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Wie man einen verdammt guten Roman schreibt

Wie man einen verdammt guten Roman schreibt

Titel: Wie man einen verdammt guten Roman schreibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James N. Frey
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sein kann. Er lügt, betrügt und mordet. Das sind kaum bewundernswerte Eigenschaften. Warumidentifiziert sich der Leser mit ihm? Weil er leidet. Weil er kämpft. Weil er ein Mensch ist und seine Gefühle diejenigen des Lesers angesprochen haben.

        Sie können den Zauber der Identifikation genauso leicht zerstören wie Sie ihn erzeugen - wenn Sie die Sympathie des Lesers für die Figur verlieren. Sie können die Sympathie des Lesers verlieren, indem Sie Ihre Figur grausame Handlungen gegenüber einer anderen Figur begehen lassen, mit der sich der Leser stärker identifiziert oder für die er eine große Sympathie hat. Sie können die Sympathie des Lesers verlieren, indem sie die Figur dumme Entscheidungen treffen lassen, bei denen sie unterhalb ihrer Maximalkapazität agiert. Der Idiot aus der Horrorgeschichte, der auf die unheimlichen Geräusche reagiert, indem er, nur mit einer Kerze bewaffnet, auf den Speicher geht, ist hierfür ein Beispiel. Sie können die Sympathie des Lesers verscherzen, wenn eine Figur stereotyp ist, wenn sie zu gewöhnlich erscheint oder nicht genug kämpft.

        Der Leser möchte einem Kämpfer zujubeln, und nicht einem Schwächling zusehen, der in Selbstmitleid schwelgt.

    DIE HOHE KUNST DER RÜCKBLENDE

    Die Rückblende ist das am meisten mißbrauchte und überstrapazierte Mittel beim Romanschreiben.

        Die Leser sind total darauf fixiert, was als nächstes passiert. Das ist eine Art, wie das Erzählen von Geschichten seinen Zauber ausübt. Der Autor erweckt im Leser das Interesse für eine Figur und eine Situation, stürzt die Figuren in einen Konflikt, und schon bald ist der Leser in das Leben der Figuren verstrickt. Der Leser kann es kaum erwarten herauszufinden, wie sich der Schlamassel, in den der Autor seine Figuren gesteckt hat, auflöst.

    Nehmen wir einmal an, Sam Smoot, Ihr Held, kriegt endlich seine Heroinsucht in den Griff. Er nimmt an einem Rehabilitationsprogramm teil. Seine Frau nimmt möglicherweise ihre Scheidungsklage zurück. Sie als Autor beschließen, dies sei ein guter Augenblick, um zurückzublicken in die Zeit, als Sam vier Jahre alt war und von der Schaukel fiel, denn genau dieses Trauma hat seine ganze Unsicherheit ausgelöst, und Sie glauben, das sollte den Leser faszinieren. Also schreiben Sie eine großartige Rückblende. Was passiert? Der Leser kommt an diese Stelle, und entweder überspringt er die Rückblende, um herauszufinden, was als nächstes im Hier und Jetzt der Geschichte passiert, oder er schmeißt das Buch auf den Müll. Der vierjährige Sam ist nicht der Sam, der uns interessiert. So einfach ist das. Leser finden die meisten Rückblenden unerträglich. Dennoch blenden viele Erstlingsautoren wie wild zurück. Warum? Das weiß keiner außer dem Schöpfer des Universums genau, doch die wahrscheinlichste Antwort ist: Sie stellen fest, daß die Konflikte im Jetzt der Geschichte bei ihnen selbst Unruhe auslösen.

        Autoren identifizieren sich genauso mit ihren Figuren wie Leser, sogar noch mehr. Die Figuren einem Konflikt auszusetzen löst beim Autor Spannung aus, weil er sich so stark mit ihnen identifiziert. Er fängt an, sich Sorgen zu machen. Als angenehme Unterbrechung versetzen sich einige Autoren in eine Zeit zurück, in der die Konflikte im Jetzt der Geschichte noch nicht entstanden waren, Und die Konflikte innerhalb der Rückblende haben keinerlei Konsequenzen, weil sie vom Jetzt der Geschichte aus gesehen der Vergangenheit angehören. Der Autor kann sich entspannen. Mit anderen Worten, die Rückblende ist ein Mittel, das törichte Autoren verwenden, um den Konflikt zu umgehen.

    Freud ist dafür verantwortlich, daß manche Autoren das für angebracht halten. Freud hat die Welt gelehrt, daß traumatische Erlebnisse in der Kindheit das neurotische Verhalten von Erwachsenen erklären. Seit Freud seine Theorie dargelegt hat, haben Autoren ihre Figuren der Psychoanalyse unterzogen. Zunächst waren die Leser fasziniert von den Einsichten, die man in der Vergangenheit der Figuren finden konnte. Doch die Psychoanalyse ist kein neuartiges Phänomen mehr. Die Leser werden nicht mehr von Ehrfurcht ergriffen, sobald eine Freudsche Erkenntnis aufblitzt. Das ist ein ziemlich alter Hut. Mit anderen Worten, wen kümmert es, was Melvin mit seiner Mutter anstellen wollte? Wir wollen wissen, was passiert, wenn er am Ende des vierten Kapitels versucht, eine Bank zu überfallen, also sollten Sie da weitermachen.
        In ihrem Buch

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