sagen.«
    Die hellblonde Püppi war ein Fotomodell. Nachnamen hatte sie keinen. Dafür war sie eine dieser typischen Giraffen, die dem 1,72 Meter großen Blitzi immer gehörig auf den Senkel gingen. Frauen, die über 1,85 Meter groß waren, sollten seiner Meinung nach aus dem Verkehr gezogen werden. Das war doch nicht schön, wenn man denen penetrant auf den zumeist gepiercten Bauchnabel stieren musste. Und auf vom Aufblicken ausgerenkte Halswirbel hatte er noch weniger Lust. Außerdem war Püppi viel zu jung für Blitzis Geschmack. Er schätzte, dass sie noch keine zwanzig war.
    Kein Wunder, dass der Schneider noch so spät in der Nacht auf diese Victoria Leenders umgesattelt hatte. Die gefiel ihm – zumindest den Fotos nach – persönlich auch viel besser als diese spindeldürre Riesin. Nur, wie hatte Schneider das angestellt? Hatte er die kleine Leenders schon vor seinem Date mit dieser Püppi dorthin bestellt?

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