Wie im goldenen Kaefig
gemacht, seit ich gestern Abend nach Hause gekommen bin und deine Nachricht gelesen habe. Was ist denn nur passiert, dass du so etwas tust?”
Was passiert ist? Seine Scheinheiligkeit machte sie so wütend, dass der Schock nachließ. “Liliane de Giraud ist passiert. Geht dir ein Licht auf? Deine kleine Freundin in Stoke.“
Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann sagte er hastig: “Ich kann alles erklären.”
“Das brauchst du nicht, Zeke. Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben.”
“Das meinst du doch nicht ernst. Jetzt werde nicht hysterisch. “
“Ich bin nicht hysterisch. Tatsächlich kann ich zum ersten Mal seit Monaten wirklich klar denken. Ich will die Scheidung.”
“Nur über meine Leiche.”
“So wie ich mich im Moment fühle, arrangiere ich das gern”, erwiderte sie wütend und ohne nachzudenken.
Der Satz hatte gesessen. Zeke war schockiert. “Sag mir, wo du bist, Marianne.
Ich hol dich ab, und dann besprechen wir alles.“
„Es ist zu spät zum Reden. Kannst du nicht einmal das verstehen? Willst du bestreiten, dass du Liliane mit nach Stoke genommen hast und ihr zusammen im Hotel gewohnt habt?”
“Ich habe sie nach Stoke mitgenommen, und sie hat im selben Hotel gewohnt.
Aber nicht so, wie du das meinst.”
“Ich bin nicht dumm, also tu nicht so, als wäre ich’s. Du hast die vergangene Nacht mit ihr verbracht.”
“Letzte Nacht habe ich die Straßen nach dir abgesucht und überall dort angerufen, wo du hättest sein können.” Normalerweise hätte sein grimmiger Tonfall sie sofort eingeschüchtert, aber diesmal war es ihr egal, wie wütend er wurde.
“Du bist nach London zurückgekehrt?” fragte sie verwirrt. “Warum denn das?”
“Was glaubst du wohl? Als wir unterbrochen wurden, habe ich sofort versucht, dich zurückzurufen, aber das Telefon war ständig besetzt. Da wusste ich, dass etwas nicht stimmte. Es hätte doch sein können, dass jemand eingebrochen war oder du dich verletzt hattest, dir den Kopf angeschlagen oder so. Also habe ich ein Taxi genommen und bin nach Hause gefahren.”
Wie edel von ihm! “Das muss Lilianes Pläne für den Abend über den Haufen geworfen haben”, bemerkte sie bissig.
“Verflixt, Marianne, hör mir doch zu! Liliane ist mit mir nach Stoke gefahren, weil sie dort auch etwas Geschäftliches erledigen musste, das ist alles. Du bist ja ganz besessen von ihr.”
„Gib mir meinen Vater.”
“Was?”
“Gib mir meinen Vater”, wiederholte sie wütend.
“Erst wenn ich mit dir fertig bin.”
Daraufhin hatte Marianne aufgelegt. Und in den letzten Monaten hatte nichts ihr so viel Genugtuung verschafft wie dieser Akt, erinnerte sie sich jetzt, während sie durch das verschmierte kleine Fenster auf die regennasse, ruhige Nebenstraße blickte. Für den Fall, dass Zeke den Telefonanruf zurückverfolgen ließ, hatte sie schnell ihre Sachen gepackt, bezahlt, das Hotel verlassen und festgestellt, dass der verhangene, regnerische Tag nicht zum Herumlaufen einlud.
Sie hatte einfach den nächstbesten Bus genommen, war in Hackney ausgestiegen und hatte sich in einem kleinen Cafe ein Frühstück bestellt, das sie dann nicht heruntergebracht hatte. Aber immerhin hatte sie an der Pinnwand des Cafes einen Zettel gefunden, dass ganz in der Nähe ein möbliertes Zimmer zu vermieten war. Im ersten Stock, direkt über einem Secondhandladen, der Sachspenden billig für wohltätige Zwecke verkaufte. Und hier saß sie nun.
Sie drehte sich um und ließ den Blick durch den kleinen Raum schweifen. Die Einrichtung bestand aus einem zweisitzigen Sofa, das sich in eine Art Bett verwandeln ließ, einem kleinen Tisch, zwei zerschrammten Stühlen mit geraden Lehnen und einem schmalen Kleiderschrank für eine Person. Den Boden bedeckte ein abgenutztes, verblichenes Stück Teppichboden.
Eine Zimmerecke war durch einen Bambusparavent abgeteilt. Dahinter befanden sich ein alter Gasherd, ein ebenso alter eckiger Ausguss, eine Arbeitsplatte mit einem beschädigten Mülleimer darunter und ein schmales senffarbenes Regal, das etwas Besteck, Geschirr, Küchenutensilien, einen Teekessel und zwei Kochtöpfe enthielt und diverse leere Fächer für Vorräte.
Aber das Ganze ist für Londoner Verhältnisse billig, und darauf kommt es jetzt an, dachte Marianne tapfer und stellte die Gasheizung an, die an der Wand gegenüber dem Sofa angebracht war. Sie hatte noch ihr altes Bankkonto aus der Zeit vor ihrer Ehe, das auf ihren Mädchennamen lief und auf dem ein paar
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