Wie Kinder heute lernen
Hormonen der Hirnanhangsdrüse koordiniert. Sie erhält Signale vom Hypothalamus, der das Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH) und je nach Stärke der Stressreaktion auch das Peptidhormon Vasopressin freisetzt. Vasopressin verstärkt hierbei die Wirkung des CRH. Beide Neuropeptide stimulieren die Freisetzung von ACTH (adrenocorticotropes Hormon) aus dem Hypophysen-Vorderlappen. Die Freisetzung von ACTH in die Blutbahn bewirkt wiederum in den Nebennierenrinden die Freisetzung von Steroidhormonen wie den Glukokortikoiden, von denen das Stresshormon Kortisol das wichtigste ist. Auf diese Weise wird der Organismus in Verteidigungs- oder Kampfbereitschaft versetzt. Eine der wesentlichen Aufgaben des Kortisols ist es, Energie für die Muskeln bereitzustellen, indem die Menge an Glukose (Traubenzucker) im Blut erhöht wird.
Wenn Kortisol das Kommando übernimmt
Kortisol ist ein sehr effektives und wirkungsvolles Hormon, das im Normalfall auch seine eigene Abschaltung reguliert: Zirkuliert viel Kortisol im Blut, bewirkt dies, dass der Hypothalamus weniger CRH produziert und die Hypophyse weniger ACTH. Ist diese Kontrolle und Regulation gestört, steigen die Kortisolwerte extrem an. Irgendwann ist das System dann so defekt, dass die Kortisolwerte auch ohne Stress hoch sind, und dies führt zu schädlichen Effekten für das Gehirn, die Blutgefäße und andere Zellen. Das Gehirn ist also nicht nur der Wächter unserer Gedanken, Emotionen, Motivationen, sondern es ist auch die oberste Hormondrüse, die unsere Stressreaktionen steuert. Der Kortisolgehalt im Blut ist dabei tageszeitlichen Schwankungen unterworfen: Während frühmorgens vermehrt Kortisol ausgeschüttet wird (weil wir Aufwachenergie benötigen), geschieht dies abends nur noch vermindert. Allerdings führt Dauerstress zu einer lang anhaltenden erhöhten Kortisolausschüttung, was mit einer Reihe von negativen Effekten einhergeht: So unterdrückt dauerhaft erhöhtes Kortisol die Aktivität von Immunzellen oder die Verdauungstätigkeit. Zusätzlich führt eine Überschwemmung des Gehirns mit Kortisol und anderen Steroiden (Lipide, die sich vom Cholesterin ableiten) langfristig zu einer Schädigung von Nervenzellen, vor allem im Hippokampus, der so wichtig für Lern- und Gedächtnisvorgänge ist.
In geringen Mengen jedoch wirkt sich Kortisol (in Verbindung mit anderen Hormonen) positiv auf die Fähigkeit der Neuronen aus, Informationen zu speichern. Adrenalin in richtiger Dosierung erhöht die Durchblutung des Gehirns. Somit kann Kortisol zusammen mit Adrenalin eine leistungssteigernde Wirkung auf das Gehirn haben; sie führen zu einer moderaten Erregungserhöhung, die man als leichten Stress bezeichnen könnte.
Stress und Lernen
Erst bei höherer Konzentration bewirken Glukokortikoide, dass Nervenzellen ihre Arbeit reduzieren und keine Informationen mehr speichern. Vor allem der Hippokampus kann komplett seine Arbeit einstellen, sodass nichts mehr gespeichert wird und auch das Abrufen von gespeicherten Fakten und Ereignissen unterbunden werden kann. Es kommt zum berühmten »Blackout«, wie Guido ihn in der am Anfang des Kapitels beschriebenen Situation erlebt hat. Denkblockaden sind also die Folge einer unkontrollierten Stressreaktion des Körpers, bei der, weil das Gehirn mit Stresshormonen überschwemmt wird, der Hippokampus seine Tätigkeit einstellt.
Vor allem Fremdes und Unbekanntes verursachen Stress. Diese Reaktion in nicht vertrauten Situationen hat sich im Laufe der Evolution bei vielen Tieren manifestiert. Schließlich ist es für den Organismus wichtig, bei der Begegnung mit Fremden in unbekanntem Gelände darauf vorbereitet zu sein, schnell zu reagieren - mit Flucht oder Kampf. Innerhalb der ersten Schrecksekunden, die solche Situationen unweigerlich hervorrufen, können auch zu viele Stresshormone ausgeschüttet werden, das führt dann zu einer Denkblockade statt zu einer schnellen Reaktion. Egal ob der Schreck durch einen äußeren Reiz oder einen Gedanken ausgelöst wird - psychologischer Stress und Stress durch eine reale, äußere Gefahr kann der Körper nicht unterscheiden.
Eine Gegenmaßnahme, die man ergreifen kann, wenn man merkt, dass ein Kind Neues als bedrohlich empfindet, besteht darin, an das anzuknüpfen, was Kinder bereits wissen. Das gilt sowohl für die Wahl der Beispiele als auch für die Sprache, die so wenig abstrakt wie möglich sein sollte. Nur so kann man kindliche Neugierde wecken. Und die vertreibt Stress, da es die
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