Wie immer Chefsache
wollte.
Frau Berger meldete sich wie in der Schule und begann, als er ihr auffordernd zunickte: »Es gibt ein paar interessante Themen. In der Nähe haben wir eine Gruppe netter Welpen, die jeden Sonntag zusammen spielen. Und eine Züchterin hat angerufen und möchte gerne vorgestellt werden.«
Mattes sagte ernst: »Und im China-Restaurant gibt es jetzt Buffet für 5 Euro.«
Verwirrte Blicke trafen ihn.
Er stöhnte leicht auf: »Jetzt mal richtig, Leute! Welpen gruppe und Züchterin hattet ihr doch alles schon und dafür hat nicht einmal die Rentner-Bingogruppe ihr Spiel für zwei Minuten unterbrochen. Unser Ziel ist nicht ein regionales Käseblatt, in das auf dem Wochenmarkt der Salat eingewickelt wird, sondern ein bundesweites Premium-Magazin. Die ›Vogue‹ im Hundebereich. Da kann nicht mehr die Züchterin Frau Schmitz mit ihrem Hundelaufstall in der Küche die Topstory sein.« Erwartungsvoll blickte er in die Runde, aber es blieb still.
»Wie sieht es mit einem neuen Layout aus?«, fragte er Herrn Plattler, der zu seinem Erstaunen erneut ohne Zigarette am Tisch saß, auch wenn er bei jeder Bewegung den Geruch von abgestandenem Qualm verteilte. Respektierte er das Chefbüro?
Der gefeierte Art Director entnahm seiner Hosentasche zwei nachlässig geknickte Papierblätter, faltete sie knisternd auseinander und schob sie in die Tischmitte.
»Neues Layout«, erklärte er knapp.
Alle starrten auf die Linien und die als farbige Kästen ge kennzeichneten Textblöcke, und nur Tina hatte keine Hem mungen, ein fragendes »Häh?« loszulassen. In Mattes sickerte ganz langsam die Erkenntnis durch, dass er nicht unverständig vor der genialen Design-Idee eines Genies saß, sondern dass der Grafiker ihn offensichtlich verarschen wollte. Der hatte irgendwas zum Thema Layout aus dem Internet gezogen und dachte, ihn damit beeindrucken zu können. Für wie blöd hielt er ihn? Mattes blickte hart zu ihm herüber.
»Schön, Herr Plattler«, sagte er kalt. »Wenn das Ihr Arbeitsniveau ist, wird es für Sie schwer werden. Das, was hier liegt, gibt es in jedem kleinen Blättchen. Ich hatte erwartet, dass Sie mir etwas Neues anbieten. Aber anscheinend verliert man nach einiger Zeit bei Hasso und Fina die Kreativität.«
Herr Plattler guckte ihn regungslos an. Mattes fühlte sich kraftlos. Und jetzt? Sollte er ihn feuern, was mit einer Aufgabe des Magazins gleichkam, weil er der einzige Grafiker war, oder musste er mit seinen Layoutvorschlägen klarkommen? Am besten erst mal eiskalt zurückgucken. Nach endlosen Sekunden brummte Herr Plattler: »Wenn Sie es ernst meinen mit einem neuen Magazin, kann ich andere Sachen entwickeln. Ich hör mir hier an, was Sie vorhaben, und bring’ Ihnen ein Layout, das Sie umwirft.«
»Ich lasse mich gerne umwerfen«, antwortete Mattes.
Anscheinend musste er die komplette Redaktion anschieben. Von denen kam ja gar nichts. Entschlossen und mit fester Stimme zählte er die wichtigsten Punkte seiner eigenen Liste auf, in der Hoffnung, damit die anderen mitzureißen: »Wir machen ganz neue Artikel über Themen, die alle Hundehalter interessieren. Mit großartigen Fotos, die wir zum Teil selber produzieren, zum Teil über Agenturen einkaufen. Und wir brauchen neue Anzeigenkunden. Die richtig großen Firmen. Dann ein neuer Name für das Magazin. Er muss modern und stylisch sein, um nicht nur Tante Mia mit ihrem Dackel als Leser zu bekommen. Ich will außerdem eine Frage-Antwort-Rubrik einführen, mit der wir die Leser an das Magazin binden, weil wir sie mit ihren Problemen ernst nehmen. Und in der Redaktion muss es eine neue Kaffeemaschine geben, damit wir nicht diese abgestandene Plörre trinken müssen. Wer gut arbeitet, hat guten Kaffee verdient. Die Brühe, die ihr hier habt, passt zum Hasso-und-Fina-Blatt.«
Tina meldete sich: »Wir können auch so Sessel in den Flur stellen, damit es gut aussieht und wir uns da setzen können, wenn wir nichts zu tun haben.«
Frau Althoff griff ein: »Keine Sorge, Tina, für dich wird es immer etwas zu tun geben.«
Mit einem tiefen Atemzug lehnte sich Mattes in seinem Chefsessel zurück. Die Chefposition alleine machte es nicht aus. Er musste den Teamgeist wecken, denn nur gemeinsam würden sie etwas auf die Beine stellen können. Was nützte der beste Kapitän, wenn die Mannschaft nicht mitzog und mit hängenden Armen auf dem Deck herumstand? Fast hätte er was »vom Rudern mit der Küste im Blick« gesagt. Seine Mitarbeiter verfolgten regungslos seine
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