Wie man einen verdammt guten Roman schreibt
entwikkelt?
Unter statischen Konflikten versteht man alle dramatischen Konflikte, die sich nicht verändern. Figuren, die Artilleriegeschosse aufeinander abschießen, sind zwar in einen heftigen Konflikt verwickelt, doch dieser bleibt konstant auf derselben Stufe stehen. Deshalb ist er statisch. Streiten und Nörgeln sind ebenfalls statische Formen des Konflikts. Zwei Kinder, die sich anbrüllen: »Doch, du mußt! - Muß ich nicht! - Doch, du mußt! - Muß ich nicht!« befinden sich in einem statischen Konflikt.
Wenn die Konflikte statisch werden, läuft der Roman auf Grund. Wie Egri feststellt, hören Figuren, die sich in einem statischen Konflikt befinden, auf, sich zu entwickeln. Die schüchterne Figur bleibt schüchtern, die mutige mutig; die Schwachen bleiben schwach, die Starken stark. Nichts langweilt den Leser so sehr wie ein statischer Konflikt, es sei denn, es gäbe überhaupt keinen Konflikt.
Sprunghafte Konflikte springen von einer Intensitätsebene zur anderen, ohne ausreichende Motivation und ohne Übergangsstadien. So könnte beispielsweise eine Figur haßerfüllt und äußerst heftig reagieren, wenn ein Ausdruck von Zorn eher angebracht wäre. Sprunghafte Konflikte findet man sehr häufig in billigen Melodramen. Mal sind die Figuren liebevoll und zärtlich, im nächsten Augenblick wütend, dann versöhnlich usw. Dem Leser wird ganz schwindlig. Es ist natürlich möglich, eine Notsituation zu schaffen, in der die Figuren schnell von einem emotionalen Zustand in den anderen springen. Würde Godzilla plötzlich bei Ihrer Romanfigur im Wohnzimmer stehen, könnte sich der Konflikt sprunghaft steigern. Sprunghafte Konflikte sind ein Fehlgriff, wenn der Sprung die rasche Veränderung des emotionalen Zustands einer Figur nicht durch die Situation gerechtfertigt ist.
In den besten und packendsten Romanen entwickeln sich die Konflikte allmählich. Im Konflikt enthüllt sich der Charakter einer Figur. Ein sieb entwickelnder Konflikt wird mehr charakterliche Aspekte zum Vorschein bringen als ein sprunghafter oder ein statischer Konflikt, weil sich die Figuren in jedem Stadium des Konflikts unterschiedlich verhalten werden. Indem die Figur auf einen sich entwickelnden Konflikt reagiert, verändert sie sich und zeigt sich von allen Seiten.
Bei einem Konflikt, der sich langsam steigert, wird eine Figur mehrere emotionale Stadien durchqueren, beispielsweise von Verdruß zu Gereiztheit, zu mildem Zorn, zu starkem Zorn, zu wilder Wut. Bei einem sprunghaften Konflikt würde sie vom Verdruß direkt in wilde Wut verfallen. Bei einem statischen Konflikt würde sie während der gesamten Szene auf der gleichen Stufe, z.B. starkem Zorn, bleiben. Auf dem Höhepunkt eines sich langsam steigernden Konflikts ist die Figur völlig offengelegt, weil der Leser sie auf jeder emotionalen Stufe handeln und reagieren gesehen hat.
Die Kunst, einen spannenden Roman zu schreiben, besteht darin, den Leser durch einen sich entwickelnden Konflikt zu fesseln. Der Trick dabei ist laut Egri, sich den Konflikt im Sinne von Angriff und Gegenangriff vorzustellen, als ob Protagonist und Antagonist Strategen wären, die einen Feldzug gegeneinander führen. Hier ist ein Beispiel:
»Du glaubst nicht an mich!« bemerkte der Geist. [Erklärt das Offensichtliche. Er greift noch nicht an, er behauptet nur seine Position.]
»Nein«, antwortete Scrooge. [Behauptung seiner Position.]
»Welchen Beweis meiner Echtheit möchtest du haben außer dem Zeugnis deiner Sinne?« [Leichtes Angriffsmanöver.]
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Scrooge [Leichtes Abwehrmanöver. Bis jetzt horchen sie sich nur aus.]
»Warum mißtraust du deinen Sinnen?« [Verstärkung des Angriffs.]
»Weil eine Kleinigkeit sie verwirren kann«, sagte Scrooge. »Eine kleine Magenverstimmung macht sie zu Betrügern. Du kannst einen unverdauten Bissen Fleisch, ein wenig Senf, eine Käserinde, ein Stückchen halbrohe Kartoffel zum Ursprung haben. [Verteidigung.] Was du auch seist eher stammst du doch aus der Speisekammer als aus der Grabkammer! [Gegenangriff.] Siehst du diesen Zahnstocher?« fragte Scrooge. [Vorbereitung zum Angriff.]
»Ja«, sagte der Geist. [Aufbau einer Verteidigung durch das Vortäuschen von Vernunft.]
»Du siehst ihn ja gar nicht an«, sagte Scrooge. [Angriff.] »Aber ich sehe ihn trotzdem«, sagte der Geist. [Verteidigung.]
»Nun denn«, sagte Scrooge, »ich
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