Wie immer Chefsache
»Warum gerade Hunde?« Ja, warum eigentlich? Was für eine blöde Frage. Wenn es die Tennisclub-Zeitung gewesen wäre, wäre es eben die geworden. Souverän bleiben!
Mattes grinste verlegen: »Wenn es die Tennisclub-Zeitung gewesen wäre, wäre es eben die geworden.« Scheiße! So ging’s ja gar nicht.
Die Moderatorin lachte herzlich und zeigte eine Reihe perfekter Zähne. »Ich sehe schon, das Heft wird humorvoll, das ist ja auch wichtig. Haben Hundehalter Humor, Herr Reuter?«
Jetzt nichts Falsches sagen. »Ja, Hundehalter haben Humor. Und den brauchen im Park auch die Jogger.«
Wieder lachte Saskia Hoffmann. Sie war schnell zufriedenzustellen, wenn eine Kamera lief, das machte es ein wenig einfacher. Trotzdem spürte er im ganzen Körper Stress. Er musste gut rüberkommen, sonst würde das Magazin nicht verkauft werden.
»Ich habe gehört, Sie haben uns das neue ›doggies live‹ schon mitgebracht, auch wenn es erst am Montag erscheinen wird.«
Oh, das Heft! Das hatte er in dem Chaos, als er die Hand unter seinem Hemd spürte und gleichzeitig an seinen Haaren gezupft wurde, auf einem Stuhl abgelegt. Er sah sie entschuldigend an und bemerkte, dass ihr Blick groß wurde. Aus den Augenwinkeln registrierte er, dass die starren, gelangweilt herumstehenden Personen am Studiorand plötzlich in Bewegung kamen. Die Regieassistentin gab wild wedelnd Handzeichen, die er nicht deuten konnte, die Saskia Hoffmann aber verstand. Sie lächelte in die Kamera, allerdings bemerkte Mattes sofort, dass sie nicht mehr so natürlich fröhlich wirkte, und sagte: »Ich höre gerade, dass das Heft noch nicht da ist, aber ich hoffe, dass es gleich nachgereicht wird.« Vor ihnen wuselten aufgeschreckte Mitarbeiter herum, hinter der Scheibe sah er den Regisseur gestikulieren, und seltsamerweise fiel plötzlich alle Anspannung von ihm ab. Es war nicht seine Aufgabe, für einen reibungslosen Ablauf der Sendung zu sorgen. Die Verantwortung hatten die anderen übernommen, und wenn Saskia Hoffmann ihr Titelbild noch in die Kamera halten wollte, mussten sie sich beeilen. Er wandte sich an sie und konnte auf einmal entspannt lächeln: »Wir können uns in der Zwischenzeit ja über den Inhalt des Magazins unterhalten!« Sie wirkte aus dem Konzept gebracht und nickte verwirrt. Mattes suchte kurz nach der Kamera mit dem Rotlicht, stand auf und ging langsam darauf zu. So etwas hatte er immer schon mal machen wollen, und er dachte dabei kurz an seine Mutter, die ihm seit Jahren in den Ohren lag, dass er vor eine Kamera gehöre. Wenn sie ihn jetzt sehen könnte! Obwohl – besser nicht.
»Es geht natürlich um Hunde. Aber auch um ihre Halter. Wie schön es zusammen ist, was man miteinander erleben kann und wo es Probleme gibt.«
Er zwinkerte locker in die Kamera, und das war nicht mal gespielt, denn er fühlte sich wirklich wohl. Moderator beim ›Aktuellen Sportstudio‹, das wär wirklich kein schlechter Beruf gewesen. Lässig ging er weiter auf die Kamera zu. »Unter uns: Wenn Sie einen Hund haben, sagen Sie da nicht auch oft: ›Eigentlich ist er ganz lieb, aber …‹ Und um dieses ›Eigentlich-Aber‹ geht es uns.«
Der Kameramann, der nicht damit gerechnet hatte, dass in dieser Sendung jemand auf ihn zugehen würde, wich hektisch immer weiter nach hinten aus, und seine Kabelhilfe hatte Mühe, die verschlungen liegenden Kabel rechtzeitig aus dem Weg zu räumen. Eine andere Kabelhilfe sprang dazu und half mit. Links winkte die Assistentin weit ausholend und verzweifelt, rechts trugen die vorher arbeitslos herumstehenden Leute eilig ein kleines Tischchen und einige Stühle zur Seite, bevor der immer weiter zurückfahrende Kameramann dagegenknallen würde. Wie die auf einmal springen können, dachte Mattes und genoss die Situation. Langsam und immer mit Blick in die Kamera näherte er sich in einem weiten Halbkreis wieder seinem freien Stuhl, erwähnte die von Mina R., einer anerkannten Hunde-Expertin, geleitete »Ich hätt’ da mal ’ne Frage«-Rubrik und dass es im Magazin alles gäbe, nur keine Berichte über Hundeplätze mit Trainergebrüll. Er setzte sich hin, lächelte charmant der Moderatorin zu, die sichtlich erleichtert war, dass er wieder neben ihr saß, und sagte: »Im Magazin gibt es einen Bericht über sehr exklusives Hundezubehör. Sie haben doch auch einen Hund. Wäre das was für Sie?« Das war ihr Stichwort, und das Magazin hatte ihr inzwischen auch jemand gereicht. Saskia Hoffmann hob es hoch, und die vorbeifahrende
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