Wie Inseln im Strom
er es gar nicht wissen wollte. Ein Mann, der fünfzigtausend Dollar für ein einziges Abendessen ausgab, das er noch dazu vorzeitig abbrechen musste – nun ja, ein solcher Mann war reif für den Psychiater.
Er wollte Lacy nicht anstarren. Aber er hatte sich jahrelang mit Traumbildern begnügen müssen. Die Wirklichkeit war noch atemberaubender. “Mein Scheck hat sich noch nicht bezahlt gemacht”, sagte er leise.
Sie sah ihn an. “Vielleicht solltest du mir genau erklären, was du dir davon versprochen hast, Adam.”
Er lächelte. “Wie ich höre, werde einige der alten Räume für die neue Station umgebaut. Wie wäre es mit einer Führung?”
Sie musterte ihn, als würde sie seinen Absichten misstrauen. Er blinzelte unschuldsvoll, und sie musste lachen. Kein Zweifel, sie taut auf, dachte er und freute sich darüber mehr, als er sollte.
“Okay”, sagte sie. “Aber ich werde die Schuhe nicht wieder anziehen. Meine Füße bringen mich um.”
“Was?” Entsetzt wich er zurück. “Die untadelige Mrs. Morgan läuft barfuß durch ihr Königreich? Sollen wir die Reporter zurückholen und ihnen eine echte Sensation liefern?”
“Was für ein Unsinn.” Leise stöhnend erhob sie sich. “Der neue Flügel ist vollkommen leer. Niemand wird mich sehen.”
Also wanderten sie über halbdunkle Korridore, bis Lacy irgendwann um eine Ecke bog und sie sich plötzlich in einem überraschend chaotischen Bereich voller Leitern, Gerüste, Werkzeuge und Eimer befanden.
“Hier wird noch gearbeitet”, sagte sie. “Aber ein Raum ist schon fertig. Mit dem beeindrucken wir unsere Spender.”
“Also mich”, meinte er lächelnd.
Obwohl sie sich abwandte, sah er, dass sie ebenfalls lächelte. “Genau, also dich.”
Sie öffnete eine Tür und schaltete eine Lampe neben einem Bett ein, das überhaupt nicht nach Krankenhaus aussah. “Das ist einer der Entbindungsräume. Falls es sich in irgendeiner Weise um eine Risikogeburt handelt, wird die Mutter das Baby hier zur Welt bringen, ganz in der Nähe der neuen Station.”
“Nett”, sagte Adam und setzte sich auf die Bettkante. Neben dem Bett stand eine Wiege. Er berührte sie, und sie bewegte sich sanft hin und her. “Wie zu Hause.”
“Das hoffen wir”, antwortete sie und sah sich nicht ohne Stolz im Raum um. “Für viele der Mütter ist das hier eine schlimme Zeit, in der sie sehr große Angst haben. Das Baby kommt zu früh zur Welt, oder es gibt verschiedene andere Komplikationen. So viel kann passieren …”
Sie holte tief Luft. “Natürlich können wir keine Wunder vollbringen, aber wir werden alles tun, was in unserer Macht steht.”
Er folgte ihrem Blick und sah, dass sie zu Recht stolz war. Der Raum wirkte in keiner Weise bedrohlich. In einer Ecke stand eine Liege, auf der sich Angehörige ausruhen oder sogar übernachten konnten. Aber zugleich standen hier die modernsten medizinischen Geräte zur Verfügung.
Das hier war nicht da, um Wohltätern zu imponieren, sondern um Leben zu retten.
“Du hast großartige Arbeit geleistet, Lacy”, sagte er. “Vielleicht werden hier eines Tages doch ein paar Wunder vollbracht.”
Er wusste nicht, ob sie ihn gehört hatte, denn sie ging umher, berührte ein Gerät nach dem anderen, stellte die Uhr auf dem Nachttisch um und rückte den Schirm der Lampe zurecht.
“Danke”, erwiderte sie schließlich. “Ich hoffe, du hast recht.”
Sie stand jetzt vor ihm und zupfte an der Decke, die in der Wiege lag, als könne sie nicht ertragen, dass sie nicht vollkommen glatt war. Plötzlich sah er, dass ihre Augen im Schein der Lampe schimmerten. Sie presste die Lippen zusammen, als müsse sie einen unaussprechlichen Schmerz unterdrücken. In diesem Moment war Adam, als würde es die zehn Jahre, die zwischen ihnen lagen, nicht mehr geben. Was immer ihn verursacht hatte, ihr Schmerz war auch seiner. Und er ertrug es nicht, sie so leiden zu sehen.
Ohne zu überlegen, griff er nach ihrer Hand.
“Lacy … Ich habe dich vermisst. All diese Jahre … Das weißt du doch, oder? Ich habe dich so sehr vermisst, dass ich glaubte, ich würde sterben”, flüsterte er.
Langsam drehte sie sich zu ihm um. Tränen liefen ihr über die Wangen, aber ihr Gesicht sah aus, als wäre sie in einer ganz anderen Welt.
“Ich habe dich auch vermisst.” Sie berührte sein Gesicht, und ihr Blick wurde unendlich traurig. “Ich habe dich so sehr vermisst, dass ich gestorben bin.”
Er zuckte zusammen.
“Nein, das bist du nicht”, sagte er
Weitere Kostenlose Bücher