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Wie Inseln im Strom

Wie Inseln im Strom

Titel: Wie Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O`Brien
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Nähe des Spielplatzes, der zur Kinderstation gehörte. Tilly murrte zwar ein wenig, aber es war ein milder Frühsommernachmittag, und Lacy sehnte sich nach frischer Luft.
    Ganz offensichtlich war sie nicht die Einzige, denn auf der Terrasse war es fast so voll wie im Inneren der Cafeteria. Sie hatten Glück, nach kurzer Suche fanden sie einen freien Tisch. Kurz darauf entdeckte Tilly eine alte Freundin und ging hinüber, um mit ihr zu plaudern. Lacy blieb sitzen, schloss die Augen und hielt das Gesicht in die Sonne.
    Sie hoffte inständig, dass niemand sie ansprechen würde. Das Bankett am Abend würde anstrengend werden, und sie brauchte ein wenig Ruhe. Wie es aussah, würde Adam Kendall wohl kein Geld für den Anbau spenden, deshalb würde sie sich bei den Gästen des heutigen Abends besonders viel Mühe geben müssen. Ein kleines Nickerchen wäre einfach herrlich …
    Das Glück meinte es nicht gut mit ihr. Kaum hatte sie in ihre Birne gebissen, da fiel ein Schatten auf den Teller. Sie presste die Serviette auf den Mund, hob den Kopf und brachte ein höfliches Lächeln zustande, ohne die Lippen zu öffnen.
    Großartig. Ausgerechnet Jennifer Lansing, die Vorsitzende des Geschichtsvereins von Pringle Island, die sich am liebsten lang und breit über die Stammbäume sämtlicher Familien ausließ – was Lacy naturgemäß immer nervös machte. Denn Lacys Stammbaum war nach Jennifers Maßstäben kaum mehr als ein Strauch, noch dazu ein ziemlich struppiger.
    Im Moment war das Verhältnis zwischen den beiden Frauen besonders angespannt. Der Geschichtsverein wollte ein Museum bauen, und Jennifer warb bei genau den Leuten um Spenden, deren Unterstützung Lacy für den Ausbau des Krankenhauses brauchte. Sie gingen höflich miteinander um, aber ihre Rivalität war Thema bei jedem Abendessen in der Stadt.
    “Lacy, meine Liebe.” Jennifer wartete, bis Lacy sich den Mund abgewischt hatte, und küsste die Luft neben ihrer Wange. “Was für ein wunderbarer Zufall, dass wir uns treffen! Es gibt da etwas, das ich unbedingt wissen muss!”
    Lacy lächelte. Aha, dachte sie. Jennifer wollte etwas von ihr. Das war nichts Neues. Sie zog die Augenbrauen zu einem höflich fragenden Ausdruck hoch, kaute jedoch nicht schneller.
    “Es geht um Adam Kendall”, begann Jennifer mit gesenkter Stimme und Verschwörermiene. “Er ist dort drüben und spielt mit Jason Basketball. Du meine Güte, sieh nicht hin, Lacy!”
    Aber es war zu spät. Wie von selbst war Lacys Blick dorthin gezuckt, wo der Basketballkorb für die jungen Patienten und ihre Besucher hing. Adam? Hier?
    Sie schluckte ein viel zu großes Stück Birne herunter. Ja. Genau hier. Er hatte sein Jackett und das Hemd ausgezogen, trug nur ein T-Shirt über den feinen Hosen und hatte Jennifers fünfzehnjährigem Sohn gerade den orangefarbenen Ball abgejagt. Geschmeidig bog er sich nach hinten, hob die Arme über den Kopf und beförderte seine Beute in den Korb. Die Flugbahn war perfekt, und der Ball berührte kaum das Netz, als er hindurchfiel. Selbst Jason jubelte bewundernd, und die beiden klatschten einander in die Hand.
    Einen atemlosen Moment lang fragte Lacy sich, ob sie einen Zeitsprung gemacht hatte. Früher hatte sie viele Stunden damit verbracht, ihm bei dem Sport zuzusehen, den er so sehr liebte. Dass der Coach ihn nicht in die Schulmannschaft aufgenommen hatte, war grausam gewesen – aber mit einsfünfundachtzig war Adam einfach nicht groß genug, um den Nachteil seiner armen Herkunft auszugleichen. Wäre er einsneunzig gewesen, hätte die Schule ihm den Sportdress gestellt und geflissentlich ignoriert, dass er keine Eltern besaß, die einen finanziellen Beitrag leisten konnten.
    Es war hart für ihn gewesen – eine von zahllosen bitteren Pillen, die er als einziges Kind eines arbeitslosen Alkoholikers schlucken musste.
    Aber von der alten Verbitterung war jetzt bei ihm nichts mehr zu merken, auch wenn der mit einem goldenen Löffel im Mund geborene Jason Lansing das blauweiße Trikot trug, das Adam sich damals so gern übergestreift hätte. Lachend kämpften die beiden athletischen Männer um den Ball und genossen jede Sekunde.
    Adam. Lacy spürte, wie ihr Herz immer schneller schlug. Er sah so jung, so lebendig … so glücklich aus. Sein Körper war so durchtrainiert wie vor zehn Jahren. Unter dem T-Shirt zeichneten sich die Muskeln ab, und die schmalen Hüften kreisten locker, als er nach links antäuschte, sich wegduckte und seinen Gegner auf der rechten Seite

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