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Wie man die Welt verändert: Über Marx und den Marxismus (German Edition)

Wie man die Welt verändert: Über Marx und den Marxismus (German Edition)

Titel: Wie man die Welt verändert: Über Marx und den Marxismus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Hobsbawm
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Arbeiterklasse lasse sich allein durch Solidarität und kollektives Handeln erreichen.
    Welche Rolle dabei der Niedergang der linken Ideologien einschließlich des Sozialismus, die in der Aufklärung des 18. Jahrhunderts wurzelten, spielte, darüber können wir allenfalls Vermutungen anstellen. In Europa war sie vermutlich unbedeutend, nicht aber in Teilen Asiens und Afrikas, insbesondere in den muslimischen Ländern. Die iranische Revolution von 1979 war die erste große Revolution seit den Zeiten Cromwells, die nicht von einer säkularen Ideologie befeuert wurde, sondern sich in der Sprache der Religion – in diesem Fall des schiitischen Islam – an die Massen richtete. Anschließend tauchte in verschiedenen Regionen zwischen Pakistan und Marokko ein politisierter fundamentalistischer (sunnitischer) Islam auf und gewann an Einfluss. Gleichzeitig verloren der Marxismus und die sozialdemokratische Linke dramatisch an Bedeutung, und sowohl bei Arbeitern wie bei Studenten setzte eine allgemeine Entpolitisierung ein.
    Ein zweites Fundament hatte der Reformismus durch die russische Revolution bekommen: in Gestalt der Angst vor dem Kommunismus und vor der Sowjetunion. Als beide während und nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem Vormarsch waren, verlangte das offenbar, zumindest in Europa, von Regierungen wie Unternehmern gleichermaßen eine Gegenpolitik der Vollbeschäftigung und der systematischen sozialen Sicherung. Doch die UdSSR gibt es nicht mehr, und mit dem Fall der Berliner Mauer konnte der Kapitalismus vergessen, was Furcht ist, und damit das Interesse an Menschen verlieren, die vermutlich keine Unternehmensanteile besitzen. Selbst die Perioden der Massenarbeitslosigkeit in den 1980er und 1990er Jahren haben, so scheint es, die alte Macht verloren, ihre Opfer zu radikalisieren.
    Doch wie sich zeigte, verlangte nach 1945 nicht nur die Politik, sondern auch die Wirtschaft nach Reformen und vor allem nach Vollbeschäftigung – wie es sowohl John Maynard Keynes als auch die schwedischen Ökonomen der skandinavischen Sozialdemokratie prophezeit hatten. Das sollte zum dritten Fundament des Reformismus werden. Er wurde zur Politik nicht nur sozialdemokratischer, sondern so gut wie aller Regierungen (die USA nicht ausgeschlossen). Das verschaffte den westlichen Ländern politische Stabilität und beispiellosen wirtschaftlichen Erfolg. Erst mit dem neuen Zeitalter ab 1973, als Ökonomie und Reformpolitik der Nachkriegszeit nicht mehr derart positive Ergebnisse lieferten, fanden die Regierungen Gefallen an den individualistischen Ideologien des radikalen Wirtschaftsliberalismus, welche bis dahin nur die wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der University of Chicago befallen hatten. Für sie waren Arbeiterbewegungen, Arbeiterparteien und überhaupt staatliche Sozialsysteme nichts weiter als Hindernisse für den freien Markt, der maximales Wachstum der Gewinne, der Wirtschaft und damit – so die Behauptung der Ideologen – auch des allgemeinen Wohlstands garantiere. Idealerweise sollte man sie deshalb abschaffen, auch wenn sich das in der Praxis als unmöglich erwies. An die Stelle der »Vollbeschäftigung« traten nun die Flexibilität des Arbeitsmarkts und die Lehre von der »natürlichen oder strukturellen Arbeitslosenquote«.
    In dieser Zeit befanden sich auch die Nationalstaaten gegenüber der sich immer weiter globalisierenden transnationalen Wirtschaft auf dem Rückzug. Trotz ihres theoretischen Internationalismus waren die Arbeiterbewegungen nur innerhalb der »Einhegung« ihres jeweiligen Staates erfolgreich und damit quasi an ihre Nationalstaaten gekettet; das galt ganz besonders für die staatlich gelenkten gemischten Ökonomien und Wohlfahrtsstaaten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Als sich der Nationalstaat zurückzog, verloren die Arbeiterbewegungen und die sozialdemokratischen Parteien ihre wirkungsvollste Waffe. Und bislang ist es ihnen nicht gelungen, wirklich transnational zu operieren.
    Nun, da der Kapitalismus in eine Phase der Krise eintritt, stehen wir also am Ende eines ganz speziellen Zeitraums in der Geschichte der Arbeiterbewegungen. In den sich rasant industrialisierenden »aufstrebenden Volkswirtschaften« wird die Industriearbeiterschaft keinesfalls einen Schwund erleben. In den reichen Ländern des alten Kapitalismus gibt es die Arbeiterbewegungen noch immer, wobei sie ihre Stärke jedoch aus dem öffentlichen Dienst beziehen, der trotz aller neo-liberalen Kampagnen keine Anzeichen

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