Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie Inseln im Strom

Wie Inseln im Strom

Titel: Wie Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O`Brien
Vom Netzwerk:
besten Führungen ab, die er je erlebt hatte. Von exotischen medizinischen Fachausdrücken bis zu den Raten der Säuglingssterblichkeit in verschiedenen Bundesstaaten, von geschätzten Quadratmeterzahlen bis zu möglichen Finanzierungsmodellen hatte sie sämtliche Fakten parat, sodass ihm keine Frage einfiel, wenn sie ihn höflich lächelnd anschaute.
    Nur eine brannte ihm die ganze Zeit auf der Seele. Wann bist du so geworden, Lacy? Erinnerst du dich daran, dass du damals im Warenhaus des alten Morgan zu schüchtern warst, um den Kunden ins Gesicht zu sehen, wenn du ihnen ihr Wechselgeld zurückgabst?
    Aber natürlich fragte er sie das nicht. Er kannte die Antwort. Nein. Sie erinnerte sich nicht daran.
    Sie machte ihn mit Ärzten und Verwaltungsdirektoren bekannt. Und sogar mit einigen Patienten. Jedes Mal entschuldigte sie sich dafür, dass sie sie störte. Aber das war gar nicht nötig, denn Mrs. Malcolm Morgan war ganz offensichtlich überall willkommen. Adam entging nicht, wie zwei besonders attraktive Gynäkologen fast eine Schwester umrannten, um Lacy ‘zufällig’ über den Weg zu laufen.
    Fünfundvierzig Minuten später endete die Führung in einem großen Konferenzraum, an dessen getäfelten Wänden edel gerahmte Bauzeichnungen hingen. Auf dem riesigen Mahagonitisch stand ein Modell des geplanten Anbaus.
    “So soll es aussehen”, erklärte Lacy. “Entworfen von Prescher und Osteen. Vielleicht erinnerst du dich – sie sind seit Generationen die besten Architekten von Pringle Island.”
    “Ich erinnere mich.” Er trat an den Tisch und schnippte eine tote Fliege aus der Miniatur-Gartenanlage. “Wie geht es dem guten alten Biff? Hat sein Daddy ihn zu einem Schönheitschirurgen geschickt, damit er die Delle in seiner Nase loswird?”
    Selbst das brachte sie nicht aus der Fassung. Sie war gut. Aber vielleicht war es gar nicht gespielt. Vielleicht wusste sie wirklich nicht mehr, warum er Biff Prescher nach dem Basketballtraining die Nase gebrochen hatte – hinter der Sporthalle und vor den Augen des kompletten Teams.
    “Biff geht es gut”, antwortete sie. “Er lebt in Seattle, mit seiner Frau und vier Kindern. Seine Nase habe ich seit Jahren nicht mehr gesehen. Biffs Vater hat das Krankenhaus gebaut. Du erinnerst dich sicher an Mr. Prescher?”
    Adams Finger zuckten unmerklich, als er die geschwungenen Linien des winzigen Parkplatzes nachzog. “Nein. Irgendwie sind wir uns im Country Club nie begegnet. Und er ist auch nie in mein Büro hinter der Sporthalle gekommen, um sich die Nase richten zu lassen.”
    Sie zog die Augenbrauen hoch, nicht ruckartig, sondern langsam. Und dann streckte sie den Arm aus und berührte seinen Handrücken mit einer Fingerspitze. Für ihn war das nur ein weiterer Beweis dafür, wie gefühllos sie geworden war. Er wartete.
    “Wirklich, Adam”, sagte sie tadelnd, ganz die distanzierte Freundin oder mitfühlende Fremde und nicht die Frau, die er einmal geliebt hatte.
    “Wirklich was, Lacy?” Er sah ihr in die Augen.
    “Es ist nur … Ich finde deine Böse-Buben-Nummer etwas übertrieben.” Sie klopfte auf seine Knöchel. “Siehst du? Keine Spuren von Gewalt. Ich würde sagen, diese Hände haben schon sehr lange keine Nase mehr gebrochen.”
    Er lächelte. “Vielleicht habe ich nur meine Technik verbessert.”
    Sie schüttelte den Kopf. “In dem Anzug? Wohl kaum. Das alles haben wir hinter uns, Adam, und …”
    Er drehte seine Hand um und hielt ihre fest. Sie sah so schockiert aus, als hätte sie nach einem Ast gegriffen, der sich als Schlange entpuppte.
    “Mach dir nichts vor, Lacy”, sagte er und beugte sich über das Werk des alten Prescher, ohne darauf zu achten, ob er einen oder zwei Türme umstieß. “Wir haben nichts hinter uns. Ich habe es dir gesagt – das hier ist nur Maskerade. Ob die Taschen nun voll oder leer sind, ich bin noch immer der Mann, der ich war, und ich mag keine Snobs. Oder Heuchler, auch wenn sie noch so aalglatt und hübsch sind.”
    Sie hielt seinem Blick stand, aber es kostete sie einige Mühe. Er sah, wie sie schluckte.
    “Du meine Güte”, begann sie mit sanfter Stimme. “Wie erschreckend machohaft … Muss ich mir einen Helm kaufen, um meine Nase zu schützen?”
    Er betrachtete ihre makellosen Züge. “Nicht nötig”, sagte er schließlich und gab seiner Stimme einen vertraulichen Tonfall. “Bei dir interessieren mich ganz andere Körperteile.”
    Gleich würde sie ihn ohrfeigen. Er sah, wie ihre Augen aufblitzten, und

Weitere Kostenlose Bücher