Wie Kinder heute lernen
Fußballfeld, das aus lauter kleinen Glühbirnen (= Nervenzellen) besteht. Von jeder Glühbirne gehen 1000 bis 10 000 Drähte zu anderen Glühbirnen. Zwischen den Glühbirnen sind verstellbare Widerstände (Synapsen) eingebaut. Hat ein Strom von ausreichender Stärke diese Stelle einmal passiert, so bleibt der Widerstand für eine Weile niedrig. Werden jetzt von vielen Eingabestellen elektrische Impulse in dieses große Netz geschickt, kann man den Weg eines jeden Impulses verfolgen. So erhält man eine Spur aufleuchtender Glühbirnen. Diese Spur ist bestimmt durch den Weg, den sie beschreibt, und die Aufleuchtrate der Glühbirnen. Die Höhe der Widerstände zwischen den Glühbirnen legt jetzt fest, wohin der Impuls weiterfließt. Auf diese Weise kanalisieren die Widerstände den Weg einer bestimmten Erregung. Ein einmal gemachter Weg wird für Signale gleichen Typs in Zukunft leichter zu beschreiten - er bleibt im Netzwerk eingeschrieben. Dies ermöglicht es beispielsweise, ein bekanntes Gesicht aus jedem Blickwinkel, selbst wenn es sich über die Lebensjahre stark verändert hat, wiederzuerkennen.
Auf der Basis dieser zellulären Grundlagen von Lern- und Gedächtnisvorgängen überrascht es nicht, dass man Neues am einfachsten lernt, indem man es mit Bekanntem verknüpft - ein Teil des Erregungsmusters wird dann quasi schon mit den bekannten Informationen mitgeliefert. Neues Wissen lässt sich somit am einfachsten integrieren, wenn es mit bestehenden Bestandteilen eines Netzes von Nervenzellen in Kontakt tritt, so wie eine Spinne ihr Netz webt, indem sie neue Verstrebungen zwischen bestehenden Fäden webt. So richtig und wichtig es also ist, Kindern beizubringen, wo sie etwas nachschlagen können, wenn ihnen ein bestimmtes Detailwissen fehlt, ist es ein Mythos zu glauben, dass ihnen dieses Metawissen darüber, wo man Wissen erwerben
kann, als Rüstzeug für das Leben ausreicht. Allein für eine kluge Suchstrategie muss man eine ganze Menge wissen.
Wer Kindern etwas erklären will, muss sie also da abholen, wo ihre Welt endet. Das neu zu Lernende muss bei ihren Erfahrungen, Erlebnissen, Beobachtungen und Wahrnehmungen ansetzen (genau diese Funktion können beispielsweise Metaphern übernehmen, die einen den Kindern bekannten Umstand mit einem neuen verbinden und damit nicht nur erklärlich, sondern auch erinnerlich machen). Die Verdrahtung der Nervenzellen ist so angelegt, dass Neues unter diesen Bedingungen besonders leicht abgespeichert wird. Die Gedächtniszentren im Gehirn haben sich im Laufe der Evolution derart entwickelt, dass wir uns am besten merken können, was wir mit Bekanntem in Beziehung setzen können und was emotional relevant ist. Ein weiterer Grund dafür, an bestehende Gedächtnisinhalte anzuknüpfen, liegt darin begründet, dass Informationen an vielen verschiedenen Stellen im Gehirn entsprechend ihren Assoziationen abgelegt werden. Umso wichtiger ist es, Knotenpunkte des Wissens zu schaffen. Je mehr Assoziationen man zu einem Gegenstand hat, umso leichter fällt es, ihn abzurufen. Je mehr Wege zu einem Ort führen, umso leichter kann er gefunden werden. Man darf sich also nicht scheuen, bestimmte Wissensinhalte als besonders wichtig zu deklarieren und diese in möglichst vielen Kontexten zu benutzen.
Gedächtnistraining
Das »Lernen lernen« und Übungen, die das Gedächtnis stärken, kommen in der Schule oft zu kurz. Umso wichtiger ist es, dass Eltern ihre Kinder hier unterstützen und beides mit ihnen trainieren. Die folgenden Punkte können Eltern dabei eine Hilfe sein:
a. Gehen Sie mit Ihrem Kind den Tag durch und finden Sie gemeinsam mit ihm heraus, zu welcher Uhrzeit sich Ihr Kind
am leistungsfähigsten fühlt (statistisch gesehen wird das wahrscheinlich morgens und am frühen Nachmittag sein).
b. Machen Sie Lernübungen mit Ihrem Kind und bekommen Sie heraus, mit Hilfe welcher Strategie es am besten Fakten behält. Dafür bietet sich die folgende Übung an: Um sich Zahlen zu merken, wird jede Zahl mit einem Symbol veranschaulicht (siehe »Die Lerntricks der Gedächtnismagier«, Seite 85). Oder man erfindet zu wichtigen Jahreszahlen je eine Geschichte, die wesentlich besser zu erinnern ist und auch mehr Spaß macht als das sture Auswendiglernen von Zahlen. Entscheidend dabei ist, dass das zu Merkende mit etwas Bekanntem kombiniert und damit die so wichtige assoziative Kraft des Gedächtnisses genutzt wird.
c. Sollen sich Kinder Abläufe oder eine Liste von Fakten merken, so erreicht
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