Wie keiner sonst / ebook (German Edition)
Bestellung.
»Ich jogge«, sagt der Mann und richtet seinen Kragen. »Ich bin Mitglied in zwei Bücherclubs. Frauen mögen Bücher.«
Wir trinken aus und stehen auf.
»Ich will dir etwas zeigen«, sagt er, als wir auf der Straße stehen. Ich folge ihm.
»Ein einziges Mal habe ich Rohypnol benutzt«, sagt er. »Ein paar Tabletten im Glas, und sie war weg. Ich konnte Lampen und Stativ aufstellen und sie zurechtlegen, wie ich wollte. Sie schlief tief und fest.«
Wir überqueren die Straße.
»Als ich die Bilder entwickelt hatte, erkannte ich sofort den Schwindel. Ich vernichtete alle Bilder und Negative.« Der Mann zeigt auf einen Gebäudekomplex. »Es ist gleich hier oben.«
»Entschuldigung«, sage ich, drehe um und gehe zurück, weg von ihm. Er sagt etwas, aber ich kann ihn nicht mehr hören.
Ich laufe ziellos durch die Stadt, mache einen Bogen um Kotze und zerbrochene Flaschen. Die Straßen sind nass vom Regen. Mein Zimmer in Elsebeths Wohnung ist nicht weit, aber ich überquere die Brücke und gehe am Kanal entlang.
Ich betätige die Klingel, halte den Knopf gedrückt. Schließlich höre ich ein Kratzen in der Sprechanlage, das Schloss summt. Petra steht in der Tür, sie trägt ein großes Pu-der-Bär-T-Shirt und einen weißen Slip. Ihre Augen sind klein, sie blinzelt ein paarmal und geht wieder ins Bett.
Ich ziehe mich aus und schmiege mich an ihren Rücken. Sie rückt so dicht wie möglich an mich heran.
Die Sonne geht auf, und sie dreht sich zu mir. Ich spüre ihre Hand zwischen den Beinen, suche ihren Mund. Sie zieht den Slip aus und hilft mir in sich.
Danach liegen wir verschwitzt nebeneinander, noch immer mit Schlaf in den Augen. Erst jetzt sehe ich die roten Striche auf ihren Armen.
»Das ist Kotek«, sagt sie. »Sie will sich nicht selbst ablecken. Deshalb halte ich sie unter die Dusche. Dann faucht und kratzt sie.«
Ich trage Petras Katze die Treppe hinunter. Ihre Haut ist schlaff wie ein viel zu weiter Mantel. Auf halbem Weg öffnet sie plötzlich die Augen und schlägt die Krallen in meinen Arm. Ich halte sie fest, Petra öffnet die Tür.
Im Hof setze ich sie ab.
Die Katze zittert vor Kälte oder vor Aufregung. Sie bleibt eine Weile sitzen, bevor sie die ersten, zaghaften Schritte wagt. Dann huscht sie in den nächsten Mülltonnenverschlag.
Petra hat Angst, dass sie abhaut und überfahren wird. Vielleicht wirft sie sich absichtlich vor ein Auto.
»Sie kann nicht raus, der Hof ist geschlossen.«
»Katzen finden immer ein Schlupfloch.«
Wir setzen uns auf eine Bank und trinken Kaffee aus einer Thermoskanne. Wir hören, wie Kotek den Hof erkundet, sehen sie von einem Verschlag zum nächsten huschen. Dann ist sie verschwunden.
Petra will aufstehen, ich lege den Arm um ihre Schulter und halte sie sanft fest. Sie trinkt einen Schluck Kaffee und lässt den Verschlag, in dem Kotek zuletzt war, nicht aus den Augen.
Eine Viertelstunde später kommt die Katze zurück. Sie blutet aus einer kleinen Wunde unter dem Auge, der Schwanz ist geknickt und hat eine kahle Stelle. Zwischen den Zähnen trägt sie eine tote Ratte. Sie kommt zu uns und wirft uns die Beute vor die Füße. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie lächelt.
Wir liegen in Petras Bett, sie sagt, ich sähe nicht sehr türkisch aus.
»Ich bin nur halber Türke.«
Sie stützt sich auf die Ellbogen und betrachtet mich mit ihren hellen Augen, die heute mehr blau als grün sind. Dann schüttelt sie den Kopf.
»Erzähl mir von deiner Familie«, sagt sie.
»Da gibt es nicht viel zu erzählen.« Ich taste nach den Zigaretten auf dem Nachttisch.
»Nicht viel, das du erzählen willst …« Ich spüre ihren Blick, zünde mir eine Zigarette an.
»Ich bin bei meinem Vater aufgewachsen.«
»Einem Türken?«
Ich antworte nicht.
»Erzähl mir von deinem Vater.«
»Vielleicht später.«
»Dann erzähle ich auch nichts von meiner Familie. Kein Wort.«
»Ich weiß, dass dein Vater Pole ist.«
»Mehr erfährst du aber nicht.« Sie dreht sich um und zieht die Decke über den Kopf.
Ich höre einen fremden Laut, ein leises Schluchzen, das genauso gut ein Lachen sein könnte. Ich drücke die Zigarette aus und umarme Petra, und schließlich schlafen wir ein.
P etra weckt mich. Sie weint, hat Angst, dass ihre Katze sterben wird. Das Tier liegt leblos mit milchigen Augen in der Küche.
Wir wickeln es in eine Decke und tragen es hinaus. In der Nähe gibt es einen Tierarzt. Wir warten an der Rezeption, Petra wiegt die Katze hin und her. Eine
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