Wie immer Chefsache
war?«, brummte Peter und nickte: »Die Zettel sind alle weg.«
»Dann warst du schneller als ich. Das kann ich kaum glauben«, bohrte Mattes nach.
Peter grinste zufrieden. »Ich habe arbeiten LASSEN. Einfach einer Gruppe Kinder die Dinger in die Hand gedrückt und gesagt, wer als Erster alle verteilt hat, bekommt einen Euro. Die haben keine Viertelstunde gebraucht. Und mich hat es genau einen Euro gekostet.«
Erst eine halbe Stunde nach der vereinbarten Zeit kamen Tina und Nadine zum Auto zurück. Mattes war unruhig: »Leute, ich habe heute Abend den Termin in der Show von Saskia Hoffmann. Wir müssen dringend zurück!«
Tina maulte: »Das war voll anstrengend. Und wir sollten doch erst wiederkommen, wenn alle Zettel weg sind.«
Mattes scheuchte sie ins Auto und stellte richtig: »Die Vorgabe war: alle Zettel bis vier Uhr verteilt zu haben. In fünf Minuten wäre ich gefahren, und dann hättet ihr hierbleiben können mit euren Dalmatinerkostümen.«
»Uah, voll peinlich!«, rief Tina, während Mattes schon aufs Gas trat.
So schnell es im beginnenden Nachmittagsstau möglich war, kurvte Mattes zur Redaktion zurück. Er zwängte sich hastig aus seinem Dalmatiner-Outfit und wusch sich am Wasch becken die Farbreste aus dem Gesicht. In einer halben Stunde sollte er allerspätestens im Fernsehstudio sein, und für die Fahrt brauchte er schon mindestens sechzig Minuten. Er würde zu spät kommen und das bei seinem ersten Auftritt vor einer Kamera. Hoffentlich hatten sie im Studio eine großzügige Wartezeit einkalkuliert. Hektisch rieb er mit dem Handtuch über das Gesicht. Hatte auf den Farben nicht gestanden, dass sie problemlos mit Wasser zu entfernen waren? Wieso saßen überall noch weiße Farbreste? Schnell überlegte er, was er zum Fernsehsender mitnehmen musste. Autoschlüssel. Was noch? Im Flur stand Peter Plattler, noch immer als Dalmatiner verkleidet, und hielt ihm den Andruck des neuen Magazins hin. »Ah, das war’s!«, rief Mattes, griff danach und rannte los. Ab zum Auto und auf die Autobahn. Mit quietschenden Reifen bog er eine gute Stunde später auf den Parkplatz des Senders ein und wurde von einer am Eingang ungeduldig wartenden »Hi, Sie sind spät dran, ich bin Kerstin« empfangen und gleich in die Maske gebracht. Beim eiligen Gang durch das Gebäude stellte er eine zunehmende Enttäuschung bei sich fest. Das war eines der berühmten Fernsehstudios? Es sah alles so piefig aus wie in einer Behörde. Linoleumböden, Grünpflanzen in Plastikkübeln voller Hydrokulturkörner und Leute, die über die Gänge eilten und auf den ersten Blick auch bei der Stadtverwaltung hätten arbeiten können. Er hatte Chaos, Künstler und einen Hauch von Hollywood erwartet.
»Kann man bei euch auch einen Personalausweis verlängern lassen?«, fragte er seine Begleitung, die ihn verwirrt anblickte und sich mit offenbar null Komma null Verständnis für seinen Humor erkundigte: »Als Requisite, oder was?«
»Nee, schon gut.«
Sie schob ihn in ein kleines Zimmerchen, in dem eine Maskenbildnerin mit knallroten Strähnchen in den kurzen Haaren einladend auf einen Stuhl vor einer beleuchteten Spiegelfläche zeigte.
»Sie sind die Hundezeitung?«, fragte sie und legte ihm einen Plastikkragen um.
»Kann man so sagen«, bestätigte Mattes und nickte zur gleichen Zeit zustimmend, als eine andere Frau im Hintergrund »Kaffee?« fragte. Die roten Strähnchen leuchteten im Schminklicht, als würden sie gleich explodieren. Die Maskenbildnerin lächelte.
»Ich hab auch einen Hund. Freddy heißt er. Moment, ich hol mal ein Bild.«
Ergeben sah Mattes zu, wie sie in ihrer großen Tasche kramte und ihm dann ein leicht unscharfes Foto präsentierte, auf dem ein langhaariger Hund von schräg hinten fotografiert war, der mit seinem Kopf über einem Napf hing.
»Das ist Freddy«, stellte sie vor und erklärte: »Beim Fressen in der Küche.« Sie starrte verzückt auf das Foto. »Ist das nicht süß, wie er da steht und ihm die Ohren ins Essen hängen?«
Mattes räusperte sich: »Wenn er von vorne so gut aussieht wie von hinten, kann ich Sie nur beglückwünschen. Aber ich muss gleich vor die Kamera, und da würde ich auch gerne gut aussehen. Von vorne und von hinten.«
»Sie sind aber auch spät dran«, tadelte die Maskenbildnerin, lehnte Freddy gegen den Spiegel und strich Mattes die Haare aus dem Gesicht. Plötzlich stutzte sie und betrachtete irritiert seinen Haaransatz:
»Da ist Farbe drin.«
»Ja, ich war verkleidet«,
Weitere Kostenlose Bücher