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Wie Krähen im Nebel

Wie Krähen im Nebel

Titel: Wie Krähen im Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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Sie in zehn Minuten abholen. Ich fahre einen alten Lada. Gehen Sie hundert Meter Richtung Autobahn und warten Sie dort!» Er hatte das Gespräch bereits unterbrochen.
    «Komm!», sagte Laura und wandte sich zum Lift zurück.«Er will uns mit Frauen zusammenbringen, die uns vielleicht weiterhelfen können.»
    «In welcher Beziehung?», erwiderte Guerrini seufzend, folgte Laura in den Lift und küsste sie dort so heftig, dass ihr schwindlig wurde. Als sie nach einigen Minuten den Aufzug verließen – die Kabine hatte schon eine Weile im Erdgeschoss gestanden, und durch die Glastür waren Laura und Guerrini gut sichtbar gewesen   –, starrte der alte Nachtportier sie mit offenem Mund über den Rand seiner Brille an. Sie winkten ihm zu und liefen schnell an der Rezeption vorüber, hatten beinahe schon die Drehtür am Ausgang erreicht, da rief er: «Die Schlüssel, Signori! Ich brauche die Schlüssel!»
    «Wir nehmen sie mit!», antwortete Guerrini entschlossen.
    «Nein, das geht nicht, Signori! Das ist ganz unmöglich! Ich habe die Anweisung, auf keinen Fall Gäste mit Hausschlüsseln gehen zu lassen. Das hat Gründe, Signori! Sie werden es nicht glauben, aber es gibt Leute, die lassen Schlüssel nachmachen – kommen ins Hotel zurück und rauben die Zimmer aus! Die Welt ist schlecht, Signori! Deshalb kann ich keine Ausnahmen machen – selbst wenn ich wollte, die Chefin würde sehr böse mit mir werden und ich könnte meine Arbeit verlieren. Das wollen Sie doch nicht, Signori? Das können Sie nicht wollen!»
    Der alte Mann stand inzwischen in der Mitte des falschen Perserteppichs vor der Rezeption und hielt seine Hände halb erhoben, als flehe er Laura und Guerrini an.
    «Dio buono!»
, murmelte Guerrini verblüfft. «Das war aber eine starke Darbietung.» Dann zog er seinen Polizeiausweis aus der Jacke und hielt ihn dem Alten hin. «Machen Sie jetzt eine Ausnahme?»
    Der Alte starrte mit aufgerissenen Augen auf den Ausweis,drehte sich um und verschwand wortlos hinter der Rezeption.
    «Alles in Ordnung?», fragte Guerrini, doch der Alte würdigte ihn keines Blickes mehr.
    «Hat offensichtlich was gegen die Polizei.» Guerrini steckte seinen Ausweis zurück und umfasste Lauras rechten Ellbogen. «Lass uns gehen, meine Liebe, sonst kommen wir zu spät.»
     
    Draußen war es kalt, windig und sehr dunkel. Erheitert stellte Laura fest, dass selbst der Lichtschein des rosa Hotels rosarot war. Wie eine Bonbonniere, dachte Laura – oder wie ein Bordell. Außer ein paar Neonlampen entlang der Straße gab es kaum andere Lichter, abgesehen von den Scheinwerfern der Autos und Laster natürlich. Laura nahm Guerrinis Hand und begann laut ihre Schritte zu zählen. Als sie bei achtzig angekommen war, wurden sie langsam von einem Wagen überholt, der kurz darauf anhielt.
    «Es ist ein Lada!», sagte Guerrini. «Ich wusste gar nicht, dass noch welche von denen herumfahren.»
    Er bückte sich und spähte ins Wageninnere, dann öffnete er die Beifahrertür.
    «Schnell! Steigen Sie ein!», sagte Flavio. «Ich habe immer das Gefühl, verfolgt zu werden. Zweimal ist es schon passiert, und seitdem habe ich so was wie eine fixe Idee – vielleicht ist es ja der Beginn einer Paranoia!» Er lachte ein bisschen brüchig.
    «Und wie ist die reale Verfolgung ausgegangen?», fragte Laura, während sie sich auf den Rücksitz zwängte, der mit Mänteln, Decken, Büchern und Zeitungen voll gepackt war. Sofort gab der junge Mann Gas und reihte sich wieder in den Verkehr ein, der zur Autostrada strömte.
    «Beim ersten Mal bin ich bis nach San Gimignano gefahren. Einfach immer weiter und die hinter mir her», sagte er, während er gleichzeitig in den Rückspiegel spähte. «Da wäre mir beinahe das Benzin ausgegangen, und ich hatte gerade noch genug Geld dabei, um einen Kaffee zu trinken und fünfzehn Liter zu tanken. Beim zweiten Mal habe ich den Wagen stehen lassen und bin zu Fuß weitergegangen, hab eingekauft und ganz normale Sachen gemacht. Danach haben sie wohl das Interesse verloren. Aber ich trau dem Frieden nicht. Es passt denen nicht, dass jemand die Mädchen rausholt!»
    «Tja, offensichtlich!», sagte Guerrini und räusperte sich. «Nur wenden die sich jetzt direkt an die Frauen und brauchen keinen Umweg über Sie.»
    Flavio antwortete nicht. Er hatte inzwischen die Hauptstraße verlassen, war nach rechts ins Industriegebiet abgezweigt und fuhr kreuz und quer zwischen den kleinen und großen Fabrikhallen herum.
    «Sie brauchen sich keine

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