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Wie Inseln im Strom

Wie Inseln im Strom

Titel: Wie Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O`Brien
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griff nach ihrer freien Hand, als sie damit ausholte. Er stoppte sie mitten im Schlag, drückte sie kurz und führte sie an ihre Brust.
    Sie wehrte sich bis zum letzten Moment, doch dann gab sie auf und ließ zu, dass er ihre Finger auf die blaue Seide drückte.
    “Genau dort”, erklärte er leise, seine Hand noch immer auf ihrer. “Würde ich dich begehren, Lacy, würde ich dort angreifen. Dort, wo früher einmal dein Herz gesessen hat.”

3. KAPITEL
    N ach Adams Besuch war Lacys Arbeitstag praktisch zu Ende. Selbst die einfachsten Aufgaben fielen ihr schwer. Sie probierte alle bewährten Tricks, um ihre Gedanken an Adam auszublenden, aber keiner davon funktionierte. Immer wieder, selbst bei einem Arbeitsessen, selbst mit Babys auf dem Arm oder während sie mit Tilly die Einnahmen der Auktion durchging, musste sie an diesen Mann denken.
    Daran, wie seine Hand sich an ihrer Brust angefühlt hatte. Wie er sie eine Heuchlerin genannt hatte. Wie bei einer kaputten Schallplatte hörte sie andauernd die Verachtung in seiner Stimme, als er ihr vorwarf, kein Herz mehr zu haben.
    Vielleicht hatte er sogar recht. Sie hoffte es. Herzen taten weh. Herzen brachen, und die Splitter schnitten einen von innen in Stücke.
    “Lacy, würdest du bitte auf die Erde zurückkehren und für mich diese Beträge zusammenzählen. Du weißt doch, dass ich Zahlen hasse.”
    Lacy lächelte Tilly zu. “Entschuldige”, sagte sie und nahm ihr den Computer-Ausdruck aus der Hand. Für richtige Ergebnisse konnte sie allerdings nicht garantieren. Aber sie würde es versuchen.
    Tilly trommelte mit den Fingern auf dem Schreibtisch, während Lacy die Ziffern in den Taschenrechner tippte. Nach etwa einer Minute stand die alte Lady auf, stellte sich vor den Spiegel und rückte ihre weiße Perücke zurecht. Dann murmelte sie etwas Unverständliches, ließ sich auf die Couch sinken und blätterte geräuschvoll in einer Zeitschrift.
    Lacy tippte schneller, denn sie wusste, dass ihre Freundin bald die Geduld verlieren würde.
    “Ich habe Hunger”, verkündete Tilly keine fünf Minuten später und setzte sich wieder in den Sessel vor Lacys Schreibtisch. “Heute Abend haben wir das Bankett mit den potenziellen Spendern, also wird es spät werden, bis wir wieder etwas zu essen bekommen.” Vorwurfsvoll zeigte sie auf den Taschenrechner. “Können wir diesen Unsinn nicht auf morgen verschieben? Lass uns in die Cafeteria gehen. Kara hat mir erzählt, dass es heute sündhaft leckere Schokoladentorte gibt.”
    Lacy sah nicht auf. “Du darfst keine Schokoladentorte essen”, sagte sie. “Denk an deinen Blutzucker.” Sie machte sich keine Sorgen. Tilly hatte nicht vor, die Torte zu essen. Sie tat nur so. Das war ihre Art, sich gegen die Krankheit zu wehren, die vor sechzig Jahren bei ihr festgestellt worden war. Damals war sie dreiundzwanzig gewesen, eine wilde Schönheit, die gerade den Pilotenschein gemacht hatte – etwas, das junge Frauen in ihren Kreisen zu der Zeit einfach nicht taten. Seitdem hatte sie nur als Passagier fliegen dürfen. Das Schicksal mag es nicht, wenn jemand zu viel Spaß hat, pflegte sie immer zu sagen.
    “Ich finde, sie sollten zuckerfreie Schokoladentorten backen”, meinte Tilly und klopfte verärgert mit einem Bleistift gegen Lacys Schreibtischkante. “Die können doch nicht so tun, als würden nur junge Menschen zählen! Es gibt viele Leute, die keinen Zucker essen dürfen! Weißt du, wie viele Diabetiker es derzeit in diesem Land gibt?”
    “Nein. Und du auch nicht. Du hasst Zahlen, schon vergessen?” Seufzend schaltete Lacy den Taschenrechner aus und sah ihre Freundin an. Jetzt, da die Spendenkampagne auf vollen Touren lief, hatten Tilly und sie nur selten einen ruhigen Moment zusammen. Daher beschloss sie, die Gelegenheit zu nutzen.
    Sie musterte ihre Freundin aufmerksam, denn sie wollte nicht riskieren, dass Tilly explodierte. Tilly hatte ein Leben lang ihr Image als Exzentrikerin kultiviert und dabei die Fähigkeit verloren, ihre Gefühle im Zaum zu halten – wenn sie diese Fähigkeit überhaupt jemals besessen hatte.
    “Weißt du, Tilly”, begann sie vorsichtig. “Früher oder später werden wir beide über den Privatdetektiv reden müssen.”
    Tilly warf ihr einen trotzigen Blick zu, wie sie es jedes Mal tat, wenn Lacy es wagte, dieses brisante Thema anzusprechen. “Nein, das werden wir nicht.”
    “Doch, das werden wir. Er wartet seit einem Monat darauf, dass ich ihm sage, wie er weitermachen

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