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Wie im Film

Wie im Film

Titel: Wie im Film Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Julian
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einem kleinen Tisch nieder, der gerade frei wurde. Eine Kellnerin kam beinahe umgehend und nahm ihre Bestellung auf. Am Tisch neben ihnen saß ein anderes Männerpärchen und sie waren so augenscheinlich schwul, dass sich Daniel beinahe wie ein Spießer vorkam. Für Leute, die dennoch etwas schwer von Begriff waren, trug der größere von beiden ein schwarzes T-Shirt, auf dem die Buchstaben G A Y für eine nachhaltige Klärung der Fronten standen. Der andere wirkte wesentlich femininer. Er trug einen Cowboyhut, der mit rosafarbenen Pailletten beklebt war. Die beiden turtelten so offenkundig, dass einige junge Frauen, die ihnen schräg gegenübersaßen, immer wieder verstohlen zu ihnen sahen und kicherten.
    „Ich war lange nicht aus“, sagte Eric, sein Fuß stampfte im Rhythmus der harten Beats.
    „Ich war zur letzten Weihnachtsfeier hier. War ganz nett. Wir haben sogar Karaoke gesungen.“
    „Was, hier kann man Karaoke singen?“, fragte Eric interessiert. „Ja, aber erst später, wenn die anderen Gäste so betrunken sind, dass sie nicht panisch das Lokal verlassen.“ Daniel grinste breit. „Was hast du denn gesungen?“, erkundigte sich Eric.
    „Ah, das war ... True Blue von Madonna.“
    „Ein echter Oldie.“
    „Ich hätte auch etwas von Abba singen können, aber ich hatte mehr Lust auf Madonna.“
    „Wissen deine Kollegen eigentlich, dass du schwul bist?“, fragte Eric interessiert.
    Daniel zuckte mit den Schultern. „Ich habe nie drüber gesprochen. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass mein Chef es weiß. Und auch die Kollegen, mit denen ich oft zusammenarbeite.“
    „Ist einer von denen auch schwul?“
    „Nein, zumindest sind fast alle verheiratet und haben Kinder. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass sie ein Problem mit mir haben. Ich bin wirklich superglücklich mit dem Job und ich hoffe, dass ich irgendwann fest dort arbeiten kann.“
    „Ja, das wäre klasse, wenn es dir dort gut gefällt und die Leute locker sind. Ich kann mir vorstellen, dass sich so was in einem Job wie deinem auch ganz anders gestalten könnte.“
    Daniel sah Eric fragend an, und dieser erläuterte: „Na, wenn viel körperlich gearbeitet wird, gibt es sicher auch Heten, die am Rad drehen würden, wenn sie mit einem Schwulen so eng zusammenarbeiten müssen.“
    Daniel nickte nachdenklich. „So hab ich das noch nie gesehen. Aber klar, du hast recht. Je nach Arbeit kommen meine Kollegen und ich uns ziemlich nah. Ich habe nie darüber nachgedacht, dass das einem von denen unangenehm sein könnte. Aber wie gesagt, die sind alle schwer in Ordnung.“
    „In der Baumschule meines Vaters war ein Auszubildender, der ist mir vom Tag meines Outings an dermaßen aus dem Weg gegangen, dass ich mir vorkam, als hätte ich Lepra oder so. Dabei hatte ich mich nur meinem Vater gegenüber geoutet. Tja, er hat das wohl nicht so ganz für sich behalten können. Jedenfalls war an eine Zusammenarbeit gar nicht mehr zu denken. Das war eine ziemlich ätzende Zeit. Und ich glaube nicht, dass ich je noch mal nach außen zeige, dass ich auf Männer stehe, wenn ich irgendwann wieder einen Job habe.“
    „Ich verstehe den Gedanken, und wie gesagt, ich gehe auch nicht damit hausieren, aber ich würde es auch niemals dementieren, wenn die Sprache darauf käme. Man kann sich auf Dauer nicht selbst verleugnen. Ich versuche das teilweise meinen Eltern zuliebe, obwohl ich mich frage, ob die Liebe da nicht ein wenig auf der Strecke bleibt, wenn man gezwungen ist, zu lügen; oder besser gesagt, die Dinge, die einem etwas bedeuten und die einen ausmachen, zu verbergen.“
    Daniel hatte gegen den Technosound so laut anbrüllen müssen, dass seine letzten Worte ganz heiser klangen. Doch Eric schien ihn verstanden zu haben, denn er griff nach Daniels Hand und küsste sie. Fasziniert von Erics Lippen spürte Daniel, wie ein erotisierendes Kribbeln seinen Körper durchlief. Eines stand jedenfalls fest. Wenn einer seiner Kollegen auch nur halb so gut aussähe wie Eric, dann wäre es Essig mit relaxtem nebeneinander Arbeiten, denn dann würde sein Overall vermutlich zu oft eine Ausbuchtung im Schritt präsentieren, die Daniels Jeans jetzt leidlich verbarg. Er rutschte ein wenig auf dem Sitzpolster umher, um eine bequemere Position zu finden. Und nun zeigten diese himmlisch blauen Augen auch noch, dass sie ihn sehr wohl durchschaut hatten. Eric lächelte, und Daniel wusste nicht genau, ob es wirklich unbewusst war, als Eric sich über die Lippen leckte. Er strich

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