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Wie man im digitalen Zeitalter richtig aufblueht

Wie man im digitalen Zeitalter richtig aufblueht

Titel: Wie man im digitalen Zeitalter richtig aufblueht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Chatfield
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jonglieren.
    Was die Frage betrifft, wie man den Umgang mit diesem digitalen Angebot optimal gestalten kann, so möchte ich zwei miteinander verbundenen Fragen nachgehen: erstens, wie wir uns als Individuen in der digitalen Welt entfalten können; und zweitens, wie uns die Gesellschaft dabei helfen kann, sowohl unser eigenes Potenzial in dieser Welt zu erkennen, als auch, wie wir dort auf möglichst menschliche Weise mit anderen zusammenleben können. Diese Geschichten haben denselben Ursprung, nämlich in der Geschichte digitaler Maschinen.
    Danach werde ich eine der zentralsten Fragen zum aktuellen Stand der Technik untersuchen: was es bedeutet, zu den Instrumenten in unserem Leben sowohl »ja« als auch »nein« zu sagen, und das Beste aus uns selbst zu machen, indem wir einerseits die Technik nutzen und andererseits Zeitfenster schaffen, in denen wir sie nicht nutzen.
    Des Weiteren werde ich auf die Herausforderungen eingehen, mit denen sich fast alle von uns – ob bewusst oder unbewusst – tagtäglich konfrontiert sehen: Fragen der persönlichen Identität, der Privatsphäre, Kommunikation, Aufmerksamkeit und der Regulierung alles oben Genannten. Wenn es hier einen gemeinsamen Nenner gibt, ist es die Frage, wie die individuelle Erfahrung in die neue Art kollektiven Lebens des 21. Jahrhunderts passt: das »Ich« im Zusammenhang damit, was andere über mich wissen, was ich mit diesen anderen teile und was persönlich und privat bleiben kann.
    Die zweite Hälfte dieses Buches untersucht die kulturellen und politischen Strukturen, in deren Kontext diese Interessen zu bewerten sind, sowie die Frage, wie ein akzeptabler »Gesellschaftsvertrag« einer digitalen Bürgerschaft aussehen könnte.
    Schließlich werde ich mich der wichtigsten aller Fragen zuwenden: was es bedeutet, in einem Zeitalter gut zu leben, das beispiellose Möglichkeiten sowohl des Narzissmus als auch der Kommunikation mit anderen bietet. Das Wesen der digitalen Technologie ist so vielgestaltig wie unser eigenes und kann in unserem Leben viele Rollen spielen: Es kann uns Zerstreuung bieten, als Bücherei dienen, Trost spenden, Freund, Verführer oder Gefängnis sein. Letztendlich sind diese wechselnden Funktionen aber auch Spiegel, die es uns ermöglichen, uns selbst und andere zu sehen wie nie zuvor. Wir können natürlich auch wegsehen.

    1 Kevin Kellys blog: www.kk.org/thetechnium/.

1 Von der Vergangenheit zur Gegenwart

1.
    Die kurze Geschichte menschlicher Interaktion mit digitalen Geräten ist eine Geschichte stetig zunehmender Intimität; die Geschichte, wie ein verblüffend neuartiges Werkzeug innerhalb eines halben Jahrhunderts im Leben von Milliarden von Menschen Einzug hielt.
    Die ersten elektronischen digitalen Computer, die in den vierziger Jahren entwickelt wurden, waren riesige und ungeheuer komplizierte Maschinen, die von einigen der cleversten Köpfe der Welt konstruiert und bedient wurden: Pioniere wie Alan Turing, dessen Arbeit es den Briten während des Zweiten Weltkrieges ermöglichte, verschlüsselte Botschaften der Deutschen zu dechiffrieren. Die nächste Computergeneration, die sogenannten Mainframes, kam Ende der Fünfziger auf. Die fast ausschließlich in akademischen und militärischen Einrichtungen genutzten Mainframes füllten immer noch ganze Räume und konnten nur von Spezialisten bedient werden – die Eingaben waren hoch abstrakte Befehle, die Ergebnisse nichtssagend für alle, die sich in der Computersprache nicht auskannten.
    Mit der Erfindung des Mikroprozessors begann sich in den siebziger Jahren all das zu verändern. Bald standen die ersten Computer nicht mehr nur in Forschungseinrichtungen, sondern auch in Privathaushalten. Thomas Watson, der Präsident von IBM, soll im Jahre 1943 einmal gesagt haben: »Ich glaube, es gibt einen Weltmarkt für vielleicht fünf Computer.« Ob er das nun tatsächlich behauptet hat (keine geringere Quelle als Wikipedia erklärt hierzu, es gebe »kaum Beweise« dafür), bleibt strittig. Als der erste Personal Computer der Welt 1971 auf den Markt kam, dachte man jedenfalls, dass auf dem Privatsektor kaum mehr als ein paar tausend Technikfreaks Interesse an solchen Geräten hätten.
    Niemand konnte vorhersehen, zu welchem Kassenschlager sich der Computer entwickeln würde. Gegen Ende der Siebziger verkauften sich die neuen Maschinen von Apple, Commodore und Tandy hunderttausendfach. Die digitale Revolution für jedermann hatte begonnen.
    Doch selbst das war nur der Anfang einer

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