Wie man sich beliebt macht
an seinem Kummerbund und versuchte, ihn aufzuhaken, ohne die Salatschüssel abzustellen. »Das hast du gesagt, nicht ich. Was sollte das heute? Ich hab immer gedacht, du hasst solche Schulveranstaltungen?«
»Bitte«, sagte ich, weil ich es nicht ertrug, ihm noch eine Sekunde länger bei seinem Gefummel zuzusehen. »Lass mich das machen.« Ich kniete mich vor ihm hin und hakte seinen Kummerbund auf. »Ich verstehe nicht, was daran so schlimm sein soll, dass ich mich ausnahmsweise mal ein bisschen für die Schule engagiere. Nicht alle Menschen sind glücklich darüber, Außenseiter zu sein.«
»Ich dachte immer, du findest es toll, eine Außenseiterin zu sein.« Jason sah ehrlich überrascht aus. Er hob den Arm und tat so, als würde er ein imaginäres Zuckerpäckchen schütteln. » Fröhliche Weihnachten euch allen! Schon vergessen? Es macht Spaß, Außenseiter zu sein!«
»Ich weiß», sagte ich so sanft, wie ich konnte. Ich versuchte, mich in ihn einzufühlen und die Situation aus seiner Perspektive zu sehen. »Ich hab es bloß … ich hab es einfach satt, Steph zu sein, verstehst du?«
»Aber du heißt eben nun mal Steph«, erinnerte Jason mich.
»Ich weiß. Aber ich hab diese Steph satt. Ich möchte etwas anderes sein, aber auch keine Crazytop und kein kriminelles Superhirn«, sagte ich hastig. »Ich will Steph
Landry sein … nur eben eine andere Steph Landry. Eine Steph Landry, die …« Ich sah ihm direkt in die Augen, »… beliebt ist.«
»Beliebt?«, wiederholte Jason, als hätte er dieses Wort noch nie gehört. »Beliebt?«
Aber bevor er noch etwas hinzufügen konnte, kam Mrs Lee mit gequälter Miene aus dem Nähzimmer.
»Stephanie«, bat sie. »Meinst du, du kannst deine Schwester irgendwie dazu bringen, das Kleid auszuziehen? Ich glaube, sie will es bis zur Hochzeit anbehalten.«
»Klar.« Ich hielt Jason seinen Kummerbund hin. »Bis morgen, Jason.«
»Okay«, sagte er und nahm den Kummerbund entgegen.
Er sah verwirrt und … es gibt einfach kein anderes Wort dafür … verletzt aus. »Wie du meinst.«
Allerdings frage ich mich, welchen Grund er wohl haben könnte, verletzt zu sein. Er ist schließlich nicht derjenige, der von Lauren Moffat und ihren fiesen Freundinnen im Pfadfinderlager zwei volle Tage daran gehindert worden ist, aufs Klo zu gehen. Er ist nicht im Sportunterricht von einer Horde Mädchen umringt und mit roten Bällen bombardiert worden. Niemand in Bloomville sagt jemals: »Jetzt zieh hier keinen Jason ab« oder »Das war ja jetzt wohl original Jason.«
Jason kann sich leicht hinstellen und mit verwunderter Stimme »Beliebt?« sagen, weil er keine Ahnung hat. Er weiß nicht, wie sich das anfühlt. Er ist ein Außenseiter, weil er sich selbst entschieden hat, einer zu sein. Wer so einen Körper, solche Eltern und so ein Haus hat, der muss kein Außenseiter sein. Jason könnte mit Leichtigkeit
so beliebt sein wie Mark Finley - wenn er es nur wollte.
Aber er will es eben nicht.
Und das ist etwas, was ich niemals - in einer Millionen Jahre nicht - verstehen werde.
Beliebte Menschen
• prahlen niemals mit ihrem Aussehen, ihrer Begabung oder mit dem, was sie haben.
• üben sich in Bescheidenheit und Zurückhaltung.
• ziehen nicht über andere her.
• machen sich niemals über andere lustig.
Dreizehn
IMMER NOCH TAG X
MONTAG, 28. AUGUST, 19 UHR
Jetzt ist es amtlich: Die Talent-Auktion findet definitiv statt. Und zwar wirklich schon am Donnerstag, damit gleich zu Anfang des Schuljahrs möglichst viel Geld zusammenkommt. Das weiß ich, weil ich eine Mail von Mark Finley bekommen habe, in der genau das stand.
Ja, es ist wahr. Ich - Stephanie Landry - habe eine Mail von Mark Finley bekommen.
Ich habe zwar keine Ahnung, woher er meine Mailadresse hat, aber wenn man Mark Finley heißt und Quarterback des Footballteams, Oberstufensprecher und Liebhaber von Lauren Moffat ist, bekommt man wahrscheinlich jede Mailadresse heraus.
Ich bin fast in Ohnmacht gefallen, als ich mich vorhin an den Familiencomputer gesetzt habe, um meine Mails abzurufen, und Mark Finlays Mail sah.
Okay, es war nicht gerade ein Liebesbrief. Es war eine ganz sachliche Mail, in der er mir mitteilte, dass er beim Direktor gewesen ist und die Sporthalle reserviert hat (weil da mehr Leute reinpassen als in die Aula), damit dort am Donnerstag um sieben Uhr abends die große Talent-Auktion stattfinden kann.
Aber trotzdem - es war eine Mail von Mark Finley. Meine erste Mail von jemandem aus der
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