Wie man einen verdammt guten Roman schreibt
Zen-Gemeinde gegen die Heirat sind. Sein innerer Konflikt besteht nun darin, daß er sich den Wünschen seiner Familie widersetzt. Sie liebt ihn, hat jedoch Skrupel, sich zwischen ihn und seine Familie zu stellen. Nun haben Sie die Voraussetzungen für einen wirklich spannenden Roman.
Innere Konflikte müssen natürlich nicht nur aus religiösen Fragen entstehen. Es gibt zahlreiche Gründe dafür: kulturelle oder rassische Probleme, soziale Schicht, ethnische Herkunft, Versuchungen, sexuelle Begierden und Phantasien, versäumte Pflichten, Patriotismus, Loyalität, Bequemlichkeit - alles, was bei einer Figur starke Gefühle auslöst.
Wenn ein heimtückisches Monster die Familie eines Mannes bedroht und der Mann das Monster tötet, wird er weder Reue, noch Gewissensbisse, Zweifel oder Bedenken empfinden. Wenn Godzilla Tokio verschlingt, ist es richtig, Godzilla zu töten. Hier geht es um keine moralische Entscheidung; die Figuren laufen entweder davon, oder sie bleiben und kämpfen. Beide Entscheidungen sind moralisch einwandfrei. Niemand wird als Feigling bezeichnet, weil er vor Godzilla davonrennt. Der Kampf gegen Godzilla mag zwar eine gute Action-Story für die Comics in der Sonntagszeitung abgeben, ist aber kein geeignetes Material für einen spannenden Roman. Hier fehlt der innere Konflikt.
Bei einem inneren Konflikt muß es nicht um starke Gegensätze oder weltbewegende Probleme gehen. Sie müssen nur in der Vorstellung der betroffenen Figuren groß sein. Der eine macht sich bittere Selbstvorwürfe, weil er ein paar Cents gestohlen hat, während ein anderer eine Million Dollar stiehlt und keinen Augenblick schlaflos wachliegt. Die Geschichte des Mannes, der die paar Cents stiehlt, enthält mehr Spannungselemente, weil der Diebstahl für ihn den Verlust von Integrität, Ehre und Selbstachtung bedeutet, als die Geschichte von dem Millionen-DollarDieb, dem die moralischen Konsequenzen seiner Tat gleichgültig sind.
Den inneren Konflikt der Figuren effektvoll zu nutzen ist eine knifflige Angelegenheit. Wenn Ihr Protagonist in den Krieg ziehen soll, sorgen Sie dafür, daß ihm das aus einem triftigen Grund widerstrebt. Er könnte Pazifist, er könnte ein Feigling sein, er könnte die Politik seines Landes ablehnen. Wenn sich Ihr Protagonist in eine irische Katholikin verliebt, sollte er ein englischer Protestant sein. Wenn Sie den Patriotismus eines Mannes auf die Probe stellen wollen, müssen Sie sicher sein, daß Patriotismus für ihn wichtig ist. Das nennt man »die Figur vor ein Dilemma stellen«.
Sie haben Ihre Figur immer dann vor ein Dilemma gestellt, wenn die Figur etwas unbedingt haben oder tun muß — aus starken und überzeugenden Gründen -, dieses Etwas jedoch nicht haben oder tun kann - aus ebenso triftigen und zwingenden Gründen. Sie erkennen, daß Ihre Figur vor einem Dilemma steht, wenn sie von gleich starken Kräften, die in entgegengesetzte Richtungen ziehen, auseinandergerissen wird.
Angenommen, ein junger Mann fühlt sich gezwungen, den neuen Mann seiner Mutter zu töten, um den Tod seines Vaters zu rächen, doch er ist ein zutiefst moralischer Mensch und hält nichts vom Töten. Außerdem hat er Zweifel, ob sein Stiefvater wirklich schuldig ist, obwohl der Geist seines Vaters ihm sagt, der Stiefvater sei der Mörder. Eine Figur, die vor einem derartigen Dilemma steht, wäre der Star eines mitreißenden Dramas. Ein solches Drama wurde natürlich bereits geschrieben. Es heißt Hamlet.
FORMEN DES DRAMATISCHEN KONFLIKTS:
STATISCH, SPRUNGHAFT
UND SICH ENTWICKELND
In seinem Buch Die Technik des Dramas (4. Aufl. 1881) schrieb Gustav Freytag: »Der Inhalt des Dramas ist immer ein Kampf mit starken Seelenbewegungen [innerer Konflikt], welchen der Held gegen widerstrebende Gewalten führt.« Der Kampf ist die Hand-lung des Dramas. Freytag stellte fest, daß »die Handlung bis zum Höhepunkt steigt und von da fällt«. Er bezeichnete den Höhepunkt als »die wichtigste Stelle der Construktion«.
Für Lajos Egri sind Kampf und Handlung »Konflikt«. Einen Konflikt, der sich nicht steigert, nennt er »statisch«. Einen Konflikt, der sich zu schnell steigert, nennt er »sprunghaft«. Was Frey-tag als »Steigerung« bezeichnet hat, nennt Egri einen »sich entwikkelnden Konflikt«. Und das ist genau das, was der Bühnenautor anstreben sollte. Doch die Frage ist: Woran erkennt der Autor, ob ein Konflikt statisch oder sprunghaft ist, oder ob er sich
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