Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie ich Rabbinerin wurde

Wie ich Rabbinerin wurde

Titel: Wie ich Rabbinerin wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisa Klapheck
Vom Netzwerk:
Deutschland gehalten habe.
    1998 ist auch das Jahr, in dem der
Egalitäre Minjan
und der
Gleichberechtigte Gottesdienst
von der Repräsentantenversammlung eine eigene Synagoge innerhalb der Jüdischen Gemeinde zugesprochen bekommen. Symbolischerweise befindet sich diese im
Centrum Judaicum
– einem Betraum, der bei den Wiederaufbauarbeiten für künftige jüdische Berlin-Touristen in der dritten Etage eingerichtet, jedoch nie benutzt worden ist. Gesa Ederberg, die bald ihr Rabbinatsstudium in Jerusalem beginnen wird, und andere, darunter auch ich, entwickeln regelmäßigeGottesdienste, die nunmehr jeden Freitagabend und Samstagmorgen stattfinden. Die Synagoge zieht viele neue Mitglieder an und ist von den sieben offiziellen Gemeindesynagogen heute die drittgrößte.
     
    Nach
Galut 2000
und
Davka
würden nun auch wir – Lara Dämmig, Rachel Herweg und ich – ein weiteres Zeichen der Erneuerung setzen: eine bislang historisch einmalige jüdisch-feministische Tagung europäischer Rabbinerinnen in Berlin. Warum eine feministische Tagung? Weil der jüdische Feminismus der letzten 30   Jahre neue inhaltliche Schwerpunkte geschaffen hat, in denen unserer Meinung nach entscheidende Keime einer Erneuerung stecken.
     
    Aber wen würden wir einladen?
     
    Eins kommt zum anderen. Bea Wyler macht uns auf eine Rabbinerin der konservativen Richtung aufmerksam, die in Moskau arbeitet: Jane Kanarek. Am
Leo Baeck College
wird uns eine russische Rabbinatsstudentin empfohlen, die gerade ihr praktisches Jahr in einer neu gegründeten Reformgemeinde
Cheled Simcha
(»Welt der Freude«) in der weißrussischen Hauptstadt Minsk absolviert: Nelly Kogan (später: Shulman). In Budapest hat eine ungarische Rabbinerin namens Katalin Kelemen die Reformgemeinde
Szim Salom
(»Schenke Frieden«) gegründet. In Prag ist die Rabbinatsstudentin Katka Novotná in der gleichfalls noch nicht lange existierenden Gemeinde
Bejt Simcha
(»Haus der Freude«) aktiv. In Paris lebt die Rabbinerin Pauline Bebe. ln Deutschland lehrt Eveline Goodman-Thau, die bald von einem orthodoxen Rabbiner ordiniert und danach in der Wiener Gemeinde
Or Chadash
(»Neues Licht«) tätig sein wird. In London wirken gleich mehrere Rabbinerinnen wie etwa Sybil Sheridan, Sylvia Rothschild und Elizabeth Tikvah Sarah.
    Wir wissen inzwischen von der historischen Existenz von Regina Jonas, der ersten Rabbinerin der Welt, die in den 20erJahren in Berlin an der »Hochschule für die Wissenschaft des Judentums« studiert hat und 1944 in Auschwitz ermordet worden ist. 1935 hat sie der liberale Rabbiner Max Dienemann in Offenbach ordiniert. Erst seit kurzem wissen wir, dass nach Regina Jonas noch eine zweite deutsche Jüdin Rabbinerin geworden ist: Daniela Thau. Auch sie hat in Berlin gelebt und in den 80er Jahren am
Leo Baeck College
in London studiert. Da sie jedoch keine Chance auf eine Anstellung in einer Gemeinde in Deutschland gehabt hat, ist sie in England geblieben. Schon vor der Tagung laden wir sie zu den hohen Feiertagen –
Rosch Haschana
und
Jom Kippur
– nach Berlin ein. Im Laufe unserer Recherchen erfahren wir jedoch noch von einer dritten deutschen Jüdin, die Rabbinerin geworden ist: Margit Baumatz. Sie stammt aus Breslau, ist nach ihrer Flucht aus Nazi-Deutschland die erste Rabbinerin in Lateinamerika geworden und leitet heute eine konservative Gemeinde in Buenos Aires.
    Aber wir brauchen gar nicht so weit zu gehen. In Berlin singt Avitall Gerstetter im Chor der Synagoge Pestalozzistraße. Sie hat sich autodidaktisch große Teile der Liturgie des Kantors beigebracht – und ist zu diesem Zeitpunkt langsam, aber sicher auf dem Weg, selber Kantorin zu werden. Und noch eine Kantorin lebt in Berlin: Mimi Sheffer, die Frau des neu angestellten Kantors der Synagoge Pestalozzistraße, hat zuvor als Kantorin in New York gearbeitet.
    Je weiter unsere Recherchen gedeihen, desto größer wird das europaweite Netz von Rabbinerinnen und Kantorinnen. Wir fassen unsere Definition etwas weiter, weil Frauen unserer Generation kaum eine Chance gehabt haben, sich allein schon die Möglichkeit, Rabbinerin zu werden, vorzustellen – und beziehen auch »rabbinisch gelehrte Jüdinnen« mit ein. Der Kreis wächst und wächst. Und mit ihm lernen wir all die neuen Initiativen und Gruppen kennen, die sich seit 1989 an verschiedenen Orten in Europa gebildet und sich einer Erneuerung jüdischen Lebens verschrieben haben. Es gibt uns – aber kaum jemand kennt sich gegenseitig. In Amsterdam lehrt

Weitere Kostenlose Bücher