Wie man leben soll: Roman (German Edition)
einen bittet, ihn nicht hängenzulassen.
Wenn sich die eigene Wohnung unter dem Kommando fremderPsychopathen in ein Tollhaus verwandelt, sollte man sich zusammennehmen. Zwar ist man ein siebenundachtzigprozentiger Sitzer und als solcher ohnehin kein Freund von Ausschreitungen und harschen Worten. Aber auch ein nur dreiprozentiger Draufgänger erlebt Situationen, in denen er nur mit Mühe Begriffe wie Schafskopf und Rindvieh zurückhalten kann.
Wenn man den einzig praktikablen Ausweg wählt, indem man sich um ein Uhr früh ein Taxi ruft und mit Mirko ins Jack Point fährt, bemerkt niemand etwas davon.
Wenn man um drei Uhr früh ohne Mirko in die verqualmte Wohnung zurückkehrt, bemerkt auch niemand etwas, da in der Zwischenzeit der Geist eines verstorbenen indischen Yogis für Stimmung gesorgt hat.
Der Faust-Vorsitzende ist verschwunden. In der Küche entdeckt man an der Pinnwand etwas, das aussieht wie ein Zugplan.
Wenn man von einem Freund unter Druck gesetzt wird, zusammen mit ihm im Ausland Geld zu verdienen, sollte man dies auf keinen Fall Mirko erzählen.
– Hervorragende Idee!, ruft er. Wann fährst du?
– Ich fahre
nicht
! Ich will nicht von Tür zu Tür …
– Du
fährst
. Du darfst einen Freund nicht im Stich lassen. Das ist das Einzige, was du nie machen darfst. Einen Freund im Stich zu lassen ist eine Todsünde.
Man begehrt auf, es sei keineswegs ein Akt der Freundschaft, Unterschriften zu fälschen und jemanden zu einer Arbeit zu nötigen, die er nicht ausüben wolle.
– Papperlapapp! Das schadet dir nicht. Du bringst viel Geld nach Hause. Und Erfahrung! Erfahrung, mein Freund, ist eine Münze, die nicht getauscht werden kann.
Wer einen Fehler begeht, begeht auch den nächsten, und so fragt man Mutter, was sie von der Idee halte.
– Es wird Zeit! Dein Studium, das sagt auch Onkel Johann, ist eine brotlose Kunst.
Der Faust-Vorsitzende ruft an und erinnert daran, man müsse weiße Kleidung mitnehmen, da man in solcher von Tür zu Tür spazieren müsse, um auszusehen wie ein echter Sanitäter.
– Das mache ich
bestimmt
nicht! Ich laufe doch nicht herum wie ein Anstreicher! Ich kann nicht! Was geschieht mit Ascuas?
– Ach, vergiss doch die blöde Katze! Wir werden zusammen sein, tagsüber Geld verdienen und abends Spaß haben!
Merke: Wenn man vor einer Wahl steht und sich weder für die eine noch die andere Seite entscheiden kann, sollte man sich zu Hause einsperren und das Telefon abstellen.
Am Morgen der geplanten Abreise wird in einer Art an die Wohnungstür gehämmert, dass man nackt und schwabbelnd hinläuft und öffnet. Erst dann gestattet man sich zu atmen, nachzudenken. Da ist es aber zu spät.
Mirko geht an einem vorbei in die Wohnung, packt einen Koffer und eine Reisetasche. Der Faust-Vorsitzende blickt einen mit Hundeaugen an. Unten warte Laura, die einen zum Bahnhof fahre und während der Abwesenheit die Katze nehme.
Wie erstarrt bleibt man an der geöffneten Tür stehen. Vorbeigehende Nachbarn, ihren Gruß und ihre erstaunten Blicke nimmt man nur wie durch einen Nebel wahr. Es fliegen einem Kleidungsstücke um die Ohren. Nach einer Weile versteht man Mirkos Befehl, man solle sie anziehen. Und wo der Reisepass sei. Der
Rei-se-pass!
Während der Fahrt nach Stuttgart wartet der Faust-Vorsitzende mit Bier und Schnaps auf und versucht, mit Hilfe seines Taschenradios Stimmung zu machen. In allen Farben malt er die bevorstehenden Wochen und verspricht, man werde es nicht bereuen und es werde schöne Frauen geben.
– Wenn du von Tür zu Tür unterwegs bist, denkst du nicht, dass du da manchmal ein einsames Herz triffst?
– Hast du denn …?
– Na und ob! Da war eine Blonde, mit
solchen
…
Unauffällig legt man den
Zarathustra
auf das Klapptischchen, was den Faust-Vorsitzenden nicht zu interessieren scheint. Man nimmt das Buch in die Hand und tut so, als wolle man darin lesen, doch er kümmert sich nicht darum. Er denkt nur noch an Weiber und schenkt Schnaps nach.
Kurz vor der deutschen Grenze ist man betrunken, der Faust-Vorsitzende auch, und die Brüste der Blonden sind noch größer geworden. Gleich nach Passau ist die Blonde brünett. In der Nähe von Nürnberg hat der Faust-Vorsitzende regelmäßig bei der Brünetten übernachtet. Vor Stuttgart hatte sie eine Schwester, mit der er auch geschlafen hat, und in Stuttgart wird einem gleich nach der Ankunft bei der Firma, die einen angeworben hat, eröffnet, man käme in die Nähe Mannheims,
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