Wie Inseln im Strom
– wie der Himmel nach einem Gewitter.”
Lacy spürte, wie sie errötete. “Matilda Hortense Barnhardt, wenn du nicht sofort …”
“Klopf, klopf.” Adam stand in der Tür, einen Strauß gelber Gänseblümchen in der Hand. “Störe ich?”
“Überhaupt nicht!” Tilly streckte die Hand nach ihren Lieblingsblumen aus. “Wie schön! Finden Sie nicht auch, dass Lacy heute klar aussieht, Adam?”
“Nun … ja”, erwiderte er verwirrt. “Ich wollte Ihnen nur die Blumen bringen und gleich wieder gehen. Lacy, bringst du mich zum Wagen?”
Lacy sah Tilly an, die triumphierend lächelte. Sie ignorierte es. “Natürlich”, sagte sie und ignorierte auch den Schmetterlingsschwarm in ihrem Bauch. “Ich bin gleich zurück.”
“Keine Eile”, erwiderte Tilly.
Adam schwieg, bis sie das Haus verlassen hatten. “Mr. Frennick hat sich wieder gemeldet. Er hat Neuigkeiten.”
“Welche denn? Tillys Tochter ist tot, oder hat er sich geirrt?”
Adam schüttelte den Kopf. “Leider nicht.” Er nahm Lacys Hand. “Aber ihre Enkelin lebt.”
Von Mr. Frennick wussten sie, dass Tillys Enkelin einunddreißig und frisch von ihrem untreuen Mann geschieden war. Claire Scott Tyndale war Reporterin bei einer Bostoner Fernsehstation, wohnte in einem schicken Stadthaus, fuhr einen BMW und hatte kürzlich einen Cockerspaniel namens Winston adoptiert.
Außerdem war sie – laut Mr. Frennick – im siebten Monat schwanger.
Aber selbst die gründlichen Nachforschungen des Detektivs konnten Lacy nicht auf den Anblick der hübschen Frau vorbereiten, die ihnen die Haustür öffnete.
“Ja? Kann ich Ihnen helfen?”, fragte Claire Tyndale.
Ihre braunen Augen glichen Tillys so sehr, dass es Lacy für einen Moment die Sprache verschlug.
“Sie sehen nicht aus wie Vertreter. Das ist gut, denn ich kaufe nichts.”
“Wir sind keine Vertreter”, versicherte Adam ihr. Er lächelte, und sofort entspannte sich das Gesicht der Frau. “Ich bin Adam Kendall, und dies ist Lacy Morgan. Wir sind Freunde von Tilly Barnhardt. Sagt der Name Ihnen etwas?”
Claire schüttelte den Kopf. “Nein.”
“Es ist eine längere Geschichte”, sagte Lacy. “Dürfen wir hereinkommen?”
“Natürlich.”
Als sie im Wohnzimmer saßen, erzählte Adam Tillys Enkelin alles über ihre Herkunft. Sachlich, behutsam, ehrlich. Lacy ertappte sich dabei, wie sie den Atem anhielt, bis er fertig war.
“Wow”, entfuhr es Claire. Und dann schwieg sie.
“Wir wollen Sie zu nichts drängen, Ms. Tyndale”, sagte Adam nach einer Weile. “Sie sollten nur wissen, dass Sie eine Großmutter haben und dass sie nach Ihnen gesucht hat.” Er gab ihr eine Visitenkarte und stand auf. “Was Sie mit dieser Information anfangen, liegt allein bei Ihnen.” Er ging zur Tür. “Lacy? Wir sollten gehen, sonst verpassen wir die Fähre.”
Lacy ergriff Claire Tyndales Hände. “Es ist schwer, Menschen zu vergeben, die einem wehgetan haben. Aber Tilly ist alt und krank. Wenn Sie zu lange warten, wird Sie vielleicht nicht mehr da sein. Und dann werden Sie möglicherweise feststellen, dass man sich selbst am allerschwersten verzeiht.”
Auf der Fähre zurück nach Pringle Island hatten Adam und Lacy das Aussichtsdeck fast für sich allein. Sie standen an der Reling und sahen zu der Insel hinüber, die am Horizont langsam größer wurde.
“Ich möchte mich für Freitagabend entschuldigen”, sagte Lacy unvermittelt. Sie hatte es schon den ganzen Tag tun wollen, aber bisher hatten sie fast nur über Tillys Enkelin gesprochen.
“Unsinn”, erwiderte Adam. “Du brauchst dich nicht dafür zu entschuldigen, dass du geweint hast.”
“Ich weiß nicht, was mit mir los war. Vielleicht war ich nur schrecklich müde.”
“Natürlich warst du das. Du hast dir große Sorgen um Tilly gemacht und sehr hart gearbeitet”, sagte er.
“Trotzdem war ich sicher, dass mir so etwas wie am Freitagabend nie passieren würde.” Hilflos schüttelte sie den Kopf. “Irgendwie macht es mir Angst. Ich erkenne mich kaum wieder.”
Er sah ihr in die Augen. “Aber ich tue es, Lacy. Zum ersten Mal seit langer Zeit erkenne ich dich wieder.”
Sie hielt sich an der Reling fest, als die Fähre in unruhiges Wasser geriet und das Deck sich leicht neigte.
“Ja”, sagte sie leise. “Vielleicht macht mir gerade das am meisten Angst.”
Der Verwaltungsrat des Krankenhauses hatte beschlossen, den erfolgreichen Abschluss der Spendenkampagne im 1924 eröffneten Vergnügungspark von Pringle Island
Weitere Kostenlose Bücher