Wie ich Brad Pitt entführte
belehrt. »Die ganze Leenders-Seite der Geschichte bauen wir dann erst ganz, ganz langsam mit ein! Maximale Spannung! Am Schluss sollten die beiden dann am allerbesten heiraten.«
Blitzi hatte von der Bodenschwingh kurz angeblickt, um zu überprüfen, ob er mit ihm einer Meinung war.
»Na ja, ich weiß nicht, ob ich das meinem Kunden schmackhaft machen kann. Eigentlich hängt er ja sehr an seinem Junggesellenleben.«
»Ach, papperlapapp. Das braucht doch nur so eine einmonatige Kurzehe à la Dieter Bohlen zu sein. Oder vielleicht reicht auch schon was Rituelles. So ein Buddhismus-Dingsda am Strand. Auf jeden Fall ein Knaller-Höhepunkt!«
»Is klar, Boss«, hatte der dickliche von der Bodenschwingh gescherzt. »Und wie geht’s jetzt weiter?«
»Morgen muss ich mir mal Schneiders Wohnung anschauen, ob sie für eine gute Homestory taugt, und dann recherchiere ich mal die Familie Leenders.«
Und genau damit würde er jetzt anfangen. Voller Elan sprang Blitzi aus dem Bett. »Kaaasi! Wo bleibt mein Kaffee?!«
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28.
Freitag, 11.15 Uhr
M it Tränen in den Augen renne ich durch den Supermarkt und haue einfach alles, was mir in den Weg kommt, in den Einkaufswagen. Ich stand praktisch schon mit einem Bein im Kittchen. Dieser verräterische Therapeut! Für seine völlig nutzlosen Versuche, meine verkorkste Psyche wieder geradezubiegen, hatte mein Vater ihm ein halbes Vermögen gezahlt. Und als Dank dafür verpfeift er mich bei der erstbesten Gelegenheit an die Bullen. Das konnte ja wohl alles nicht wahr sein. Ich hatte die Therapiestunde zum ersten Mal vorzeitig abgebrochen. War einfach aufgestanden und rausgerannt. War ja jetzt auch egal. Im Knast brauchte ich keine Therapie und auch kein Geld von meinem Vater. Da würde sich ja vielleicht auch mal meine Mutter erbarmen.
Dann war mir Toms blöder Einkaufszettel eingefallen! Also bin ich von Dr. Meyers Praxis extra zu Edeka auf die andere Rheinseite nach Porz gefahren, wo mich garantiert keiner kannte. Außerdem hatte ich mir zur Tarnung meine XXL-Prada-Sonnenbrille vors Gesicht gesteckt. Da blieben nur noch wenige Zentimeter Haut unbedeckt. Vielleicht sollte ich noch zum Friseur und mir die Haare abschneiden?
Mit zittrigen Händen zahle ich (in bar, damit meine Kreditkarte nicht verfolgt werden kann) und schmeiße die vier vollen Einkaufstüten auf meinen Beifahrersitz. Völlig erschöpft sinke ich hinterm Lenkrad zusammen. Wie sollte das jetzt alles weitergehen? Tom saß in meiner Wohnung, der Kommissar wahrscheinlich davor. Sein »Na, man sieht sich« bekam natürlich so eine ganz andere Bedeutung. Haha! Der Kommissar hatte einen Witz gemacht. Wie lustig!
Jetzt mal ganz ruhig. Was hatte der eigentlich gegen mich in der Hand? Okay, ein von mir entführter Fernsehstar hielt sich in meiner Wohnung auf, aber war der inzwischen nicht freiwillig da? Ich musste Tom unbedingt dazu bewegen, nach Hause zu gehen, dann konnte mir das Psychogebrabbel von Psychosen-Meyer auch nicht mehr schaden. Genau, Tom musste gehen, und wenn nötig musste er eben mit vorgehaltener Pistole dazu ermutigt werden. Papas Revolver konnte ich ja jederzeit wieder aktivieren. Wäre doch gelacht, wenn ich Tom nicht vor die Tür bekäme.
Voller Elan schließe ich die Fahrstuhl-Haustür auf und stolpere fast über drei riesige Koffer, die fein säuberlich aufgereiht den Weg durchs Foyer blockieren.
Räumte Tom in meiner Abwesenheit die Wohnung leer? Ich stakse über die Koffer, immer noch die Einkaufstüten in der Hand.
»Tom?«
»In der Küche«, schallt es sonor zurück.
Mann, ist es wirklich erst vierundzwanzig Stunden her, dass ich ALLES dafür gegeben hätte, seine Stimme zu hören?
Ich stemme die Küchentür mit meiner Schulter auf. Tom lehnt an meinem Küchentresen und sieht fantastisch aus: Die frisch geduschten blonden Haare und sein leicht gebräuntes Gesicht harmonieren perfekt mit der hellen Cordhose und dem beigefarbenen Kaschmirpulli. Trotz allem, was vorgefallen war, war ich seinen Reizen gegenüber ganz offensichtlich immer noch nicht immun. Er sieht außerdem um einiges entspannter und zufriedener aus, als ich es bisher gewohnt war. Konnte es nicht doch noch was mit uns werden? Jetzt, wo das Suchtproblem aus der Welt war? Ich hatte ihn ja noch nicht einmal geküsst. Vielleicht würde ich ihn doch noch bis heute Abend dabehalten oder bis …
»Also, das ist sie, die Entführerin?« Blitzschnell drehe ich mich in die Richtung, aus der die mir völlig
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