Wie man leben soll: Roman (German Edition)
an jede Folge der Serie in der Gruppe anzusehen. Dem sollte man sich keinesfalls verschließen, da diese Serie so unheimlich ist, dass man im Traum nicht daran denken darf, eine Folge allein anzuschauen.
Ergibt es sich, dass man eines Abends
Twin-Peaks -
Gastgeber ist, kündigen alle ihr Kommen an. Sophie und Nasser, Arnold und Heike mit ihrer Schuhschachtel voll Gras, Marco, sogar die Nasenbohrerin Rosemarie, die das Kind für den Abend ihrem Freund überlassen wird.
Wenn man zum ersten Mal die Freunde seiner Freundin bei sich empfängt, schenkt man sich bereits Stunden vorher mit unruhigen Händen ein Glas ein. Diese Leute kennen Laura schon lange, wissen viel über sie und ihr Vorleben. Man ist der Neue. Es gilt, einen guten Eindruck zu hinterlassen.
Zusammen mit Laura kauft man Chips und Getränke. Wenn man Bedenken verspürt, ob man sich mit so vielen neuen Freunden nicht einsam fühlen wird, muss man Mirko einladen. Ursprünglich sollte er Ascuas hüten. Nun holt er die Katze ab und kommt später als Gast zurück. Und weil man zeigen sollte, dass man auch interessante Persönlichkeiten kennt, ist es keine schlechte Idee, den Faust-Vorsitzenden anzurufen. Wenn er sichmit jemandem in die Haare kriegt, gut. Dann wird es wenigstens lebendig. Für die Allüren seiner Freunde kann man nicht verantwortlich gemacht werden.
Merke: Wenn man sich auf eine Party freut und sich wünscht, es solle lebendig werden, kann man sich unter Umständen vom Wahrheitsgehalt eines alten Sinnspruches überzeugen: Es werden mehr Tränen über erhörte Gebete vergossen als über unerhörte.
Nach
Twin Peaks
rücken die Gäste Tisch und Sessel beiseite. Die sperrige Matratze wird gegen die Wand gelehnt. Sophie legt eine mitgebrachte Platte auf, und alle beginnen Tango zu tanzen. Fast alle können es auch. Selbst der Faust-Vorsitzende steigt wie eine Krähe durchs Zimmer. Neben Mirko ist man der Einzige, der zusieht.
Jemand telefoniert. Man sieht nicht, wer es ist, doch ab und zu hört man, wie der Hörer auf die Gabel gedroschen wird. In kurzen Abständen erscheinen weitere Gäste. Die Wohnungstür wird gar nicht mehr geschlossen. Neuankömmlinge, die man noch nie gesehen hat, empfängt großes Hallo. Mit Mirko wechselt man einen Blick. Er zieht die Brauen hoch.
Wenn später auch musiziert wird, sollte man sich bemühen, nicht die Nerven zu verlieren. Das beste ist, sich für eine Weile ins Badezimmer zurückzuziehen und Schokolade zu essen.
Nach einer Weile klopft es. Der Faust-Vorsitzende fragt, ob man mal Zeit hätte. Man öffnet, er schlüpft herein und setzt sich auf den Badewannenrand.
– Hast du nachgedacht?
– Nein, ich wollte nur mal eine Minute Ruhe haben. Da draußen geht es ja hoch her.
– Quatsch! Ich rede von meiner Idee! Du und ich, in Deutschland, Geld verdienen …
– Ach so. Tut mir leid … Für mich ist das nichts … Ich kann das sicher nicht. Von Tür zu Tür gehen, nein.
– Ich habe dich schon angemeldet. In vier Wochen geht es los!
– Moment, Moment …
Er streift die Zigarettenasche am Wannenrand ab. Keineswegs habe man sich verhört, man sei bereits mit ihm zusammen eingeteilt, und viel Geld werde man verdienen. Man habe ja schon unterschrieben.
– Nichts habe ich unterschrieben!
Er steht auf und legt einem die Hand auf die Schulter.
– Bitte lass mich nicht hängen! Soll ich etwa allein fahren? Und wie sollte ich denen deine Unterschrift erklären?
Im Kopf dreht sich alles, als man zu den Feiernden zurückkehrt.
Ein Kerl mit schwarzem Vollbart hat seine Gitarre mitgebracht. Von irgendwoher tauchen Rasseln auf, liebliche Stimmen erschallen. Mirko, dem man das Versprechen abgerungen hat zu bleiben, sperrt sich in der verwüsteten Toilette ein. Der neugierige Nachbar, ein Buchhaltertyp, der seit Jahren bei jeder Gelegenheit läutet und alles Mögliche wissen will, ohne dass man ihn je hereingebeten hätte, sitzt mit am Tisch und säuft einem den Valpolicella weg. In seiner Hand entdeckt man einen Joint. Eine Weile wechseln sich musikalische Auftritte mit spiritistischen Sitzungen ab. Alle haben glänzende Augen. Später sichtet man unter den Gästen sogar einen Skinhead. Die nicht geringe Nervosität, die man fühlt, versucht Laura mit der Eröffnung zu dämpfen, es handle sich um einen harmlosen Redskin und darüber hinaus um eine bedauernswerte Seele, die von Rosemarie exorziert werden möchte.
Von Zeit zu Zeit wird man vom Faust-Vorsitzenden umschlichen, der
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