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Wie keiner sonst / ebook (German Edition)

Wie keiner sonst / ebook (German Edition)

Titel: Wie keiner sonst / ebook (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas T. Bengtsson
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Menschen, sagt mein Vater. Erst da sehe ich Arme und Beine. Nackte Körper, dünn wie die Strichmännchen, die ich als Kleinkind gemalt habe. Ich muss weinen. Mein Vater holt mich auf der Straße vor der Bibliothek ein.
    »Es hat einen Grund, warum ich dir das zeige«, sagt er und wischt meine Tränen ab.
    »Wenn man die Welt sieht, wenn man sie wirklich sieht und nicht die Augen verschließt, wie der da drüben …« Mein Vater zeigt auf einen Mann auf der anderen Straßenseite. »Oder die mit der Einkaufstasche. Wenn man die Dinge sieht, wie sie sind. Dann trägt man auch Verantwortung. Dann ist man gezwungen, etwas zu tun.«
    Mein Vater nimmt meine Hand, und wir gehen weiter. »Die Leute haben Hitler gesehen«, sagt er. »Sie haben seine Reden gehört. Er war ein fantastischer Redner. Kannst du dich an den Film mit ihm erinnern, den wir uns angeschaut haben?« Ich nicke, wir haben ihn auf einem kleinen Bildschirm zusammen mit dem Bibliothekar angeguckt. »Im Grunde sieht er lustig aus. Ein kleiner, zorniger Mann.« Ich musste lachen, als wir den Film sahen.
    »Aber wenn die Menschen dort in der Masse standen, sahen sie Hoffnung. Sie liebten ihn. Auch wenn es hinterher keiner zugeben wollte.« Wir gehen zum Kiosk an der Ecke, und ich darf mir ein Eis aussuchen. Ich wähle ein großes, aber nach ein paar Bissen bekomme ich nichts mehr hinunter.

E in schabender Laut an der Tür weckt mich.
    Wie eine Maus, die mit scharfen Nagezähnen an der Tür knabbert. Ich versuche, weiterzuschlafen, aber das Geräusch hört nicht auf. Ich rüttle an meinem Vater, bis er aufwacht, und stehe dicht hinter ihm, als er die Tür öffnet.
    Draußen steht ein Mann mit einem Schlüssel in der Hand.
    Es dauert eine Weile, bis ich den Mann mit dem Anzug und dem weißen Hemd aus dem Speisesaal wiedererkenne. Jetzt sieht er aus, als hätte er mit wilden Hunden gekämpft.
    »Ich hab die Schnauze voll«, sagt der Mann. »Das kotzt mich alles so an.«
    Er kratzt sich mit dem Schlüssel am Kopf. »Aber das ist mein Zimmer.«
    »Welches?«
    »212.«
    »Das hier ist 112, Sie müssen eine Treppe weiter hoch.«
    Der Mann schwankt kurz auf der Stelle. Dann geht er Richtung Treppe, aber nach ein paar Schritten stößt er gegen die Wand und bricht zusammen. Als er wieder auf die Beine gekommen ist, steckt er den Schlüssel ins nächstbeste Türschloss.
    Mein Vater steigt in die Hose, zündet sich eine Zigarette an, raucht ein paar Züge und wirft sie in eine halb leere Kaffeetasse.
    Auf dem Korridor versucht immer noch der Mann, die nächste Tür aufzuschließen, aber anstelle des Schlüssellochs trifft er nur die Wand. Mein Vater legt den Arm um ihn und führt ihn zur Treppe.
    Auf der fünften Stufe lässt sich der Mann niedersinken und umklammert seine Knie.
    »Wir könnten ihn in einen Teppich wickeln«, sagt mein Vater und lacht. Dann richtet er den Mann wieder auf und schiebt ihn vor sich her. Vor dem Zimmer Nummer 212 nimmt ihm mein Vater den Schlüssel aus der Hand und schließt auf. Im Zimmer sind überall Flaschen, große Flaschen, die Kinder gemacht und massenweise kleine Flaschen geboren haben. Zwischen ihnen liegen dicht beschriebene, zerknitterte Zettel. Mein Vater kippt das Fenster und hilft dem Mann ins Bett, er zieht ihm die Schuhe aus und wirft ihm die Decke über.
    Am nächsten Tag wachen wir spät auf. Unter uns summt die Straße vor Autos und Menschen. Wir gehen zum Bäcker und kaufen Frühstück, das wir auf einer Bank an den Seen essen. Als wir satt sind, holt mein Vater eine Tüte mit altem Brot aus der Tasche, und wir füttern die Enten. Heute spielen wir »Schwäne abwerfen«, ein Spiel, das wir selbst erfunden haben, weil die Schwäne sich schöner finden als die anderen Vögel, und weil sie uns anzischen und mehr Brot verlangen. Wir bewerfen sie mit trockenem Baguette. Die meisten Punkte bekommt man, wenn man das Brot so wirft, dass es zwischen den Flügeln liegen bleibt.
    Wir gehen zurück zum Hotel und sehen nach dem Mann in Zimmer 212. Die Tür steht offen, er sitzt auf dem Bett. Er hat Hemd und Schlips an, aber keine Hose. »Reiß dich zusammen«, sagt mein Vater, hebt seine Hose vom Boden auf und wirft sie ihm zu.
    Er braucht zehn Minuten, um die Schuhe zu schnüren, tut aber, was mein Vater sagt. Ohne Protest putzt er die Zähne und spritzt sich Wasser ins Gesicht.
    Mein Vater sieht im Schrank nach und wühlt im Koffer des Mannes. Er ist voller zerknüllter Zettel, genau wie der Boden des Zimmers.
    »Hast du nichts

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