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Wie ich Rabbinerin wurde

Wie ich Rabbinerin wurde

Titel: Wie ich Rabbinerin wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisa Klapheck
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Judith Frishman rabbinische Literatur. Dort hat Wanya Kruyer dieunabhängige Erneuerungsgemeinde
Beit ha’Chidush
(»Haus der Erneuerung«) gegründet. In Basel hat sich
Ofek
(»Horizont«) gebildet, wo Valérie Rhein eine der tragenden Säulen ist. In Wien gibt es
Or Chadash
(»Neues Licht«) mit Eleonore Lappin und Esther Egger-Rollig als treibenden Kräften. In Frankfurt am Main sind Susanna Keval und Petra Kunik in der
Kehilla Chadascha
(»Neue Gemeinde«) und dem späteren
Egalitären Minjan
aktiv. In Warschau bemühen sich Helena Datner, Bella Szwarcman und Grazyna Pawlak um eine Erneuerung jüdischen Lebens.
    Im Mai 1999 laden wir schließlich zu einer Tagung mit 20   Referentinnen in die Jüdische Gemeinde zu Berlin ein. In unserer Einladung schreiben wir unter anderem: »Frauen stehen gleichberechtigt mit Männern auf der
Bima
. In diesem Jahrzehnt hat eine faszinierende Entwicklung im europäischen jüdischen Leben stattgefunden. Zunehmend üben Frauen wichtige Kultusfunktionen aus. Schon jetzt amtieren Rabbinerinnen in Städten wie London, Paris und Oldenburg genauso wie in Moskau, Minsk und Budapest. Was bedeutet dies für die jüdische Tradition und Überlieferung? Wie verschieben sich ihre Inhalte, welche Themen treten in den Vordergrund, welche neuen Herausforderungen stellen sich?«
    Lange diskutieren wir über den Titel der Tagung –
Bet Debora
. In unserer späteren Dokumentation werden wir dies im Editorial so beschreiben: »›Debora ist gut!‹ – Sie war Richterin, sie war Prophetin, sie war eine militärische Führerin. Aber sehen wir uns als ihre ›Töchter‹ oder als ihre ›Schwestern‹? Eben hatte Rachel vorgeschlagen, unserer Tagung den Namen ›Deboras Töchter‹ zu geben. Aber warum bezeichnen sich Frauen so oft in biologischen Linien? Ist unser Thema nicht viel größer – geht es nicht um den Geist – um Schülerinnen – um eine Schule – um einen Ort, den wir schaffen wollen? So wie die Schule von Hillel? – ›Bet Debora!‹, rief Rachel. – Ja! Ein ›Bet‹ – ein Haus, ein Ort der Begegnung und des Lernens. Ein geistiges Zentrum, das neue Ideen in die Welt trägt.«
     
    Zum Wochenende des 13. bis 16.   Mai 1999 reisen 200 jüdische Frauen und Männer aus 16   Ländern nach Berlin, um an der ersten Tagung von
Bet Debora
teilzunehmen. Für die meisten ist es die erste Begegnung mit Gleichgesinnten aus anderen Ländern. Bewusst haben wir auch Referentinnen der älteren Generation eingeladen, um eine Brücke zwischen der Zeit vor der
Schoa
und heute zu schlagen. Ich habe herausgefunden, dass noch zwei ehemalige Studentinnen der »Hochschule für die Wissenschaft des Judentums« am Leben sind: Shoshana Ronen, die Tochter des Professors Ismar Elbogen, sie lebt heute in Israel, und Ilse Perlman, sie lebt in New York. Außerdem hat Lara Kontakt zu Hanna Hochmann, die in den 30er Jahren einen Jugendgottesdienst in der Liberalen Synagoge Norden in Berlin-Prenzlauer Berg geleitet hat. Die alten Damen, die in gewisser Weise mit der einstigen Blüte jüdischen Lebens in Berlin abgeschlossen haben, erleben auf dieser Tagung, wie eine jüngere Generation das einstige moderne Judentum, zu dem auch die Gleichberechtigung der Frau gehört, sechzig Jahre nach der
Schoa
wieder aufgreift.
    Der Große Saal des
Centrum Judaicum
ist ein Teil der früheren Frauenempore der Neuen Synagoge – der einzige Teil des Hauptraumes, der den Krieg überstanden hat. Durch das mutige Einschreiten des Polizeireviervorstehers, Wilhelm Krützfeld, der mit gezückter Waffe die SA vertrieben hat, ist die Synagoge im November 1938 nicht niedergebrannt, jedoch bei einem Bombardement 1943 zerstört worden. Wenn wir 200   Tagungsteilnehmerinnen aus den Fenstern des Großen Saales schauen, sehen wir auf einen großen, leeren Platz mit grauen Kieselsteinen, auf dem damals die eigentliche Synagoge gestanden hat. 3000   Menschen haben hier Gottesdienste gefeiert. Ganz entfernt, am Ende des Platzes, sehen wir ein paar in der großen Leere schmächtig und verloren wirkende Säulen in einem Halbrund – dort hat früher der Tora-Schrein gestanden.
    Während der Tagung halten wir immer wieder Gottesdienste im Großen Saal. Verschiedene Rabbinerinnen und Kantorinnen sollen »Kostproben« ihres Könnens bieten. Schon beimersten
Barchu
, bei dem man sich in Richtung Jerusalem verbeugt, wird uns gewahr, dass wir uns jetzt, 60   Jahre nach der
Schoa
, auf der Frauenempore wieder in Richtung des einstigen

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