Wie ich Brad Pitt entführte
Handbewegung zu lösen.
»Im Ernstfall hast du nur wenige Sekunden Zeit, da dieser Griff die lebenswichtige Blut- und Sauerstoffzufuhr zu deinem Gehirn unterbindet«, klärt er mich auf.
Aha! So ist das also. Ich versuche, es ein paar Mal genauso zu machen, wie er es gerne hätte, aber jedes Mal, wenn er auch nur ein bisschen Kraft anwendet – selbstverständlich ohne meinen Hals zuzudrücken –, kann ich seine Finger nicht einen Millimeter von meinem Hals wegbewegen. Benninger misst schließlich muskulöse 1,89 Meter und ich gerade mal tennisgestärkte 1,72 Meter.
»Okay, so geht’s nicht«, muss er sich selbst eingestehen. »Versuch mal, mir deinen Ellenbogen in die Nase zu rammen«, heißt seine nächste Anweisung.
Aber das klappt leider ebenso wenig. Ich muss mich auf die Zehenspitzen stellen, um seine Nase überhaupt mit meinem Ellenbogen zu erreichen, und kann so nicht mit genügend Schwung ausholen, ohne die Balance zu verlieren. Mein »Angreifer« lässt kurzzeitig von mir ab und denkt nach. Wenigstens quetscht er mich nicht weiter über Tom aus, denke ich mit Genugtuung.
»Wir probieren es mit Judo«, ist das Ergebnis seiner Reflexion. Jetzt wird’s vertraulicher zwischen uns, denn der Kommissar packt mich fest an beiden Schultern und drückt mich an sich. Hm, komisches Gefühl. Und dann … verhakt er blitzschnell sein Knie hinter meinem, und im nächsten Moment lande ich weich – weil sanft von ihm abgebremst – auf der Gymnastikmatte. Nicht übel, der Trick! Aber schwieriger, als ich gedacht habe. Nach ungefähr zehn Probewürfen, bei denen sich Benninger – wahrscheinlich zu meiner Ermutigung – mehr fallen lässt, als dass er von mir geworfen wird, gelingt es mir tatsächlich, ihn zu Boden zu bringen.
Geschmeidig wie eine Raubkatze springt er wieder auf seine Beine und lächelt mir zu: »Gut gemacht, Vicki!«
Okay, können wir jetzt bitte zum gemütlicheren Teil des Nachmittags übergehen, fragen meine leicht schmerzenden Glieder. Aber dem ist leider nicht so.
Als Nächstes kommt der Zweifinger-Augenausquetscher ins Spiel. Zu diesem Zweck biegt der Kommissar meinen Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand etwas auseinander und bittet mich, damit in Richtung seiner Augen zu zielen. Aber für so was habe ich einfach zu viel Fantasie. Jedes Mal, wenn sich meine Finger seinem Gesicht auch nur ansatzweise nähern, wird mir bei der Vorstellung, seine Augen mit meinen Fingern auszustechen, so schlecht, dass ich wegzucke. Was ihm verständlicherweise nicht so gut gefällt.
»Du musst es wirklich wollen«, weist er mich zurecht, um sich dann aber schließlich doch geschlagen zu geben. »Okay, dann versuchen wir jetzt mal den Hoden-Kniekick«, meint er etwas ermattet. Wahrscheinlich hat er sich das Ganze nicht so schwer vorgestellt. Ich nehme mir fest vor, ihn bei Laune zu halten und nicht weiter zu enttäuschen.
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59.
K IND! ICH HABE MIR JA SOLCHE SORGEN GEMACHT!«
Nicole hielt sich das Handy etwas weiter weg von ihrem empfindlichen Ohr. Sie hatte gerade noch mal über alles, was ihr dieser Reporter gestern gesteckt hatte, nachgedacht und war so tief in Gedanken versunken, dass sie, ohne auf das Display zu schauen, das klingelnde Telefon beantwortet hatte.
»Mama«, sagte sie beschwichtigend, aber ihre Mutter war bereits zu sehr in Fahrt, um sich noch bremsen zu lassen.
»ICH HÄTTE FAST EINEN HERZINFARKT BEKOMMEN!«
Ihre Mutter war gesund wie ein Ochse, aber sie drohte immer gerne mit ihrem bald anstehenden gesundheitlichen Verfall, dabei war sie gerade mal zweiundfünfzig Jahre alt.
»WEISST DU EIGENTLICH, WIE OFT ICH BEI DIR ANGERUFEN HABE?«
»Mama, ich musste arbeiten. Ich …«
»IMMER NUR ARBEITEN, AUF DIESE WEISE WIRST DU NIEMALS EINEN ANSTÄNDIGEN MANN ABBEKOMMEN. WEISST DU, NICOLE, DU WIRST AUCH NICHT JÜNGER, FRÄULEIN!«
»Mama, ich bin siebenundzwanzig Jahre alt!
»IN DEINEM ALTER HATTE ICH SCHON EIN ZWEIJÄHRIGES KIND!«
Auf das du keinen Bock hattest und es deshalb immer bei deinen Eltern abgegeben hast, dachte Nicole resigniert. Aber sie blieb stumm.
»HAST DU WENIGSTENS MAL BEI DIESEM KONRAD ANGERUFEN? DER SUCHT NÄMLICH NACH EINER FRAU.«
»Mutter, ich gehe nicht mit jemandem aus, nur weil der eine Frau sucht. Und schon gar nicht mit dem dicken Konrad. Da kann der noch dreimal der Sohn von deiner Freundin Uschi sein.«
»JETZT KOMM MIR ABER NICHT KOMISCH, FRÄULEIN. SOLCHE ANSPRÜCHE KANNST DU DIR MIT DEINEM AUSSEHEN NICHT LEISTEN!«
»Mami,
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