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Wie kommt das Salz ins Meer

Wie kommt das Salz ins Meer

Titel: Wie kommt das Salz ins Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Schwaiger
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Albert schweigt, und für ihn ist ein Kuß in meinem Mund. Hilde sagt, es kümmerte sie wenig, daß die Lehrerin die schlechte Schulschrift ihres Sohnes beanstande. Sie würde früher oder später ihrem Sohn eine Schreibmaschine kaufen. Albert hebt sein Glas und schaut mich an, aber er trinkt nicht. Hilde stößt ihn in die Seite: er soll auch etwas sagen. Albert gibt ihr recht.
    Hilde will, daß Rolf zugibt, daß das, was er soeben über antiautoritäre Erziehung gesagt hat, falsch ist. Rolf sagt, an seinem Hund habe er festgestellt, daß die autoritäre Erziehung und so fort, bis Hilde beleidigt ist. Sie lehnt solche Vergleiche ab. Albert fragte nach meinem Sternzeichen. Meine Kinder sind schwierig, sagt Hilde. Sie meint: Ihr habt keine Kinder, also laßt euch lieber von einer erzählen, die etwas davon versteht. Ich frage Albert nach seinem Sternzeichen. Hilfe fragt, warum wir keine Kinder haben. Rolf antwortet elegant. Ich lächle zu Albert, daß ich keine Kinder haben will von Rolf. Er lächelt zurück, daß er in diesem Augenblick auch lieber keine Kinder hätte von Hilde. Rolf und Hilde geraten sich in die Haare, aber ohne ihre Frisuren zu zerstören. Es ist ein Streitgespräch pro forma. Wenn eine Frau beweisen will, daß sie nicht blöd ist, dann gibt man ihr die Chance, unter der Voraussetzung, daß es nicht die ist, mit der man verheiratet lebt. Hilde verlangt von Albert, daß er zugibt, was sie soeben unterstrichen hat. Albert gibt alles zu. Hilde sagt, nun habe er es endlich einmal zugegeben. Ich denke, daß ich mir bisher viel zuwenig Gedanken über Sternzeichen gemacht habe. Vielleicht ist etwas dran. Wir nicken alle, als Hilde erklärt, daß Kinder erst die Frau zur Frau machen. Rolf macht eine kleine Einschränkung, aber er läßt Hilde siegen. Hilde als Gast ist Königin. Ein gelungener Abend. Ich habe Rolf keine Schande gemacht. Als Hilde und Albert fort sind, hilft er mir beim Tischabräumen und verteilt Plus- und Minuspunkte. Plus: Ich war hübsch. Minus: Ein bißchen zu still. Plus: Du hast Hilde ausreden lassen. Minus: Mit Albert hast du aber gar nicht gesprochen. Minus: Hilde kleidet sich besser als du. Minus: Warum haben wir keine Kinder? Rolf ist beschwipst, er will mich lieben, das Essen war auch so schwer, das ist keine Kritik, das ist ein Motiv, und er irrt sich fast nie, aber hier irrt er immer, er sagt: Schon lange war es nicht so schön mit dir. Dabei war ich gar nicht zu Hause.
     
     
    Wohin gehst du? Spazieren? Bei diesem Wetter? Ja, ich weiß, daß du den Regen liebst, aber das ist noch kein Grund, sich eine Erkältung zu holen. Ja, ich weiß, daß du einen Schirm nimmst, aber willst du mir nicht sagen, warum du unbedingt spazierengehen mußt, solange es schüttet? Laß wenigstens den Hund da!
    Rolf hat recht. Blitz hat keinen Schirm. Auch verbreitet unser Hund einen zu starken Geruch nach Hund, wenn er durchnäßt unter der Zentralheizung liegt. Ich werde also Blitz zu Hause lassen. Aber der sitzt schon im Vorzimmer, weil ich mit dem Schlüssel das Geräusch gemacht habe, das er kennt. Er wartet schon. Auch er ist ein Regenfreund. Warte, sagt Rolf, wenn es trocken ist, gehen wir gemeinsam spazieren.
    Blitz und ich warten im Vorzimmer. Rolf zieht sich an, der Regen hat aufgehört, im Dunst hängen die Lichter auf der Promenade, wir treffen Albert und Hilde, was für ein Zufall, daß Hilde Albert begleitet, wo sie doch so schwierige Kinder hat. Hilde sagt, Albert habe plötzlich die verrückte Idee gehabt, im Regen spazierenzugehen. Blitz langweilt sich bei solchen Gesprächen, läuft voraus, springt an den Kastanienbäumen hoch, um sich für verbotene Katzenjagden in Form zu halten, und wir vier gehen langsam mit zwei großen Regenschirmen über die Promenade.
    Blitz wartet mit mir, es dauert so lang, gut Ding braucht Weile, hat Großmutter schon immer gewußt, sie würde es auch jetzt sagen, wenn ich ihr erzählen könnte, was ich will, mein erster Wille seit vielen Monaten. Ich behalte es für mich, nur Blitz darf es ins Ohr geflüstert bekommen, er seufzt verständnisvoll und ist verschwiegen. Wenn ich nachts aus dem Ehebett desertiere, leise, um Rolf nicht zu wecken, kommt Blitz leise, um Rolf nicht zu wecken, aus dem Gästeklo herübergetrottet. Er beschützt mich auf den Wanderungen durch die dunklen Zimmer. Wir tasten uns durch die Küche zum Küchenbalkon. Betonmauern. Man kann die anderen Frauen nicht sehen, die vielleicht auch jetzt auf ihren Balkonen stehen und springen

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