Wie man die richtige Arbeit für sich findet
einmal von einer ganz neuen Seite, wenn wir sehen, dass die Kindererziehung überraschende Chancen bieten kann, beruflich neue Wege einzuschlagen. Viele Eltern erleben wie Brian, dass sich aus ihrem Engagement für die Familie neue Interessen und Fähigkeiten entwickeln, die sie häufig auf ganz neue Territorien führen. Tom Burrough, der nach dem Verlust seiner Stelle in der Werbewirtschaft Vollzeit-Vater wurde, war entsetzt über die schlechte Qualität der Babynahrung, die er im Handel vorfand. Seiner Tochter wollte er das nicht zumuten und gründete deshalb eine kleine Firma, die Gourmet-Mahlzeiten für Kleinkinder herstellt, marokkanischen Lammtopf oder Kabeljau mit Erbsen in Sauce Mornay. Keira O’Mara, die während des Mutterschaftsurlaubs ihre Stelle im Marketing verloren hatte, erzählte mir, sie habe es satt gehabt, ständig missbilligende Blicke zu ernten, wenn sie ihr Baby in der Öffentlichkeit stillen wollte. Als Frau mit Unternehmergeist erfand sie Mamascarf, ein neues Stilltuch-Modell, das inzwischen in ganz Großbritannien im Einzelhandel vertrieben wird.
Vater oder Mutter zu werden muss also nicht das endgültige berufliche Aus oder eine lange Berufspause bedeuten, sondern kann ein neuer Anfang sein. Mag sein, dass die radikal neue Erfahrung, Kinder zu haben, es mit sich bringt, dass wir total erschöpft sind, wenn der Tag herum ist, sie kann aber auch unseren Geist befreien, unsere Kreativität fördern und uns dazu bringen, mit der Arbeitsbiene zu experimentieren, die in uns summt.
Der gefesselte Sklave
Michelangelos anscheinend nur halbfertige Skulptur Der gefesselte Sklave zeigt eine menschliche Gestalt, die aus dem Stein hervorzubrechen versucht. Einige Kunsthistoriker deuten das Werk als metaphysische Vision der Seele, die mit der Materie ringt. Andere erkennen darin eine Metapher für die Suche nach dem wahren Ich und der wahren Bestimmung des Menschen, die in ihm verborgen liegt wie eine Gestalt in einem Gesteinsblock. Für mich persönlich drückt dieses Kunstwerk den täglichen Kampf um die Freiheit aus.
Wie wichtig sollte uns Freiheit sein? Ich plädiere nicht dafür, dass wir alle freiberufliche Zauberkünstler werden sollten, denn es gibt Phasen im Leben, in denen ein sicherer Arbeitsplatz unentbehrlich ist. Ich glaube auch nicht, dass wir uns alle der Revolution des Müßiggangs anschließen sollten, denn manchen Menschen geht es sehr gut, wenn sie sich ganz und gar ihrer Arbeit widmen. Und selbstverständlich gehört es zum Leben dazu, Kompromisse zu machen, vor allem, wenn es darum geht, unsere eigenen beruflichen Ziele mit der Betreuung unserer Kinder zu vereinbaren.
Ich halte es allerdings auch für ein lohnendes Ziel, sich aus dem Stein zu befreien, die eigenen Ängste zu überwinden und die sozialen Konventionen und Mythen über Bord zu werfen, die uns in unserer Abenteuerlust bremsen. Mittel und Wege, auch einmal etwas zu wagen, gibt es viele: Wir können uns einen maßgeschneiderten Beruf erfinden, uns von der Kultur der Arbeitsüberlastung lösen und ein einfacheres Leben führen, das uns mehr Raum dafür bietet, unseren Neigungen zu folgen. Wir, die wir in den wohlhabenden Ländern der modernen Welt leben, müssen uns nicht mehr wie Sklaven fesseln lassen, weder von Maschinen und Bürokratien noch von Langeweile und Hässlichkeit, wie Schumacher es ausdrückte. Wir haben die Fähigkeiten und die Pflicht, der Versteinerung zu entkommen und das Neue herauszuarbeiten, das in unserem Leben möglich ist.
Michelangelos gefesselter Sklave, der sich aus dem Stein zu befreien versucht.
( Der gefesselte Sklave , Michelangelo. Fotografie © Time & Life Pictures / Getty Images)
– Welche Freiheit ersehnen Sie sich für Ihr Arbeitsleben am meisten?
45 E.F. Schumacher, Das Ende unserer Epoche. Reden und Aufsätze . Reinbek bei Hamburg, Rowohlt Verlag 1980, S. 73.
46 Erich Fromm, Die Furcht vor der Freiheit . in: Gesamtausgabe in zehn Bänden. Band I . Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt 1980, S. 231f.
47 Colin Ward, Anarchism: A Very Short Introduction . Oxford: Oxford University Press 2004, S. 49.
48 Colin Ward, Anarchy in Action . London: Freedom Press 1996, S. 94f.
49 http://www.thedailybeast.com/newsweek/2008/05/21/my-ebay.job.html.
50 Jon Krakauer, In die Wildnis . 5. Aufl. München, Piper Verlag 1999, S. 88.
51 Bertrand Russell, Lob des Müßiggangs und andere Essays . Zürich, Diogenes Verlag 1989, S. 9 und 29f.
52 Joe Dominguez and Vicki Robin: Your Money or
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