Wie ich Brad Pitt entführte
Lief das Ganze vielleicht schon länger? Oder war es eine – zugegebenermaßen – extrem unwahrscheinliche Zufallsbekanntschaft? In beide Szenarien kam die kleine Leenders nicht gut weg. Welche selbstbewusste, hübsche Frau ließ sich denn derart als Chauffeur missbrauchen? Oder schleppte um vier Uhr morgens einen ihr völlig unbekannten Mann ab? Obwohl: Menschen – insbesondere die der weiblichen Sorte – konnten beim Anblick eines Promis manchmal komplett ausrasten und Dinge machen, die ihnen sonst nicht im Traum eingefallen wären. Blitzi hatte da so seine Erfahrungen gemacht. Trotzdem blieb eine Frage offen: Was hatte Victoria Leenders um vier Uhr morgens vor dem »Blue Champagne« zu suchen?
»Noch mal zum Mitschreiben, Püppi. Ihr habt also im ›Le Moissonier‹ gegessen und seid dann noch ins ›Heising & Adelmann‹ auf einen Drink gegangen. Danach …«
»Einen Drink? Na ja, ich habe wirklich nur einen Appletini getrunken. Aber Tom hat sich komplett die Birne zugedröhnt.«
»Wie meinst du das?«
»Tom war sternhagelvoll. Ich habe zwar nicht mitgezählt, aber so fünf bis sechs Mojitos und genauso viele Kölsch waren es bestimmt. Deshalb habe ja auch ich das Taxi besorgt und nicht er!«
»Trinkt der Typ öfters so viel?«
Für ihre Mutanten-Größe zuckte Püppi erstaunlich anmutig mit den Schultern.
»Keine Ahnung. Das war ja das erste Mal, dass wir zusammen aus waren.« Sie lächelte Blitzi an. »Und so wie’s ausgegangen ist, wird es wohl auch das letzte Mal sein.«
»Und außer euch und dem Porsche war sonst niemand auf der Straße?«
»Nee, ich glaube, an der nächsten Ecke stand noch so eine Frau rum … Du weißt schon, was für eine …« Püppi wurde tatsächlich rot. Sie war eben wirklich noch arg jung, dachte Blitzi verblüfft.
»Okay, aber ansonsten war dort niemand?«
»Nein. Warum ist das so wichtig?«
»Ach, nur so. Und in dem Porsche gegenüber vom ›Blue Champagne‹ saß tatsächlich eine junge Frau und ist gemeinsam mit Tom weggefahren?«
»Das habe ich vermutet. Aber es war dunkel. So genau wollte ich mir das auch gar nicht ansehen.«
»Ist dir an dem Porsche noch irgendetwas Besonderes aufgefallen?«
»Also, er war schwarz. Und das Nummernschild fing an mit ›K-V‹ und endete mit einer zweistelligen Nummer. Aber das habe ich doch schon alles der Polizei erzählt!«
Blitzi, der eben noch über das »K-V« (V wie Victoria) frohlockt hatte, fiel vor Schreck fast der Glimmstängel aus dem Mund. »Wie meinst du das … der Polizei?! Was hat die denn damit zu tun?«
»Tja, das weiß ich auch nicht. Ich habe diese Woche eine kleine Rolle in ›Südstadt‹ gespielt. Mein Manager meinte, es wäre gut, wenn ich mir neben dem Modeln noch ein zweites Standbein … Na ja, so habe ich Tom ja überhaupt erst kennengelernt. Und als er dann am nächsten Morgen nicht am Set auftauchte, wollten natürlich alle von mir wissen, was an diesem Abend so gelaufen ist. Da habe ich dann dem Regisseur gesteckt, was sein Hauptdarsteller für ein Ars…, ähm …, Widerling ist. Aber dass der gleich die Polizei verständigt … das konnte ich ja nicht wissen.«
»Und was hast du der Polizei erzählt?«
Püppi lächelte verträumt. »Dieser Kommissar sah so was von süß aus. Mit dem sollte ich mal weggehen!«
»Püppi, nicht wem, sondern WAS hast du der Polizei erzählt?«
Ihre kornblumenblauen Augen schimmerten.
»Na, genau das Gleiche wie dir.«
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25.
N icole tippte gerade die letzten Zeilen des Berichts über ihre Durchsuchung von Hagedorns Wohnung in den Computer. Wie hieß diese Galerie noch mal, aus der alle diese Gemälde stammten? Sie blinzelte müde und konsultierte ihr Notizbuch. Ah, da stand es: Galerie K. Przelomski. Na, das war ja mal ein Zungenbrecher. Wie man das wohl aussprach? Egal, morgen würde sie der Galerie auf jeden Fall mal einen Besuch abstatten. Allmählich füllte sich ihre To-do-Liste! Sie musste auch noch die zwei anderen Hagedorns in Dortmund anrufen, Frau Mehlmann-Larsen zwecks DNA-Entnahme auf die Wache bitten, die großen Anwaltsbüros nach einer Spur von Hagedorns Arbeitsplatz durchforsten und beim Marienburger Golfklub vorbeischauen. Aber zunächst wollte sie Petersen von ihrem erstaunlichen Fund in Hagedorns Wohnung berichten.
Doch ihr Boss war anscheinend immer noch beschäftigt. Seine Bürotür war zu. Das bedeutete, dass er eine Besprechung hatte. Leider war Max auch nicht zugegen. Sonst hätte sie ihm davon erzählt.
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