Wie im goldenen Kaefig
geschäftlich unterwegs war und sie leider nicht abends zur Besichtigung kommen konnten. Sie fand selbst, dass sich ihre Stimme erstaunlich ruhig und ganz normal anhörte.
Wilf nahm die Absage nicht übel. “Ruft einfach durch, sobald ihr einen neuen Termin vereinbaren wollt”, sagte er. “Das Haus läuft nicht weg. Bis dann.” Er legte auf.
Das Haus nicht, aber ich, dachte Marianne.
Sie starrte das Telefon an, als wäre es für ihre Entscheidung verantwortlich, und zuckte zusammen, als es plötzlich klingelte. Der Anrufbeantworter schaltete sich ein, und sie hielt den Atem an.
Eine ihr unbekannte Männerstimme sagte: “Mrs. Buchanan? Mrs. Marianne Buchanan? Ich habe eine wichtige Nachricht für Sie.”
Sie zögerte, nahm dann aber doch ab. “Hier spricht Marianne Buchanan.”
“Sie kennen mich nicht, Mrs. Buchanan”, sagte die etwas schmierige Stimme.
“Ich bin mit Liliane de Giraud befreundet. Ist Ihnen bekannt, dass sie eine Affäre mit Ihrem Mann hat?”
„Ja.“
“Oh.” Ihre Antwort verblüffte ihn offenbar. Er fuhr etwas zögernd fort:
“Eigentlich war ich heute Abend mit Liliane verabredet, aber sie hat mich darüber informiert, dass unsere Beziehung zu Ende ist und sie sich mit Ihrem Gatten in einem Hotel in Stoke aufhält. Ich dachte, Sie sollten das wissen.”
“Vielen Dank”, entgegnete Marianne ruhig, obwohl sie anfing zu zittern, als er die Wahrheit so unverblümt aussprach. “Guten Abend.”
Sie legte auf, während er noch weiterredete. Diesmal vergaß sie nicht, gleich wieder abzunehmen und den Hörer neben das Telefon zu legen.
Dann packte sie einen Handkoffer mit dem Allernötigsten: Make-up, Wäsche zum Wechseln, Pullover, Rock, Kulturbeutel. Sie wollte nichts nehmen, das Zeke ihr gekauft hatte, aber ein paar Dinge brauchte sie eben doch.
Ihren Abschiedsbrief hinterließ sie auf dem teuren Briefpapier, das ihr eine Tante zu Weihnachten geschenkt hatte:
Du hast Deine Wahl getroffen, und ich will Dich nie wieder sehen. Unsere Rechtsanwälte werden sicher die nötigen Schritte einleiten. Was mich betrifft, ist unsere Ehe zu Ende.
Marianne
Sie faltete den Briefbogen zusammen und lehnte ihn gegen den Spiegel des Schminktisches, wo Zeke ihn sehen musste, sobald er das Schlafzimmer betrat.
Dann schlüpfte sie in einen Mantel, nahm den Koffer und ihre Handtasche und trat in den Flur. Nachdem sie sich kurz etwas verwirrt umgesehen hatte, ging sie entschlossen zur Tür und verließ das Apartment. Diesmal drehte sie sich nicht um.
3. KAPITEL
Welch ein himmelweiter Unterschied! Trotz allem amüsiert über ihre Lage, sah Marianne sich in dem schäbigen möblierten Zimmer um, das sie in Hackney gemietet hatte.
Am Vorabend war sie vom Apartment direkt in ein kleines Hotel in der Nähe umgezogen. Erstaunlicherweise war sie sofort eingeschlafen und hatte morgens erst gar nicht gewusst, wo sie war. Und dann war es ihr wieder eingefallen.
Sie hatte sich tiefer in das bequeme Hotelbett gekuschelt und festgestellt, dass sich durch die ungestörte Nachtruhe einiges geklärt hatte. Jetzt wusste sie, dass sie nichts aus ihrer Ehe mitnehmen wollte. Sollte Zeke doch sein Geld, das Auto, das er ihr geschenkt hatte, und die Juwelen behalten. Zweifellos würden die Leute sie für verrückt halten, aber das war ihr egal. Sie wollte nichts, absolut gar nichts, von ihm. Doch diese Entscheidung stellte sie sofort vor Probleme, da sie von irgendetwas eine Unterkunft und Essen bezahlen musste, bis sie wusste, was sie mit dem Rest ihres Lebens anfangen wollte. Mit einem Leben ohne Zeke.
Bei diesem Gedanken war sie in Tränen ausgebrochen und hatte über eine Stunde lang geweint, bis sie sich gefangen und ihre Fassung wiedererlangt hatte.
Sie hatte geduscht, sich angezogen, ihr Haar gebürstet und dann ihren Vater angerufen.
Er hatte beim ersten Klingeln abgenommen, und sie hatte gespürt, dass er sich am Rande eines Nervenzusammenbruchs befunden hatte. “Annie! Gott sei Dank.
Wo bist du? Zeke ist ganz verrückt vor Sorge.”
“Zeke? Hat er dich angerufen?”
„Ja, natürlich. Was hast du denn erwartet, wenn du einfach so verschwindest.
Er ist bei mir … “
Nach einer kurzen Pause fragte eine vertraute Stimme: “Marianne? Wo bist du?”
Zeke! Sie war so schockiert, dass ihr fast der Hörer aus der Hand fiel. Ihr Herz pochte wie wild, und sie brachte kein Wort heraus.
“Marianne? Bist du noch dran? Sag doch was”, bat Zeke mit heiserer Stimme.
“Ich habe mir solche Sorgen
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