Wie Inseln im Strom
Kaufhaus, die sich als Lady verkleidete.”
Dieses Mal lächelte Travis nicht. Im Gegenteil. Sein Blick wurde sehr ernst.
“Das klingt verdammt herablassend”, stellte er ruhig fest. “Und ehrlich gesagt, für so versnobt hätte ich dich nicht gehalten.”
Zu ihrer Überraschung tat seine Kritik ihr weh. Richtig weh. Sie hatte keine Ahnung, warum das so war. Normalerweise ging sie abends besonders zufrieden ins Bett, wenn sie jeden, dem sie am Tag begegnet war, gekränkt hatte.
Aber Travis war anders. Für ihn schien sie nicht nur ein sexy Mädchen, ein rebellischer Wirbelwind oder eine Superversagerin zu sein, die ihren Vater zutiefst enttäuscht hätte. Er steckte sie nicht in eine Schublade, sondern akzeptierte sie so, wie sie war, und schien sie trotzdem zu mögen.
Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie auch weiterhin von ihm gemocht werden wollte.
“Du hast recht”, sagte sie schließlich. “Ich weiß wirklich nicht, warum ich das gesagt habe. Mit ist völlig egal, dass sie mal arm war. Ich glaube auch nicht, dass sie Daddy seines Geldes wegen geheiratet hat. Von dem, was sie geerbt hat, gibt sie so gut wie nichts aus. Es ist nur, dass …”
Sie verstummte. Sie hatte Dinge sagen wollen, die sie nie gesagt hatte. Nicht einmal zu sich selbst. Was war mit ihr los?
“Es ist nur, dass es schön gewesen wäre, eine Freundin im Haus zu haben, weißt du?” Sie atmete tief durch und schaute an ihm vorbei. “Ich hätte es sehr gern gehabt, dass sie mich mag. Aber sie mochte mich nicht. Das tut sie noch immer nicht. Und sie wird es auch nie tun.”
Erst jetzt sah sie Travis wieder an. Seine Miene war nicht mitleidig oder wissend, sondern ganz einfach verständnisvoll.
“Ja, so war es, schätze ich.” Gwen zuckte mit den Schultern. “Keine große Sache. C’est la vie, richtig? Du solltest nur wissen, dass es nicht um Geld ging.”
“Okay. Zur Kenntnis genommen.” Er lächelte. “Also … willst du Lehrerin werden?”
Der abrupte Themenwechsel verwirrte sie. Sie legte die Stirn in Falten. “Was?”
“Ich habe gefragt, ob du Lehrerin werden willst. Der Animationschef im Country Club sucht jemanden, der den kleinen Kindern Schwimmunterricht gibt. Ich habe ihm gesagt, dass du ideal dafür bist. Du bist um drei mit ihm verabredet – zu einem Bewerbungsgespräch.”
Sie nahm die Sonnenbrille ab, damit er sehen konnte, wie verärgert sie war. “Du hast vielleicht Nerven, Travis. Glaubst du etwa, du könntest mir vorschreiben, welchen Beruf ich ergreife? Du kennst mich doch nicht einmal.”
Lachend ließ er sich auf den Liegestuhl zurückfallen. So wütend sie auch war, sie musste anerkennen, dass er einen tollen Körper hatte.
“Oh doch, das tue ich”, beharrte er. “Du bist Moira, mit einer Prise Kelly und einem Schuss Elly.”
“Was zum Teufel soll das denn heißen?”
“Das soll heißen, dass du mit dem Meckern aufhören und zu dem Bewerbungsgespräch gehen sollst.” Noch immer lächelnd schloss er die Augen. “Und es soll heißen, meine widerspenstige blonde Amazone, dass du die geborene Lehrerin bist.”
Lacy suchte in den Katalogen auf Tillys Bett nach dem der verchromten Wasserhähne mit Einhebelmischer. Es war ein Uhr am Samstagnachmittag, und am Montag wollte der Verwaltungsrat des Krankenhauses über die Sanitäranlagen im neuen Flügel entscheiden. Tilly war Mitglied und wollte sich auf die Abstimmung vorbereiten. Wäre Lacy nicht zu ihr gekommen, wäre sie in die Klinik gefahren, um sich die Muster anzusehen.
Tilly war noch viel zu schwach, also hatte Lacy einen großen Stapel Kataloge die Treppe hinauf in ihr Schlafzimmer getragen.
“Du siehst irgendwie … jünger aus. Glücklicher”, sagte die alte Lady lächelnd. “Hat das zufällig mit dem Abendessen im Lost Horizon zu tun?”
“Unsinn”, erwiderte Lacy, ohne den Blick von den Katalogen zu nehmen. Tilly konnte unmöglich wissen, dass sie eine Stunde lang in Adam Kendalls Armen geweint hatte. Seit Jahren hatte sie an das Baby denken können, ohne auch nur eine einzige Träne zu vergießen. Aber dann, ganz plötzlich, allein mit Adam, hatte sie ihrer so lange unterdrückten Trauer freien Lauf gelassen.
Er hatte nicht gefragt, warum sie weinte, sondern sie einfach nur gehalten.
Und danach hatte sie sich jünger gefühlt. Lebendig. Befreit. Als hätte jemand ihr eine Riesenlast von den Schultern genommen.
Tilly musterte sie. “Du siehst … klar aus. Ja, es klingt komisch, aber das ist das richtige Wort. Klar
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