Wie im Film
der Gabel zerteilte, erläuterte sie: „Du hast mir doch gesagt, dass du jetzt malst.“
Als er immer noch verwirrt schaute, fügte sie an: „Als ich dich auf dem Handy angerufen hatte — letzte Woche, als du vergessen hast, dass du zu uns kommen wolltest.“
Daniel versuchte den Ärger gemeinsam mit etwas Rotkohl hinunter zu schlucken, bevor er erwiderte: „Ich habe nicht gesagt, dass ich male. Ich habe nur gesagt, dass ich etwas im künstlerischen Bereich machen wollte. Und ich habe dir gesagt, dass es sich zerschlagen hat.“
„Im künstlerischen Bereich. Erst dieser Gärtnerkram und jetzt das auch noch“, schnaubte sein Vater plötzlich und sah ihn missbilligend an, bevor er mit knurrender Stimme fortfuhr: „Ich habe mich zeit meines Lebens abgerackert. Ich kann nicht verstehen, warum du nicht daraus gelernt hast und einen Beruf, wie dein Bruder gewählt hast. Statt in einem gemütlichen Büro zu sitzen, wühlst du im Dreck. Und jetzt malst du auch noch, als würde das auch nur einen Cent einbringen.“
Daniels Stimme wurde harscher. „Ich male nicht! Wie oft soll ich das denn noch sagen?“
„Aber du wühlst im Dreck!“
„Ich arbeite als Gärtner. Pflanzen wachsen nun einmal in der Erde ... also ja ... wenn du so willst, dann wühle ich im Dreck! Aber ich fühle mich dabei keineswegs dreckig ... nicht so, wie du es hinstellst!“
„Dein Vater meint es doch nur gut“, warf seine Mutter ein. Der Sauerbraten schmeckte plötzlich nur noch halb so gut, und wenn das Gespräch weiter in solchen Bahnen verlief, würde Daniel von dem zarten Fleisch am Ende noch schlecht werden.
„Lasst mich mein Leben so führen, wie ich es für richtig halte“, sagte er ruhig.
Stille entstand und Daniel nahm sich vor, sie nicht als belastend ... nicht als Vorwurf zu empfinden — obwohl es genau das war. „Thomas möchte, dass du der Pate seines zweiten Kindes wirst“, sagte Daniels Mutter schließlich.
Er sah sie einen Moment lang überrascht an, dann murmelte er: „Warum sagt er mir das nicht selbst?“
„Oh, das wird er! Es soll eine Überraschung sein“, erwiderte seine Mutter.
Daniel zog die Augenbraue hoch. „Dann hättest du es mir vielleicht nicht sagen sollen“, bemerkte er trocken.
Sie sah Hilfe suchend zu ihrem Mann. Daniels Vater funkelte ihn wütend an. „Deine Mutter versucht doch nur, zwischen euch zu vermitteln.“
Nun runzelte Daniel die Stirn. „Was gibt es denn zwischen uns zu vermitteln? Thomas und ich haben kein Problem.“
Die Stimme seiner Mutter klang nun etwas beleidigt und zugleich drängend. „Es geht nur darum, dass du alleine zur Taufe kommen sollst. Leona ist jetzt immerhin schon vier und geht in den Kindergarten.“
Es dauerte etwas, bis Daniel die Informationen erfasst und die richtigen Rückschlüsse gezogen hatte, was seine Mutter ihm eigentlich sagen wollte.
Er legte Gabel und Messer sorgfältig auf den Teller. Es war nicht gut, irgendetwas in der Hand zu haben, was auch nur ansatzweise als Waffe durchgehen konnte.
Daniel wählte seine Worte bedacht, doch seine Stimme konnte nicht über seine Wut hinweg täuschen.
„Das geht doch gar nicht von Thomas aus. Es ist eure Angst, dass eure vierjährige Enkeltochter, die in den hiesigen Kindergarten geht, lauthals verkünden könnte, dass ihr Onkel Daniel mit einem Mann an seiner Seite zur Taufe ihrer kleinen Schwester erschienen ist.“ Er sah nun seine Mutter anklagend an und fuhr fort. „Es ist, weil ich dir erzählt habe, dass ich verliebt bin. Du hast Angst, dass es etwas Ernstes sein könnte. Etwas, das ich nicht als einen Flirt in der Stadt auslebe, sondern mit hierhin bringe. Hier, in dieses Dorf, in dem sich alle die Mäuler über euch zerreißen, wenn ich in Begleitung eines Mannes zu einer Familienfeier auftauche.“
Er ließ einen Moment verstreichen. Keiner der beiden antwortete ihm, und dies war Antwort genug. „Ich habe etwas entschieden“, sagte er dann ruhig, „Genau das werde ich tun! Ich werde mit ihm zur Taufe kommen. Wenn Thomas das nicht möchte, dann soll er mich ausladen und einen anderen Taufpaten suchen. So einfach kann das Leben manchmal sein.“
Mit diesem letzten Satz nahm er sein Besteck wieder auf und gab vor, in Ruhe weiter zu essen. Sein verkrampfter Magen würde ihm später mitteilen, was er von der Aktion hielt.
Daniels Mutter hingegen brachte keinen Bissen mehr hinunter. Die Vorstellung, dass Daniel das Angekündigte in die Tat umsetzen würde, schien ihr jeglichen Appetit
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