Wie ich nach Santiago de Compostela ging und ganz woanders ankam
Cizur Menor wird heute Fiesta gefeiert, und es hält mich nichts im Bett, ich bin zu neugierig. Auf der Plaza ist eine Bühne aufgebaut, eine Band spielt sich ein und in einer der Rummelbuden sind die Gewinne kleine Gläser mit lebenden Fischen. Der ganze Ort scheint auf den Beinen zu sein, um tanzende Cabezudos zu bestaunen, die von Musikanten mit Trommeln, Flöten und Dudelsäcken durch die Straßen begleitet werden. Junge Männer tragen diese mehrere Meter hohen Großkopfpuppen mit Gesichtern von Don Quijote, Sancho Pansa, einer hässlichen Alten und einer jungen Frau. Wir stellen uns zwischen Hunderte von Kindern und ihren Eltern an den Straßenrand, um das Spektakel anzusehen, als es chaotisch wird: Kinder kreischen, heulen, fliehen panisch vor plötzlich in der Menge erscheinenden mannshohen wandelnden Köpfen. Als wäre ihr furchterregendes Aussehen nicht schlimm genug, jagen sie die Kinder, wackeln hinter ihnen her und versuchen sie mit Stoffsäckchen zu prügeln. Die Kleinen klammern sich verstört und schreiend an ihre Mütter, die Größeren machen es sich zur Mutprobe die Köpfe zu ärgern. Alles brüllt und rennt, die Stimmung schwankt zwischen Übermut und Panik. Wir amüsieren uns und wüssten gern, was der Sinn der tollen Jagd ist.
Den Abend verbringen wir im Garten unter Palmen, hören Musik aus den Straßen, planen für den morgigen Tag. Schaffen wir 24 Kilometer nach Puente la Reina mit leichten Rucksäcken? Die Alternative wären sechzehn Kilometer mit Gepäck bis zur ersten Übernachtungsmöglichkeit. Wir fühlen uns beide besser und wollen die lange Strecke wagen.
Als Maja erschöpft schlafen geht, bleibe ich noch ein Stündchen in diesem Zaubergarten, schreibe Tagebuch, genieße das Nichtstun. Ein freundlicher deutscher Radfahrer bringt mir einen Teller voller Melonenschnitze und lädt mich ein, zu seiner vergnügten Gruppe zu kommen, doch ich möchte lieber allein sein. Bei mir bleiben, meine Gedanken fließen lassen. Jetzt sitze ich hier mit Fieber und fühle mich trotzdem gut; wo sind die Schmerzen der letzten Monate? Das Gehen fällt mir leicht, meine Füße sind heil, ich habe keinen Spannungskopfschmerz, weder Nacken noch Hüften tun weh. Mein sonst so empfindlicher Rücken trägt den Rucksack ohne Probleme. Unglaublich. Was ist mit mir los? Still schmunzelnd lege ich meine Beine hoch und freue mich — das Leben fühlt sich gerade gut an.
Stell dir bitte diese Veränderung vor! Nach der langen Zeit des Jammerns und Leidens!
Ich bin glücklich ins Bett gegangen, trotz meines Fiebers, habe mich ganz dieser Freude überlassen und herrlich geschlafen.
Was konnte mich noch stören?
Tränen
Cizur Menor — Puente la Reina > 24 km
Was für ein schöner Platz! Den Rücken an der sonnenwarmen Wand der Herberge oberhalb Puente la Reinas, den Blick über die bewaldete Hügellandschaft, hinter der die Sonne versinkt — kann es mir besser gehen, obwohl ich mich immer noch krank fühle? Wohlig müde genieße ich die Ruhe nach diesem ereignisreichen Tag, schreibe Tagebuch, trinke Tee. Meine Erschöpfung habe ich mir redlich verdient, heute habe ich viel geleistet: 24 Kilometer Fußweg trotz Fieber und Erkältung. Neben mir lehnen meine Schuhe zum Trocknen an der Wand, im Wind weht die Wäsche. Bald wird es warmes Essen geben, dann kann ich zufrieden mit mir ins nette kleine Zimmer schlafen gehen.
Auch heute waren wir die Letzten. Nur die Frau mit dem geschwollenen Knie lag noch im Bett, sie durfte ausnahmsweise eine weitere Nacht bleiben, um sich auszukurieren. Das Packen war einfach, Sweatshirts und Jacken zogen wir wegen des Regens und der Morgenkühle an, Verpflegung und die Apotheke kamen in den Rucksack, alles andere in den großen Plastiksack. Es war eine Labsal, so wenig Gewicht auf die Schultern zu heben!
Ein wenig traurig haben wir den schönen Garten verlassen, wären gern noch hier geblieben, doch glücklicherweise waren wir nicht krank genug, um die Weiterreise zu verschieben. Gestern hatte mir das ruhige Gehen gut getan, und wenn heute mein Energiefluss wieder in Schwung kommt, kann es mir nur besser gehen.
Der kleine Ort lag bald hinter uns und wir konnten die nebelverhangenen Berge vor uns nur erahnen, doch bald stieg der Weg zwischen abgeernteten Stoppelflächen und matschig verregneten Sonnenblumenfeldern an. In graue Einöde. Nur selten überholten uns andere Pilger, und erst nach fast zwei Stunden tauchte aus der Nässe ein halbverfallener Ort auf. Ein alter Mann vor
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