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Wie keiner sonst / ebook (German Edition)

Wie keiner sonst / ebook (German Edition)

Titel: Wie keiner sonst / ebook (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas T. Bengtsson
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glaube, er hat aufgegeben. Aber vielleicht findest du ihn auch irgendwo da draußen.« Sie schmunzelt in sich hinein.
    Ich sehe meinen Vater an, und erst jetzt bemerke ich, dass seine Wangen eingefallen und seine Augen größer geworden sind. Vielleicht habe ich es bloß nicht wahrgenommen, weil er die ganze Zeit lächelt.
    »Welches Werkzeug hat er benutzt?«, fragt mein Vater.
    Die alte Dame zögert, als verstünde sie die Frage nicht.
    »Sein eigenes«, antwortet sie dann. »Er hatte sein eigenes Werkzeug dabei.«
    Mein Vater nickt und streicht mit dem Daumen über das Firmenlogo der Motorsäge, den Bären.
    »Heute Abend lege ich ein wenig Extrafleisch in die Suppe«, sagt die alte Dame. Ich folge ihr ins Haus, weil ich vorlesen soll, wie jeden Tag zu dieser Stunde, wenn die Sonne hoch am Himmel steht und man nur die Silhouette der alten Dame sieht, wenn sie am Fenster sitzt.
    Oft vergesse ich die Zeit. Dann bin ich auf Kapitän Ahabs Schiff. Jeden Tag sind wir kurz davor, den großen, weißen Wal zu fangen.
    Manchmal höre ich erst auf zu lesen, wenn es nicht mehr hell genug ist, die Buchstaben zu entziffern. Dann kann man ihr Gesicht wieder erkennen. Die ersten paar Male hätte ich beinahe das Buch fallen lassen. Ich entschuldigte mich und rannte aus dem Zimmer. Aber langsam gewöhne ich mich an ihr Aussehen, genau wie ich mich an den Duft von Holz gewöhnt habe, das den ganzen Tag von der Sommersonne erwärmt wird.
    Nachts sehe ich das Wasser kommen. Es bricht durch die Bäume, reißt große und kleine Pflanzen mit. Es ersäuft die Tiere und umschließt das Haus. Das alte Holzhaus lässt den Boden los und schwimmt davon wie ein Schiff. Wir sind die letzten Menschen auf der Welt. Über uns fliegen die Vögel. Der Himmel gehört jetzt ihnen, sie schreien laut. Es sind Freudenschreie: keine Hochhäuser mehr, keine Telefonmasten, nur offener Himmel. Sie wissen noch nicht, dass sie nirgendwo landen können.

I ch lese die letzten Worte des Buches vor. Inzwischen kann ich die alte Dame viele Minuten lang ansehen, ohne mit der Wimper zu zucken.
    Keiner von uns sagt etwas. Die Worte des Buches hängen weiter in der Luft. Dann richtet sie sich im Sessel auf.
    »Ich habe dich hereingelegt. Das weißt du genau, du bist nicht dumm.«
    Sie wischt sich den Mund mit einer weißen Stoffserviette ab und breitet sie auf ihrem Schoß aus.
    »Du hättest nur nach dem Schlüssel fragen müssen, oder gleich, was hinter der Tür ist. Aber du hattest Angst.«
    Ich schweige.
    »Und als du dann vor der Mauer standest, hättest du fragen können: Warum? Nur dieses Wort hätte gereicht, aber du hattest Angst. Findest du das nicht merkwürdig, eine Steinmauer in einem Holzhaus?«
    Ich weiß nicht, was ich antworten soll.
    »Natürlich hast du das bemerkt, du bist ja nicht dumm. Aber du hattest Angst, und das ist oft dasselbe.«
    Sie sieht mich an.
    »Sollen wir eine neue Abmachung treffen?«, fragt sie.
    »Wenn du mir weiter vorliest, werde ich dir die Geschichte des Hauses erzählen. Kein Schmu dieses Mal. Ich erzähle dir alles, was ich weiß. Ich glaube, das wird viele deiner Fragen beantworten.«
    Ich antworte noch immer nicht, finde es nicht notwendig.
    »Gut. Du wirst die Geschichte hören, aber nicht heute.«
    Wieder merke ich, dass mein Kopf nickt, aber diesmal habe ich keine Angst.
    »Fünfte Reihe, drittes Buch von links«, sagt sie. Ich muss mich auf Zehenspitzen stellen, um es zu erreichen.
    Ich wische den Staub vom Umschlag. 20000 Meilen unter dem Meer.
    Es ist nicht das letzte Buch, das wir in diesem Sommer lesen werden. Die Tage verschwinden in den Büchern. Wenn sich die Sonne rot färbt, brennen meine Augen. Wenn mein Vater und ich in der Küche zu Abend essen, bin ich von Musketieren umgeben. Vor dem Fenster reitet ein Mann auf einem Esel vorbei.
    Am nächsten Tag sitze ich wieder in der Bibliothek und lese der alten Dame vor. Wenn ein Wort vorkommt, das ich nicht verstehe, hilft sie mir. Sie braucht es nicht nachzulesen, ich glaube, sie weiß, was auf jeder Seite steht.
    Sie lehnt sich zurück, sagt: »Das war schon immer mein Lieblingszimmer, hier, zwischen den Büchern. Jetzt weißt du, warum. Wenn wir noch ein Jahr Zeit hätten, würden wir mit den russischen Klassikern beginnen.«
    Am frühen Abend komme ich auf die Terrasse hinaus, wo mein Vater sitzt und raucht. Er lächelt, streichelt mir über den Kopf. »Jetzt hast du eine neue Lehrerin«, sagt er.

D ie alte Dame stützt sich auf meinen Arm, wir gehen die

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